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Pirat des Herzens

Titel: Pirat des Herzens
Autoren: Brenda Joyce
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Prolog
    Whitehall, 1562
    Die Königin war nervös. Im Kreise ihrer beliebtesten Höflinge, alle in Seide und Brokat gekleidet, erwartete sie O’Neill.
    Seit vier Jahren regierte die junge Königin das Land; sie wußte, daß Irland zur Raison gebracht werden mußte - eine schwer zu bewältigende Aufgabe. Die irischen Lords waren ein Haufen Barbaren, ständig in blutige Rivalenkämpfe verstrickt. Sie waren noch ihrer alten gälischen Kultur verhaftet. O’Neill war der Schlimmste von allen. Doch nun schien der wilde irische Aufrührer - einer ihrer erbittertsten Feinde -sich ihrem königlichen Willen beugen zu wollen.
    Die Königin war prächtig gekleidet. Ihr schweres Brokatgewand hatte einen tiefen, viereckigen Ausschnitt. Eine hohe, plissierte Halskrause rahmte ihr schmales, bleiches Antlitz. Die Röcke wurden von einem ausladenden Reifrock getragen, der schwere Brokat war mit Tausenden Perlen bestickt. Um ihre schmale Taille trug sie einen mit Perlen und Rubinen besetzten Goldgürtel. Den Hals schmückte ein breites Goldgeschmeide mit einem Rubinanhänger, an den Ohren funkelten Rubingehänge; die herzförmige, steife Haube aus schwarzer Seide war mit Goldfäden und Perlen bestickt. Ihre Haltung: jeder Zoll eine gebieterische Monarchin.
    Ihre Höflinge waren nicht minder prachtvoll gekleidet: kostbar bestickte Wämser mit geschlitzten Puffärmeln, enganliegende Hosen und gepolsterte Hosenbeutel. An den Fingern der Edlen funkelten Ringe, schwere Goldketten bedeckten die stolz gewölbte Brust der Herren. Sie boten einen prunkvollen Rahmen für die Machtentfaltung der englischen Krone. Neben der Herrscherin standen ihre drei engsten Ratgeber: ihr Cousin Tom Butler, Graf von Ormond; Sir William Cecil, Erster Staatssekretär; und Oberhofstallmeister Robert Dudley.
    O’Neill, besser gesagt der Graf von Tyrone, war eingetroffen, um sich der englischen Krone zu unterwerfen. Sir Henry Sidney, der Anführer ihrer Truppen in Irland, hatte die Königin davon überzeugt, daß O’Neills Unterwerfung der einzige Weg sei, die wilden Iren zu zähmen - die Krone mußte die Barbaren in die Knie zwingen, um ihnen danach ihre Ländereien mit englischen Titeln, Privilegien und Pflichten zurückzugeben.
    Den Höflingen stockte der Atem. Ebenso der Königin.
    O’Neill war eingetreten. Der Riese von nahezu zwei Metern Körpergröße mit enorm breiten Schultern trug einen hermelingefütterten, safrangelben Umhang, vorne von einer keltischen Silberbrosche gehalten, darunter eine grobe, knielange Tunika. Beine und Füße waren nackt. Um die Mitte trug er einen breiten, mit Gold beschlagenen Gürtel, in dem ein riesiges Schwert steckte, daneben ein spitzer irischer Dolch. Auf seiner linken Schulter trug er eine gewaltige irische Streitaxt.
    Hinter ihm marschierten zwölf Männer in die Halle, barfuß, mit glattrasierten Köpfen, beinahe so groß und breit wie O’Neill. Auch sie trugen Streitäxte. Gekleidet waren sie in Wolfspelze über altmodischen Kettenhemden.
    Die Höflinge wichen an die Wandtäfelung zurück. Elisabeth stieg das Blut in die Wangen. Wenn O’Neill seinem Ruf Ehre machen und Amok laufen würde, käme keiner der Anwesenden im Audienzsaal mit dem Leben davon.
    Plötzlich zerriß ein ohrenbetäubendes Geheul die lähmende Stille, während O’Neill sich Elisabeth zu Füßen warf.
    Die Königin erschrak. Ormond und Dudley traten schützend vor sie und griffen nach ihren Zeremonienschwertern. Doch Elisabeth begriff, daß es sich um eine alte, barbarische Geste der Unterwerfung handeln mußte, und entspannte sich. O’Neill gab unverständliche Gutturallaute von sich. Die Königin warf Robin Dudley einen fragenden Blick zu.
    »Der Wilde spricht gälisch«, murmelte Dudley, und in sein Raubvogelgesicht kehrte die Farbe zurück. »Vermutlich will er uns mit dem Theater täuschen. Ich weiß, daß er die englische Sprache beherrscht.« Dudley verzog das Gesicht. »Mir ist nur nicht klar, was der Unruhestifter mit der Vorstellung bezweckt.«
    Auch Elisabeth wußte O’Neills seltsames Verhalten nicht zu deuten. Sie blickte zu Ormond und Cecil, die nicht minder ratlos wirkten. O’Neill brachte das ganze Protokoll durcheinander. Im Hintergrund der Halle entstand eine Bewegung. Ein weiteres Dutzend von O’Neills Gefolgsleuten war eingetreten. Ein junger Mann löste sich aus der Gruppe, trat vor und blieb neben dem auf den Steinfliesen liegenden O’Neill stehen.
    Hochgewachsen wie der irische Häuptling, aber sehr jung, kaum
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