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Pennäler contra Pauker

Pennäler contra Pauker

Titel: Pennäler contra Pauker
Autoren: Jaroslav Zak
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Ausspruch getan hat. Also geschah es in einer Klasse, daß der Lehrer, als er zu seinem Verdruß sah, wie die Schüler bereits im voraus kicherten, würdig bemerkte: «An dieser Stelle pflege ich einen ausgezeichneten Witz zu machen, aber da ihr eine ungezogene Bande seid, wird diesmal nichts daraus.»
    Für jede Klasse ist ein Erzieher oder Pädagoge bestimmt, der über ihren Fortgang und ihr Betragen zu wachen hat. Er heißt Klassenleiter, Klassenpauker, Herr Vorstand, Rabenvater und so weiter. Ist er weiblichen Geschlechts, nennt man ihn Glucke; ist sie mit männlicher Energie geladen, bekommt sie den Beinamen Wilde Marlene, Frauenzimmer, Satanella, Amazone oder Jungfrau vor Orleans. Mit Ausnahme der Primusse und der Aufgußtierchen (Schüler der untersten Klassen, auch Gemüse, Grünzeug, Kroppzeug, Benjamine, Fischlaich, Embryonen genannt) ertragen die Männer von der Quarta aufwärts nur widerwillig die Herrschaft einer Frau und verfallen in ein finsteres, trotziges Schweigen, wenn die Frau Professorin sie maßregelt. Ist die betreffende Professorin jung und von anziehendem Äußeren, so übt sie unstreitig einen segensreichen Einfluß auf die Schuljugend jungenhaften Geschlechts aus, denn die jungen Männer, bei zwölf angefangen, beginnen sich sorgfältig zu kämmen, tragen neue Schlipse, achten auf die Bügelfalten und waschen sich Hals und Ohren. Die Mädchen dagegen (Ziegen, Gänse, Kühe, Heuschrecken, Spinnen genannt) hegen in der Regel keine Sympathie für Professorinnen - ja, manchmal hassen sie sie aus rein weiblichen Beweggründen.
    Der Klassenleiter ist stolz auf seine Kenntnisse der Charaktere und auf die Kunst, mit der er in die geheimsten Winkel der krausen Kindesseele einzudringen vermag. Darum erlebt er so häufig, daß verschiedene «Exemplare», von denen er acht Jahre lang behauptet hat, sie taugten nicht zum Studium, Dichter, Bankiers, Ingenieure, Offiziere und vor allem Studienräte werden. Die Wahrheit kommt meist viel früher an den Tag, gewöhnlich auf einem Schulausflug, wo häufig die durch den Katheder gebildete Scheidewand schwindet und der erstaunte Pädagoge erkennt, daß der vermeintliche Duckmäuser und Leisetreter ein Prachtkerl ist, der die ganze Klasse zu wüsten Lausbübereien hinreißt.
    Zu den angeführten Beispielen von Spitz- und Beinamen der Pauker sei bemerkt, daß sie den Zweck haben, den Feind zu verhöhnen, um sich so zum Kampf gegen ihn zu ermutigen.

    Denken wir uns einmal eine Klasse vor dem Klingeln, wie sie voller Spannung die Ankunft des teuflischen Chemikers erwartet, der eine Prüfung angesagt hat. Bei der Tür steht der wachsame Späher und blickt auf den Korridor hinaus. Auf der Treppe taucht die Kopfschote des gefürchteten Wissenschaftlers auf. Der Schüler, der Wache hält, könnte rufen: «Der Chemieprofessor kommt.» Was die peinliche Stimmung nur noch vertiefen würde. Statt dessen schreit der Späher auf: «Achtung, der Bimbo geht!» Was Lustigkeit und Zuversicht auf das bevorstehende Rodeo (Rodeo = Zähmung wilder Pferde im amerikanischen Westen) weckt.

Das Geheimnis des Lehrerzimmers

    Der Versammlungsort der Paukerschaft ist ein Heiligtum, genannt Paukerhöhle, Paukerkontor, Paukerstall, Olymp, Hechelkasten, Klatschbude, Schafstall, Mäusekammer, Drachenhöhle, Waschküche, Waschhaus. Er ist umsponnen von Märchen und Sagen, und die Nachrichten darüber, was im Innern vorgeht, weichen stark voneinander ab, denn auch der gewandteste Kundschafter aus den Reihen der Pennäler wagte es nicht, in diesen geheimnisvollen Raum einzudringen. Nur die treuesten Diener und Famulusse der Pauker, bewährte Kriecher, die Mappen, Hefte, naturwissenschaftliche Hilfsmittel und ähnliches tragen (Kulissenschieber oder Kulis genannt), dürfen sich rühmen, den Olymp betreten zu haben. Dabei waren sie von dem Schein, der das Heiligtum erfüllte, derart geblendet, daß sie nachher nur sehr verworren und ungenau berichten konnten.
    Es liegt also an uns, den Schleier von dem Geheimnis dieser magischen Küche zu reißen, wo das Schicksal selbst über die Lebensbahn Tausender ahnungsloser Jungen und Mädchen entscheidet. Für gewöhnlich vernimmt man im Lehrerzimmer kratzende Federn und knisterndes Papier. Die Pauker, die gerade nicht unterrichten, sind mit Schreibarbeiten beschäftigt, zumal sie gezwungen sind, ständig etwas auszufüllen und zu ergänzen, auf daß sich erfülle, was durch Verordnungen, Rundschreiben, Paragraphen und Erlasse angeordnet wurde. Eine
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