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Perlenregen

Perlenregen

Titel: Perlenregen
Autoren: Kirstie Papers
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schmal. Und gerne mit Steinen, äh, ja, genau.“
    Was rede ich nur für einen Blödsinn? Der muss denken, ich bin nicht ganz dicht!
    „Hier, schauen Sie bitte mal.“ Er legt einen großen Kasten voller Schmuck zwischen uns. Vorsichtig greife ich nach einer besonders schönen Spange. Sie ist insgesamt sehr schlicht gehalten, nicht poliert sondern matt und hat an den Rändern eingravierte Verzierungen. Das Schönste ist der Verschluss, den eine winzige Perle schmückt.
    „Diese hier ist wunderschön. Darf ich sie mal anprobieren?“, frage ich mit endlich wieder normaler Stimme und schaue kurz hoch. Mein Gott, wie gut er aussieht! Er lächelt mich an; ich muss schnell wieder nach unten schauen, sonst versinke ich in seinen Augen.
    „Na klar, geben Sie mir bitte Ihren Arm?“
    Ich stütze meinen Ellenbogen etwas ab, reiche ihm den Arm. Behutsam legt er mir das Schmuckstück an. Es ist zu befürchten, dass ich gleich ohnmächtig werde. Das hier ist der tollste Mann auf Erden. Eine Gänsehaut zieht sich über meinen Körper, wirklich vom Kopf bis zu den Zehenspitzen.
    „Oh, Sie haben sehr zierliche Arme, ich fürchte, dieses Stück ist Ihnen zu groß.“
    Ist nicht schlimm, denke ich, ich will es ja eh nicht kaufen. Sage aber, um Zeit zu schinden:
    „Gibt es das denn auch in kleiner?“
    „Ich schau mal eben im Katalog nach – haben Sie kurz Zeit?“
    Ja, ich warte hier ewig auf dich, heißer Juwelier! Nach einem kurzen Räuspern sage ich mit erwachsener Stimme: „Ein bisschen habe ich noch, kein Problem.“
    Genau in dem Moment, in dem er seinen Stuhl nach hinten schiebt und aufstehen will, passiert es – die Zeit bleibt stehen! Es zischt und knallt, aber nur ganz leise, nicht so, dass einem vor Schreck das Herz stehen bleibt. Dabei gerät sonst absolut alles ins Stocken. All die tickenden Uhren im Laden geben kein Geräusch von sich, die Lichter rundherum gehen aus. Nur der warme Schein des Tisches, vor dem ich sitze, leuchtet wie zuvor. Auch wenn ich mit dem Rücken zur Eingangstür sitze, spüre ich, dass es genauso ist wie neulich – die Menschen in den Gängen sind zu leblosen Figuren erstarrt. Mein Juwelier richtet sich fassungslos auf, hebt die Hände und fragt verdattert:
    „Was ist das denn? Spinn ich jetzt? Gucken Sie mal, irgendwas stimmt hier nicht! Das ist ja irre!“
    Mit offenem Mund starrt er in alle Richtungen, ich drehe mich ebenfalls um. Tatsächlich, die Welt hat den Atem angehalten! Es ist genau wie beim letzten Mal am Schaufenster, nur dass uns jetzt keine Glasscheibe voneinander trennt. Ich bin alleine mit ihm! Hoffentlich bleibt die Zeit heute etwas länger stehen! Meine Gedanken kreisen wie verrückt, aber ich bin so glücklich. Was für eine unglaubliche Sache!
    „Ich weiß, das klingt jetzt vermutlich ziemlich blöd, aber ich hatte das neulich schon mal – allerdings dachte ich, es handelte sich dabei um einen Traum“, sagt er mit verlegenem Unterton.
    Da mir nichts Gescheites einfällt, bleibe ich sitzen, während er seinen Platz hinterm Tisch verlässt und sich neben mich stellt.
    „Das klingt nicht blöd. Zumindest nicht für mich. Mir ist das nämlich auch passiert. Genau hier, also vor Ihrem Schaufenster. Können Sie sich daran erinnern oder sind wir vielleicht beide durchgedreht?“
    „Genau, Sie waren das! Sie kamen mir gleich irgendwie bekannt vor!“ , sagt er aufgeregt.
    Offensichtlich hat er nicht von mir geträumt, schade eigentlich. Ich habe wohl keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich versuche meine Enttäuschung zu verbergen.
    „Wie heißen Sie eigentlich? Vielleicht sind wir die letzten Überlebenden der Menschheit?“, erkundigt er sich.
    Hach, das wäre schön! Aber das kann ich mir nicht gleich anmerken lassen, also mache ich große Augen.
    „Oje, düstere Vorstellung, nicht?“, lache ich gekünstelt. „Ich heiße Nela. Wir können uns gerne duzen, wenn es Ihnen recht ist.“
    „Gerne, Nela. Ich bin Leon… Was machen wir denn jetzt? Soll ich nach dem Katalog schauen? Ehrlich gesagt bin ich grad völlig neben der Spur.“
    „Gute Frage … ich weiß auch nicht. Ähm, darf ich dann mitkommen? Ich glaube, das ist mir jetzt doch etwas zu gruselig so alleine.“
    Das war sehr clever von mir! Aber eigentlich interessiert mich der blöde Katalog überhaupt nicht. Trotzdem stehe ich auf und richte meinen Blick hilflos in Leons Richtung. Der Name passt zu ihm. Der Name passt auch zu mir. Nela und Leon – toll!
    „Oder“, sage ich, „wollen wir gucken,
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