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Im Niemandsland

Im Niemandsland

Titel: Im Niemandsland
Autoren: Hans Kneifel
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nicht: Er hatte zu viel gesehen und wusste, über welche Kräfte die Dämonenpriester verfügten.
    Hatte er durch die magischen Linsen des Wahrsagers nicht glühende und schattenhafte Linien dort gesehen, wo sich die Düsterzone ausbreitete? Hatte nicht der Name Luxor, den ihm der hinterlistige Junge zugerufen hatte, in ihm düstere Empfindungen hervorgerufen? Waren nicht die nächsten Monde seines Lebens von merkwürdigen Aussagen und Prophezeiungen vorbestimmt? Die Tage, in denen der sichelförmige Mond sich füllte, würden nicht so leicht und angenehm sein, wie diese rauen Männer glaubten. Und sein Weg zum Koloss von Tillorn? Würde er jemals seine Ziele erreichen?
    Er lehnte sich zurück und sagte müde: »Habt ihr Wachen aufgestellt, Männer?«
    »Hätten wir euch in der Maske der Geißler sonst so frühzeitig bemerkt?«
    »Gut. Dann können wir also sicher schlafen.«
    »Seid unbesorgt«, sagte der Anführer. »Schlaft euch jetzt aus! Sucht euch einen Platz! Morgen zeigen wir euch, wie die Widerstandskämpfer von Elvinon ein Dorf besuchen, das voller Caer steckt.«
    Mythor und die anderen waren mehr als müde. Sie fanden einige Decken, nahmen noch einen Schluck Wein und warfen sich in der Scheune auf das feuchte Stroh.
    *
    In den Tagen des zunehmenden Mondes änderte sich der schwüle Südwind nicht. Aber am Himmel zogen schon bei Sonnenaufgang Wolken auf. Mythor und seine Freunde wuschen sich am Brunnen des Bauernhofs, der von seinen Besitzern verlassen war. Nach einem kurzen Imbiss brach rund um den Hof fieberhafte Tätigkeit aus. Pferde wurden gezäumt und gesattelt. Die Krieger vervollkommneten ihre Ausrüstung und sahen die Waffen nach. Ein erster Trupp brach auf, um den Weg zu erkunden.
    Mythor verpackte den Helm der Gerechten in eine Satteltasche. Gapolo ze Chianez kam gähnend herbei und führte ein Caer-Pferd hinter sich. »Glaubst du an das, was diese Männer denken? Dass die Caer nur ein riesengroßes Täuschungsmanöver aufbauen?«
    Gapolo war kaum noch zu erkennen unter dem Caer-Helm, dem Halbpanzer, der die schwarze Lilie auf weißem Grund verdeckte, mit seinen Schwertern, die in Caer-Schwertscheiden steckten. Er drehte die Spitzen des Bartes, seine grünen Augen funkelten zuversichtlich. »Es ist etwas Wahres dran. Sonst wären wir in der Nacht von Caer-Patrouillen belästigt worden. Es sind wenige Caer in diesem Teil des Landes.«
    »Warten wir ab!« sagte Mythor. »Ich habe kein gutes Gefühl. Die Krieger haben einen Hang zum Prahlen!«
    »Wir werden sehen, wenn wir an Ort und Stelle sind«, tröstete ihn Gapolo. »Kann ich dir helfen?«
    Der schwarzhaarige Mann aus dem Stamm Worsungen sah tatsächlich aus wie ein Caer. Die eigenen Waffen steckten in den schweren, ausgebeulten Satteltaschen. Mythor schnallte sich eine lederne Schwertscheide an und schob das leuchtende Gläserne Schwert hinein. Dann musste er trotz seiner üblen Laune grinsen. Gapolo folgte dem Blick von Mythors Augen und lachte hell auf.
    »So tragen wir auch zur Unterhaltung vor der Schlacht bei. Deine Freundin, Mythor!« sagte er.
    Buruna versuchte sich mit Lamirs Hilfe als Caer-Krieger zu verkleiden. Der Vorgang war sehenswert. Ihre hochgedrehten Zöpfe passten in das Schwammfutter des Helmes, aber beim Versuch, ein Lederhemd, darüber ein leichtes Kettenhemd und darüber einen Brustharnisch anzuziehen, bildete sie den Mittelpunkt eines Kreises von zehn oder mehr Kriegern. Es herrschte ausgelassene Stimmung, und Burunas pralle Brust verschwand schließlich unter drei Schichten Kleidung und Rüstung.
    Sie schüttelte sich und schrie wütend: »Ihr braucht nicht zu lachen! Wenigstens sieht man, dass ich eine Frau bin!«
    »Welch eine Frau!« rief Mythor und unterdrückte ein Schmunzeln. »Aber du wirst einem Mann immer ähnlicher!«
    Buruna sprang auf ihn los und zischte ihn an: »Du mit deinem Pergament! Zuerst Lorana, und jetzt lachst du über mich! Ein schöner Liebhaber!«
    Mythor sprang zur Seite. Die Krieger stießen grölendes Gelächter aus. Mythors Lächeln besänftigte Buruna nur teilweise.
    Schließlich legte die junge Frau die restlichen Stücke der Ausrüstung an. Auch der Barde versuchte, mit Hilfe von Waffen und Ausrüstung einen Caer zu imitieren, aber er wirkte nicht überzeugend.
    Gapolo winkte ab und brummte: »Reiten wir. Schließlich wird es wohl nicht ernst werden.«
    »Und ich sage dir«, bekräftigte Mythor seine eigenen Überlegungen, »dass diese Männer eine grimmige Überraschung erleben werden...
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