Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flug durch die Sonne

Flug durch die Sonne

Titel: Flug durch die Sonne
Autoren: Isaac Asimov
Vom Netzwerk:
 
1.
     
    X minus 15!
    Die Atlas wartete auf den Start. Die schlanken, eleganten Linien des Raumschiffs glitzerten im hellen Erdlicht, das den Nachthimmel des Mondes erfüllte. Sein stumpfer Bug wies ins Weltall. Umgeben war es von Vakuum, und unter seinem Heck lag der tote Staub des Mondes. An Bord befand sich keine lebende Seele.
    Dr. Hector Conway, Chefsenator des Wissenschaftsrats, fragte: »Wie spät ist es, Gus?«
    Er fühlte sich im Mondbüro des Senats nicht besonders wohl. Auf der Erde hätte er sich jetzt im obersten Stockwerk des aus Beton und Stahlträgern bestehenden Wolkenkratzers befunden, den man den Turm der Wissenschaften nannte. Er hätte durchs Fenster auf International City hinausblicken können.
    Zugegeben, die Leute hier auf dem Mond taten ihr Bestes. Die Büros besaßen Attrappenfenster, hinter denen kunstvoll aufgebaute Szenen von der Erde zu sehen waren. Auch ihre Farbe war der Natur nachgebildet, und das Tageslicht wechselte sogar, so daß man den Eindruck haben konnte, es werde draußen Mittag, Abend und schließlich Nacht.
    Aber für einen Erdmenschen wie Conway genügte das nicht. Er wußte, daß er – sollte er auf den Gedanken kommen, eine Fensterscheibe zu zerschlagen – dahinter nur bemalte Kulissen finden würde und dahinter wiederum ein anderes Zimmer oder vielleicht auch den nackten Fels des Mondes.
    Dr. Augustus Henree, den Conway angesprochen hatte, sah auf die Armbanduhr und meinte dann zwischen zwei großen Rauchwolken aus seiner Pfeife: »Immer noch fünfzehn Minuten. Hat doch keinen Sinn, sich Sorgen zu machen. Die Atlas ist in bestem Zustand. Ich habe sie selbst gestern untersucht.«
    »Ich weiß.« Conways Haar war schneeweiß, und er sah älter aus als der hagere Henree, obwohl beide gleich alt waren. »Lucky ist es, um den ich mir Sorgen mache.«
    »Lucky?«
    Conway lächelte verlegen. »Ich fürchte, das habe ich mir so angewöhnt. Ich meine David Starr. Aber heute nennen ihn ja alle Lucky. Haben Sie es noch nicht gehört?«
    »Lucky Starr, was? Der Name paßt zu ihm. Aber was ist denn mit ihm? Schließlich ist das doch seine Idee.«
    »Genau das. Sozusagen eine typische Starr-Idee. Wahrscheinlich nimmt er sich als nächstes das Sirianische Konsulat auf dem Mond vor.«
    »Ich wollte, er würde das tun.«
    »Mach keine Witze. Manchmal glaube ich fast, daß du es bist, der ihm diese Ideen immer eingibt – daß er alles allein anpacken soll und so. Das ist auch der Grund, daß ich zum Mond gekommen bin – um ein Auge auf ihn zu haben, auf ihn, nicht auf das Schiff, wohlgemerkt.«
    »Nun, da kann ich nur sagen, Hector, daß du im Augenblick nicht besonders gut auf ihn aufpaßt.«
    »Bigman ist bei ihm. Ich hab' dem Kleinen gesagt, daß ich ihm persönlich die Haut abziehe, wenn Lucky auf den Gedanken kommen sollte, eine Soloaktion gegen das Sirianische Konsulat zu starten.«
     
    John Bigman Jones balancierte seinen Bierkrug mit höchster Sorgfalt. Außerhalb der Stadt sparte man sich natürlich die künstlichen Schwerefelder, so daß man sich hier draußen im Raumhafen mit der Mondschwerkraft herumärgern mußte. Zum Glück war John Bigman Jones auf dem Mars zur Welt gekommen und hatte dort auch seine Jugend verbracht, so daß er an geringe Schwerkraft gewöhnt war. Im Augenblick wog er genau zwanzig Pfund. Auf dem Mars hätte er fünfzig gewogen und auf der Erde einhundertzwanzig.
    Der Posten, auf den er es abgesehen hatte, trug die Uniform der Nationalgarde von Luna und war an die Schwerkraft gewöhnt.
    »He, da!« begrüßte ihn John Bigman Jones. »Stehen Sie nicht so traurig herum. Ich habe Ihnen ein Bier gebracht. Da, auf Ihr Wohl!«
    Der Posten riß erstaunt die Augen auf und meinte dann bedauernd: »Ich darf nicht. Ich bin jetzt im Dienst, wissen Sie.«
    »So – na schön. Kann es ja auch selbst trinken. Ich heiße John Bigman Jones. Sie können mich Bigman nennen.« Er reichte dem Posten höchstens bis zum Kinn, wobei der Posten noch nicht einmal besonders groß war.
    »Ich heiße Bert Wilson. Sind Sie vom Mars?« Der Posten sah Bigmans rote, bis zur Hüfte reichende Stiefel an. Niemand anderer als ein Marsianer würde so herumlaufen.
    Bigman blickte stolz auf sie hinunter. »Worauf Sie sich verlassen können. Ich sitze hier eine Woche fest. Bei allen Kometen – was ist der Mond doch für ein langweiliger Felsbrocken. Geht ihr denn nie nach draußen?«
    »Manchmal. Wenn wir müssen. Viel gibt es nicht zu sehen.«
    »Ich wollte, ich könnte einmal hinaus.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher