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Pelbar 4 Der Fall der Muschel

Pelbar 4 Der Fall der Muschel

Titel: Pelbar 4 Der Fall der Muschel
Autoren: Paul Williams
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allem in menschlichen Begriffen, nicht als Architektur oder als Gesetzeskodex. Bival begann, ihr ihren Verrat zu verzeihen. Die Ursana hatte Gamwyns Gesicht offensichtlich als Entwurf gesehen, der jetzt abscheulich verstümmelt war. Bival schauderte. Dann dachte sie wieder an den Verlust ihrer Muschel, und erneut flammte Zorn in ihr auf. Was sollte sie tun? Auch sie schaute aus dem Fenster auf den untergehenden, neuen Mond, eine Wimper voll Schönheit in einem ruhigen Herbsthimmel – zwei Kurven, die sich trafen wie die aufeinanderfolgenden Bögen der Terrassen.
    Warum hatte Craydor die Terrassen so gebaut, anstatt sie streifenförmig anzuordnen – als Bögen von verschiedenem Radius, die von einem Zentrum ausgingen? Sie versuchte, das zu Ende zu denken, aber ihre Probleme brodelten in ihre Überlegungen hinein wie Sumpfgas. Endlich legte sie sich nieder und starrte zur dunklen Deckenwölbung hinauf. Da war der Mond wieder, im Schatten. Bival schloß die Augen.
    Tief unter ihr lag Brudoer. Er war hungrig und voller Haß auf sich selbst, weil er Gamwyn gestoßen hatte, voller Haß auf Bival und die Protektorin, immer wieder weinte er, sehnte sich danach, etwas von dem Eintopf abzulecken, den er wieder an die Wand geworfen hatte. Nein. Er würde es nicht tun.
    Außerhalb der Zellenreihe, von weit hinten, von den Eishöhlen her glaubte er eine einzelne Flöte leise spielen zu hören. Es war die Hymne der Versöhnung: Wie zwei Vögel in den Lüften schwebend, an Kräfte hier gebunden, dennoch sich erhebend, so laß uns ...
    Brudoer legte die Hände über die Ohren und preßte seine zerschlagenen Handflächen dagegen.
    Mehrere Ebenen höher saßen Brudoers Eltern in ihren kleinen Familienräumen im Dunkeln. Sie sprachen leise, besorgt miteinander.
    »Was haben die Männer bei der Arbeit gesagt?«
    fragte Rotag.
    »Nichts. Sie bemühen sich, das Thema zu vermei-den.«
    »Bist du mir gegenüber offen? Ich weiß, daß sie sich Sorgen machen. Ich weiß, daß sie bei Nacht gesungen haben, damit Brudoer es hören konnte. Pion, ich bin kein Spion für den Inneren Rat.«
    »Ich spüre ihre Sorge und ihren Zorn. Sie machen Brud keinen Vorwurf. Diese Spannungen gibt es schon seit langem.«
    »Du hast sie immer noch verstärkt mit deinen Ge-schichten von Jestak und den Helden der Shumai.«
    »Ach was, das sind doch Vogelfürze. Was soll ich denn tun? Soll ich über die Schriften Craydors diskutieren?«
    »Vielleicht wäre es besser gewesen, nach den Ergebnissen zu urteilen. Aber ich mache mir wirklich Sorgen. Brud will nicht essen. Jetzt wird davon gesprochen, seinen Trotz mit körperlicher Züchtigung zu brechen.«
    »Geschieht das denn nicht schon? Und was ist mit Gamwyn? Hat man ihn nicht körperlich bestraft?«
    »Sie meinen eine öffentliche Auspeitschung, Pion.
    So etwas hat es seit Jahren nicht mehr gegeben.«
    »Einen Jungen auspeitschen? So unvernünftig ist nicht einmal Udge.«
    »Ich fürchte doch. Sie scheint immer entschlossener zu sein, nach dem zu urteilen, was ich höre. Du mußt Brud dazu bringen, daß er nachgibt und sich entschuldigt.«
    Pion stieß ein leises Knurren aus, das seine Frau er-schreckte. »Nachgeben«, sagte er. »Nachgeben.«
    »Wir können nicht anders. Die Lage ist eben so. Du bist kein Shumaiwilder, der in der Wildnis herum-streifen kann. Hier ist unser einziges Zuhause.«
    »Die Gardisten sind nach Nordwall gekommen.«
    »Mit Hilfe einer List. Das ist kein Weg.« Rotag begann in der Dunkelheit leise zu schluchzen. Pion setzte sich neben sie und umarmte sie. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    An diesem Abend machte Sagan, die Protektorin von Pelbarigan einen kurzen Besuch bei Gamwyn. Royal, der Arzt aus der Kuppel hatte das Gesicht des Jungen zusammengeflickt und die Schwellung zum Abklin-gen gebracht. Die Haframa, die einheimische Ärztin von Pelbarigan, saß bei ihm. Sie las ihm aus den Schriften Avens vor, obwohl sie sah, daß Gamwyn nicht zuhörte. Als die Protektorin eintrat, stand die Haframa auf und stellte ihr den Stuhl hin.
    »Er kann noch nicht gut sprechen, Protektorin.«
    »Danke. Ich bleibe nicht lange. Du bist also Gamwyn der Schreckliche, der Zerstörer der Schneckenschale. Geht es dir besser?«
    Gamwyn blinzelte und schluckte. »Ein wenig«, sagte er. »Kann ich bleiben?«
    »Bis du gesund bist, Kleiner. Dann mußt du zu-rück. Das ist Pelbargesetz.« Gamwyn schauderte, und die Protektorin legte ihm die Hände auf den Arm.
    »Hast du Vertrauen zu mir?«
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