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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber
Autoren: China Miéville
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doch Isaac überschrie ihn. »Hör zu, dammich! Das Konstrukt hat mit mir gesprochen!«
    Lemuels Mund blieb offen stehen, aber kein Ton kam heraus. Auch die anderen schwiegen.
    »Versteht ihr?« Isaac schaute von einem zum anderen. »Es ist wach, es kann denken – etwas ist in seinem Kopf passiert. Die Gerüchte über KI sind wahr! Ein Virus, ein Programmfehler … Und obwohl es nicht damit herausrücken wollte, glaube ich, es hat angedeutet, dass dieser verdammte Mechaniker ihm den entscheidenden Anstoß gegeben hat. Nicht wichtig, worauf es ankommt ist: Der Blechtopf kann denken. Er hat alles gesehen! Er war Augenzeuge, als der Gierfalter über Lublamai hergefallen ist. Er …«
    »Moment mal«, unterbrach Lemuel seinen Redeschwall. »Das Ding hat mit dir geredet?«
    »Nicht direkt. Es hat seine Antwort in die Modderschicht auf den Steinen gekratzt, mit seinem Papierstecher als Griffel. Verdammt langsame und mühselige Art des Gedankenaustauschs. Das Konstrukt hat mir gesagt, dass David zum Verräter geworden ist. Und es wollte uns aus dem Lagerhaus haben, bevor die Miliz auftaucht.«
    »Warum?«
    Isaacs Aufregung ebbte ein wenig ab. »Keine Ahnung. Es kann seine Beweggründe nicht erklären, es ist nicht besonders – redegewandt.«
    Lemuel schaute über Isaacs Kopf hinweg auf das Konstrukt, das reglos im düsterroten Flackern der Öllampe verharrte.
    »Vielleicht … Möglicherweise will es uns helfen, weil wir gegen die Gierfalter sind. Ich weiß nicht, warum, aber es – es hat einen Hass auf sie. Es will ihren Tod. Und es bietet uns Hilfe an …«
    Lemuel schlug eine höhnische, ungläubige Lache an. »Großartig! Ein Staubsauger als Verbündeter!«
    »Nein, du Hornvieh!«, brüllte Isaac. »Verstehst du nicht? Es ist nicht allein …«
    Das Wort allein hallte in den mephitischen Backsteinkatakomben von Wand zu Wand. Lemuel und Isaac versuchten sich gegenseitig niederzustarren. Yagharek zog sich ein paar Schritte zurück.
    »Es ist nicht allein«, wiederholte Isaac in normalem Ton. Derkhan, hinter ihm, nickte wortlose Bestätigung. »Es hat uns Anweisungen gegeben. Es kann lesen und schreiben – so hat es von Davids Verrat erfahren: Es hat im Papierkorb den Brief mit seinen Instruktionen gefunden – aber es ist kein großer Denker. Doch es hat versprochen, wenn wir morgen Abend nach Griss Twist gehen, werden wir jemanden kennen lernen, der alles erklären kann. Und uns helfen.«
    Diesmal füllte das uns die Stille mit seinem hin und her wandernden Echo. Lemuel schüttelte langsam den Kopf, sein Gesicht war steinern.
    »›Wir‹, Isaac?«, sagte er nüchtern. »›Uns‹? Wen beim Seibeiuns meinst du damit? Das alles hat nichts mit mir zu tun …«
    Derkhan wandte sich mit angewiderter Miene ab. Isaac öffnete den Mund, bestürzt. Lemuel ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Reden wir Klartext, Mann. Ich habe für Geld bei dieser Sache mitgemacht. Ich bin Geschäftsmann. Du hast für gutes Geld meine Dienste gekauft. Vermishank bekommst du sogar als kostenlose Dreingabe – Revanche für Mr. X. Außerdem habe ich irgendwie ein Faible für dich, Isaac. Du hast dich anständig mir gegenüber verhalten. Deshalb bin ich wieder hergekommen. Ich bringe euch etwas zu beißen und ich zeige euch den Weg nach draußen. Aber Vermishank ist tot und dein Kredit ist erschöpft. Ich weiß nicht, was du für Pläne hast, aber ich bin raus aus der Sache. Weshalb, Gottschiet, sollte ich hinter diesen idiotischen Biestern herlaufen? Überlassen wir das der Miliz. Für mich gibt es hier nichts mehr zu holen. Weshalb also sollte ich meine Zeit verschwenden?«
    »Wem sollen wir das überlassen?«, zischte Derkhan verachtungsvoll, aber Isaac hatte schon das Wort ergriffen.
    »Tja«, sagte er nachdenklich. »Was nun? Hmmm? Du glaubst, du kannst mit deiner alten Schiene weiterfahren, als wäre nichts gewesen? Lem, alter Knabe, was immer du verdammt noch mal sein magst, ein Dummkopf bist du nicht. Glaubst du, man hat dich nicht gesehen? Glaubst du, man weiß nicht, wer du bist? Gottschiet, Mann, du wirst gesucht.«
    Lemuel runzelte die Brauen. »Danke für deine Sorge um mein Wohlergehen«, sagte er kühl. »Aber du solltest bedenken …« seine Stimme wurde hart, »für dich mag das Neuland sein, ich aber habe mein ganzes berufliches Leben lang mit dem Gesetz Katz und Maus gespielt. Lass dir meinetwegen keine grauen Haare wachsen, Kumpel. Ich komme zurecht.« Der Ton klang weniger überzeugend als die Worte.
    Ich habe ihm nichts
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