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Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben

Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben

Titel: Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben
Autoren: Wolfgang Ecke
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hinaufschleicht. Der nachmitternächtliche Wanderer scheint sich sehr sicher zu fühlen, denn er wendet sich nicht ein einziges Mal um. Er ahnt nicht, daß ihm jemand folgt, eine Gestalt, die sich, vor Furcht bebend, an seine Fersen geheftet hat. Noch wenige Meter trennen den Vorausgehenden von der Tür, hinter der drei Menschen seinem Eintreten entgegenfiebern. Er hebt lauschend den Kopf und preßt seinen Körper an die Wand. War da nicht eben ein Geräusch hinter ihm gewesen? Er wendet sich um, doch jetzt erweist sich die Finsternis nicht als Partner, sondern als Gegner. Er kann nichts erkennen. Ob er sich nicht doch geirrt hat? Sicher. Wer sollte um diese Zeit unterwegs sein? Noch drei Meter zur Tür…

    0 Uhr 31. Perry Clifton zuckt zusammen. Ganz deutlich hat er ein Schleifgeräusch gehört. Es klang, als wische jemand mit der Hand über die Türfüllung. Er zieht seine Füße an und macht sich zum Sprung fertig. Wo bleibt das Geräusch am Schloß? Will der Eindringling nicht endlich versuchen, das Schloß zu öffnen? Perry Clifton öffnet den Mund, um geräuschloser atmen zu können. In diesem Augenblick ertönt ein feines, metallenes Klicken. Clifton erstarrt. Das Schauspiel, das sich seinen Augen jetzt bietet, ist so überwältigend, daß er gar nicht anders kann, als nur zuzusehen.
    Die Tür beginnt sich ohne jeden Ton in ihrer Gesamtheit zu bewegen. Wie von Geisterhand schwenkt sie fünfzig, sechzig Zentimeter zurück.
    Noch kann Perry Clifton den Eindringling nicht erkennen, doch er sieht, wie dieser den Lichtkegel einer Taschenlampe von Gegenstand zu Gegenstand hüpfen läßt. Wie das Licht über die vorgetäuschten Schläfer in ihren Betten huscht, um dann endgültig auf einem weißen Umschlag zu verharren, der von der Platte des kleinen runden Tisches herüberleuchtet.
    Jetzt entdecken Cliftons Augen den Mann, der sich, auf Zehenspitzen gehend, dem Tisch nähert. Als er die Hand nach dem Umschlag ausstreckt, will Perry aufspringen. Doch er erstarrt mitten in der Bewegung. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubt er an eine Erscheinung. Doch was sich dann vor seinen Augen abspielt, ist Wirklichkeit, absolute Wirklichkeit.
    Der erste ungebetene Besucher hat sich bereits des Umschlags bemächtigt, als der zweite vorstürzt, um ihm diesen wieder aus der Hand zu reißen. Das ist der Augenblick, in dem Perry Clifton der geheimnisvollen Tür einen gewaltigen Stoß versetzt.
    Fast zugleich mit dem donnernden Dröhnen ihres Zuschlagens flammt das Oberlicht auf. Ein heller, spitzer Schrei ertönt. Die Badetür knallt mit einem dumpfen Laut an die Wand, und auf dem Fußboden splittert Glas. Für einen kurzen Moment schließen sich fünf geblendete Augenpaare. Als dieser kurze Moment vorüber ist, sieht Perry, wie Tommy Lenderson einen Mann in einem blaugestreiften Anzug fest von hinten umschlungen hält. Der rechte Arm des so Gefesselten ragt steil in die Luft und läßt die Hand mit dem weißen Umschlag wie die Fahne eines Unterhändlers erscheinen. Tommy Lendersons Augen dagegen ruhen mit einem Ausdruck ungläubigen Staunens auf der zweiten Person, vor der Perry Clifton jetzt eine kleine Verbeugung macht.
    „Es tut mir leid, Lady Pamela, wenn ich Sie erschreckt habe. Aber ich konnte schließlich nicht ahnen, daß Sie unserem lieben Freund Spencer Freeman wie einem Schatten folgten.“
    „Ich werde Ihnen…“, beginnt Lady Pamela, doch Perry Clifton winkt ab; und als wolle er der erschreckten Hilflosigkeit Lady Pamelas Rechnung tragen, bittet er sie mit freundlicher Stimme:
    „Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Mylady, wenn Sie sich jetzt zur Ruhe begeben würden. Wir werden morgen vormittag gemeinsam mit den anderen Angehörigen Ihrer Familie über alles sprechen.“
    „Wie Sie wollen!“ Ihre Stimme ist nur ein kaum verständliches Flüstern. Und mit hängenden Schultern verläßt sie den Raum.
    Perry Clifton wendet sich seinem anderen Gast zu: „Und nun zu Ihnen, Spencer Freeman! Ihre Bemühungen waren umsonst. Der Umschlag ist leer. Trotzdem danke ich Ihnen, daß Sie — wenn auch mit der unbeabsichtigten Hilfe Jamesberrys — in die Ihnen gestellte Falle gegangen sind.“
    „Nichts können Sie mir beweisen“, keucht Freeman, der offensichtlich Schwierigkeiten mit der Luftzufuhr hat. Perry Clifton gibt Tommy Lenderson einen Wink: „Etwas mehr Luft, Tommy. Es wäre schade um ihn.“
    Jetzt schiebt sich auch Dicki Miller ins Bild. In sicherer Entfernung baut er sich vor Freeman auf und sagt: „Aber ich
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