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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland
Autoren: Hans Kneifel
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Hans Kneifel
    IM NIEMANDSLAND
    Der Ugalier, der sich triefend nass ans Ufer gerettet hatte, spuckte Wasser und fragte dann: »Warum drehen sich die Räder? Warum erzeugen sie nutzlose Wellen und Geräusche?«
    Lorana lächelte den nassen Krieger an. Sie fürchtete ihn nicht und antwortete: »Mein Ziehvater Vercin, der mich aus der Lorana rettete, weiß es. Die Lichtwelt wird untergehen, wenn die Wasserräder der Mühlenarche stehenbleiben.«
    Der Mann blickte unschlüssig auf das Langhaus, das wie ein Schiff aussah, das am Ufer gestrandet war. Verwundert fragte er: »Ich weiß, dass eine große Schlacht bevorsteht zwischen den Mächten aus der Dunkelwelt und der Lichtwelt. Deswegen ziehen wir Ugalier mit Flößen zum Hochmoor. Wer bist du? Was tust du hier?«
    Lorana entgegnete: »Ich bin Lorana. Ich heiße wie der Fluss. Ich füttere das Einhorn meines späteren Geliebten.«
    Der Ugalier starrte Lorana an, als sei er überzeugt, eine Wahnsinnige vor sich zu haben. Vom Süden kam ein warmer Wind. Seine Feuchtigkeit schien jedes Lebewesen zu lähmen und verrückt zu machen.
    Wieder fragte er: »Späterer Geliebter? Einhorn? Ein Name für den Fluss und für dich? Und was ist dein Ziehvater, dass er mit drei Wasserrädern den Untergang der Lichtwelt verhindern kann?«
    Lorana sagte mit Nachdruck: »Mythor wird mich mit sich nehmen, wenn er aus der Großen Schlacht kommt. Er reitet das schwarze Einhorn mit den feurigen Augen. Ich heiße so, weil ich dort...«, sie deutete auf den schnell dahinströmenden Fluss, dessen Wasser rot wie Blut schien,». geboren bin. Mein Ziehvater, der Mautner, ist ohne sehende Augen. Aber in seinem Verstand schaut er die Dinge und weiß mehr als alle anderen. Er sagt, dass niemand entkommt, wenn das Große Schaurige Horn ertönt. Willst du ein warmes Bier?«
    Der Ugalier stieß einen gurgelnden Laut des Schreckens aus, warf Lorana einen wirren Blick zu und wandte sich zum Fluss. Als ein Baum daher trieb, dessen Stamm und Aststummel weiß und aller Rinde entkleidet waren, sprang er in die Lorana und klammerte sich an das Holz.
    Er schrie gellend, dass es über den Fluss hallte: »Lieber ertrunken als bei zwei Wahnsinnigen wie euch!«
    Noch hörte man das Große Schaurige Horn nicht. Lorana ging zurück ins Haus, streichelte das Fell des Bitterwolfs und fütterte das Einhorn.
    (Geschehen im Land Darain)
    *
    Der Mann in der Rüstung eines Caer-Anführers beugte sich über Mythor. Die feingeschliffene Schneide des Dolches funkelte im Licht des Lagerfeuers. Die vier Gefangenen hielten den Atem an.
    Nur scheinbar ruhig fragte der Anführer: »Was macht dich so sicher, dass wir keine Caer sind?«
    »Das Wappen von Elvinon auf dem Schild dort hinten.«
    »Das kann nicht alles sein, Mann! Wie ist dein Name?«
    »Ich bin Mythor. Und.«
    »Halt! Wir sollen eure Verbündeten sein? Woher kommt ihr wirklich?«
    Mythor wagte das Äußerste und sagte die Wahrheit. Unruhig bewegten sich Lamir, Buruna und Gapolo ze Chianez. »Wir kommen von Graf Corian, aus seinem Hauptquartier auf dem Eulenberg. Er schickte uns, auszukundschaften, was die Caer planen und wie es am Hochmoor aussieht. Wir haben furchtbare Dinge gesehen und zweimal einen Zug von Geißlern und Bußgängern getroffen, die die Caer mit der gelben Pest in die Flucht jagten.«
    Noch immer drohte der Dolch.
    »Du hast uns jetzt die vierte Wahrheit erzählt, und alle sind sie verschieden, deine Wahrheiten. Wir wollen Beweise.«
    Buruna mischte sich ein und sagte herausfordernd: »Jeder, der Graf Corian kennt, kennt auch seine Burg. Dort war ich die begehrteste Liebessklavin, ehe ich frei wurde und mich Mythor anschloss, den sie den Sohn des Kometen nennen und der auf einem schwarzen Einhorn reitet. Zufrieden? Schneide uns endlich los, Mann!«
    »Ich riskiere es. Vier gegen vierzig. Ihr habt keine Chance. Selbst wenn ihr nicht das seid, was ihr zu sein vorgebt.«
    »Wir geben nicht vor, hungrig zu sein, wir sind es!« rief Lamir. »Ich, Lamir von der Lerchenkehle, werde die Nacht für alle zum Dank mit Klängen und Gesängen würzen, wenn erst wieder das Blut durch meine Handgelenke strömt.«
    »Meinetwegen!« sagte der Mann und durchschnitt die Lederriemen an den gekreuzten Handgelenken. Die Gefangenen standen auf und massierten sich die Gelenke.
    Ein Krieger kam mit einem Krug in den Händen auf die Gefangenen zu. Der Krug enthielt starken, dunklen Wein. Seit sie die Mühle mit Vercin und Lorana verlassen hatten, war ihr Essen ungewöhnlich dürftig
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