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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist
Autoren: T Liehr
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bevor.
    |27| Wenn wir nach dem Squash duschten, meistens nach einer haushohen Niederlage für mich, fühlte ich mich neben ihm wirklich wie
     ein kleiner Junge – Silke nannte mich manchmal so: »Mein kleiner Junge.« Ein paar Male war er für Models eingesprungen, verfremdete
     Fotos aus diesen Strecken zierten seine geschmackvoll eingerichtete Wohnung. Aber Steini war auch nicht schwul. »Ich habe
     einfach keine Lust auf Beziehungen«, sagte er immer wieder, wenn ich in dieser Richtung bohrte. »Bin eben asexuell. Ein Hetero
     in Rente.« Und dann wechselte er das Thema.
    »Hast du schon mit Silke drüber gesprochen?«, fragte er, nachdem wir uns mit den neuen Bieren zugeprostet hatten.
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Die kommt erst morgen zurück. Wir haben heute noch nicht telefoniert.«
    Er lächelte freundlich. »Läuft nicht so gut bei euch, oder?«
    Ich spürte einen leichten Stich in der Herzgegend. Nein, es lief nicht so gut. Es lief eher überhaupt nicht gut. Eigentlich
     sogar richtig scheiße. In diesem Jahr hatten wir erst einmal Sex gehabt, vor zwei oder drei Wochen eine peinliche Notnummer,
     leicht angegangen nach einem Abend in einer Bar, und immerhin war fast Juni, während wir im vergangenen Jahr wenigstens ein
     halbes Dutzend eher nicht so schöne Irgendwann-müssen-wir-ja-schließlich-mal-pimpern-Nummern geschoben hatten, bei denen es
     ihr so ähnlich gegangen war wie mir, wie ich durchaus bemerkt hatte: Erleichtert, als es vorbei war. Unfroh darüber, wie es
     gelaufen war. Wir standen im siebten Jahr unserer Beziehung, Silkes fortwährende Abwesenheit – sie verkaufte Software im Außendienst
     – machte es auch nicht besser, und an den Wochenenden umschlichen wir einander, als wäre unsere gemeinsame Wohnung eigentlich
     eine WG, deren Mitbewohner wenige Interessen teilten. Die Luft war raus. Ich war ratlos, denn ich mochte Silke immer noch.
    Mir wurde eiskalt, als ich bemerkte, was ich gedacht hatte.
Mögen.
Ich hatte tatsächlich in Gedanken dieses Wort benutzt.
    |28| »Wir sind am Ende«, gestand ich, während mir Tränen in die Augen traten. Es war hart, das auszusprechen, zum ersten Mal überhaupt,
     aber mir wurde in diesem Moment auch erstmals klar, dass es genau den Zustand unserer Beziehung beschrieb. Am Ende. Wenn kein
     Wunder geschah, würde sie das Ende dieses Jahres nicht mehr erleben.
    »Schreib mir mal ’ne Karte«, sagte Steini, als wir uns weit nach Mitternacht voneinander verabschiedeten. Dann zog er die
     Stirn in Falten und sah mich mitfühlend an. »Vielleicht ist das sogar ganz gut, wenn ihr ein bisschen Abstand habt für eine
     Weile.« Ich schüttelte den Kopf, sagte aber nichts. Mehr Abstand, als Silke und ich bereits hatten, war kaum möglich. Er umarmte
     mich, dann trabten wir in verschiedene Richtungen davon.

|29| 3.
    Stan und Ollie maunzten hinter der Wohnungstür, während ich aufschloss. Ich schob die beiden Kater mit dem Fuß vor mir her,
     als ich die Wohnung betrat, weil Ollie gerne auch mal die nähere Umgebung erkundete und Stan sowieso alles nachmachte, was
     sein Katerkumpel tat. Sie maunzten weiter, während ich ihr Futter in der Küche zubereitete. Als sie fraßen, begann ich damit,
     eine Liste derjenigen Dinge zusammenzustellen, die vor meiner ersten Abreise zu erledigen wären. Eines davon war, unsere Nachbarin
     darum zu bitten, sich um die Kater zu kümmern, wenigstens werktags, weil Silke dann ja auch unterwegs wäre. Außerdem müsste
     ich alles Mögliche einkaufen, von Sonnencreme bis Hämorrhoidensalbe. Als ich das Wort aufzuschreiben versuchte, es schließlich
     aufgab und stattdessen »Factu Akut« schrieb, klingelte das Telefon. Ich schnappte mir Ollie, der bereits neben Stans Napf
     saß und nach den Crackern des langsamer fressenden Katers fischte, rannte ins Wohnzimmer und griff den Hörer. Es war Silke.
    »Na, du. Ich hab’s vorhin schon mal probiert.«
    »War mit Steini einen trinken.« Es ging auf halb drei zu. Glücklicherweise hatte mir Sitz für morgen – also heute – freigegeben.
    »Einen trinken? Soso.« Sie lachte, im Hintergrund waren Kneipengeräusche zu hören.
    »Du scheinst aber auch noch bei der Sache zu sein«, sagte ich und verspürte dabei einen Anflug von Eifersucht.
    »Zwei Abschlüsse heute. Ich erlaube mir, das ein bisschen zu feiern.« Dann sagte sie noch etwas, aber nicht an mich gerichtet.
     Sie hielt sogar die Hand vor den Hörer, aber ich meinte »Komme gleich« oder so zu
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