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Peehs Liebe

Peehs Liebe

Titel: Peehs Liebe
Autoren: Norbert Scheuer
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geschlagen wurden, in der Syrischen Wüste, wo vielleicht auch der Archäologe gewesen war, fuhren am Nil entlang durch Nubien, durch das Nildelta zwischen Abu Simbel und Assuan. Ich sah aus dem Fenster und weinte, während Höger von seinen Reisen erzählte. Er hatte nicht bemerkt, dass Socke tot war. Ich bat ihn, beim Broog anzuhalten. Ich schleppte den Hund mit großer Mühe den Hang hoch bis zu Kathys Baum, dann kletterte ich weiter zu Strohwang hinauf, um mir von ihm Schaufel und Hacke zu leihen. Mittlerweile bewachte ein ganzes Rudel Kläffer das Areal, auf dem er den Schatz vermutete. Strohwang kam aus seinem Bauwagen. Als ich ihm sagte, Socke sei tot, war er wirklich traurig. Er beteuerte, Socke sei sein bester Wachhund gewesen, holte Werkzeug und ging mit mir hinunter. Ich glaube, er begleitete mich, weil er mir misstraute und argwöhnte, ich wolle, statt Socke zu beerdigen, nur seinen Schatz suchen. Er machte mich darauf aufmerksam, dass ich Socke auf seinem Land begrabe, das Stück habe er nur noch nicht eingezäunt. Es war mühsam, ein Loch in den steinigen Untergrund zu schaufeln. Strohwang, der danebenstand, entdeckte nach den ersten Zentimetern ein rostiges Scharnier, das zueiner Kiste oder Truhe gehörte. Daraufhin begann er selbst zu graben und hörte nicht mehr auf damit. Es summte nach langer Zeit wieder in meinem Kopf, als ob ein Bienenvolk dort sein Unwesen triebe. Es war nicht unangenehm, es war fast, als wäre Kathy bei mir. Strohwang grub, hackte Steine aus dem zähen Lehmboden und warf sie den Hang hinunter. Er war bald vollständig im Loch verschwunden. Das Einzige, was er fand, waren jedoch rostige Nägel, die jemand vielleicht einmal vom Fels geworfen hatte. Socke bekam auf diese Art das größte und tiefste Grab, in dem je ein Hund beerdigt worden war. Ich streichelte ihn, verscheuchte Aasfliegen, die auf seinen Augen, seinen Lefzen und Zähnen krabbelten und Stellen suchten, um ihre Eier abzulegen.
    Es dämmerte, als Strohwang endlich aufgab. Ich musste ihn aus dem Loch ziehen, so tief hatte er gegraben. Er war völlig erschöpft, lag an den Fels gelehnt, leerte seine Bierflasche in einem Zug und war bald darauf eingeschlafen. Ich stopfte altes Laub in einen Sack, bettete den Hund darauf. Ich warf so lange Laub ins Loch, bis sich eine Schicht gebildet hatte, die so dick wie eine Matratze war. Dann sprang ich hinein. Als ich landete, klang es, als befände sich ein Hohlraum unter mir. Mein Schuh klemmte in einer Spalte. Strohwang, der in der Nähe lag, wurde wach und wollte wissen, was los sei. Ich antwortete ihm nicht, sonst hätte er erneut gegraben und wahrscheinlich nicht mehr aufgehört. Als ich meinen Fuß befreit hatte, war der Schuh verschwunden.Strohwang war wieder eingeschlafen. Ich legte Socke auf den Spalt, in den mein Schuh gerutscht war und kletterte aus dem Grab heraus. Statt zu beten ließ ich Blätter auf den Hund rieseln. Danach schaufelte ich das Grab zu. Kurz bevor ich fertig war, wachte Strohwang auf. Er fragte mich, weshalb ich nur einen Schuh anhabe. Ich sagte, den anderen hätte ich im Loch vergessen. Er schüttelte den Kopf, meinte, ich sei ein Idiot. Ich solle ihm schleunigst sein Werkzeug nach oben bringen und nur ja nichts vergessen.
    An diesem Abend fuhren keine Steinlaster, denn die Drehmühlen waren ausgefallen. Ich ging mit nur einem Schuh am Fuß nach Hause. Ich hätte den Schuh auch wegwerfen können, aber mir fiel ein, wie gern Socke seine Schnauze darauf gelegt hatte. Nun hatte jeder von uns einen Schuh, so waren wir noch irgendwie zusammen. Ich humpelte die Straße entlang, die durch das Zementwerk führte. Hinter Sötenich ging ich durch das Drehkreuz am Bahndamm zur Urft, über den Pfad, der zwischen Bahndamm und Fluss nach Kall führte. Ich ruhte mich eine Weile am Wehr aus, blickte durch die Ritzen zwischen den Brettern des Steges aufs Wasser. Bei Evros hatten sie von einem großen Urfisch berichtet, der so alt sein sollte wie die Eifel oder die ganze Welt. Sie erzählten mir solche Geschichten, weil sie mich für dumm hielten und glaubten, mir jeden Unsinn auftischen zu können. Aber das war mir egal, ich habe alles geglaubt, wenn es nur schön erzählt war. Während ich dasaß, fuhren zwei Züge vorbei, einer nach Trier, derandere nach Köln. Vom Sägewerk wehte ein vertrauter Geruch von Rindenmulch und Harz herüber.
    Wie jeden Abend
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