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Pirat des Herzens

Titel: Pirat des Herzens
Autoren: Brenda Joyce
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hoffnungslos unterlegen. Doch Liam wußte, daß die Waagschalen eines Tages zu seinen Gunsten ausschlagen würden. Und diesen Tag sehnte er herbei.
    Liam verlor das Gleichgewicht. Der nächste Fausthieb traf ihn in die Magengrube. Der Junge krümmte sich, ohne einen Laut von sich zu geben. Schmerzen stumm zu ertragen war ihm eingebleut worden. Der nächste Schlag traf seinen Unterkiefer und riß ihn von den Füßen. Liam flog nach hinten über den Tisch, Bierkrüge rollten klirrend zu Boden. Blut quoll aus Liams Mund.
    Shane stand drohend über ihm. »Komm nur, Kleiner, oder hast du etwa schon genug?« höhnte er.
    Liam richtete sich mühsam auf und stellte sich vor seinen Vater. »Eines Tages«, sagte er leise, »bring ich dich um.«
    Shane lachte. »Ich würde mich an deiner Stelle beeilen.«
    Vater und Sohn starrten einander an. Shane grinste, Liams Gesicht war ohne Ausdruck. Nur in seinen Augen glühte der Haß.
    Shane schob sein bärtiges Gesicht heran. »Du Schwächling!« knurrte er. »Wegen einer dreckigen englischen Schlampe legst du dich mit mir an. Sie taugt nichts. Du wirst nie mein Nachfolger. Kein Ire wird dich als Häuptling anerkennen. In deinen Adern fließt das Blut der feigen Engländer!«
    Liam wischte sich das Blut mit dem Ärmel ab. Die grausamen Worte seines Vaters hatten ihm einen Stich versetzt. »Laß die Blonde in Ruhe! Die Schwarzhaarige ist willig - sie treibt es schon den ganzen Abend mit unseren Männern.«
    »Schwächling!« spuckte Shane. »Ich nehme mir, was ich will und wann ich will. Ich bin O’Neill!«
    Shanes Faust schoß erneut vor, und in Liams Kopf zerbarst ein sprühender Funkenregen. Als er die Augen aufschlug, lag er auf dem Fußboden, grelle Lichtflecken tanzten vor ihm. Der Lärm der Schankstube dröhnte vom derben Lachen und Gegröle der Betrunkenen. Langsam kam er auf die Füße. Sein Vater saß beim Würfelspiel, die dunkelhaarige Flure hing an seinem Hals. In Liams Kopf hämmerte es schmerzhaft, er lächelte grimmig. Die junge Bedienung war geflohen. Es war ein kleiner Sieg. Aber immerhin ein Sieg.

I- Das Unterpfand

1
    Normandie, Januar 1571
    Man hatte sie vergessen.
    Katherine wußte keine andere Erklärung dafür, daß man sie seit beinahe sechs Jahren im Kloster Abbe Saint Pierre-Eglise schmachten ließ. Sie kniete auf den eiskalten Steinfliesen der Kapelle, leierte die Gebete herunter, war jedoch mit ihren Gedanken ganz woanders. Keiner der Briefe, die sie an ihren Vater nach Munster geschickt hatte, war beantwortet worden. Schließlich hatte sie im letzten Sommer in ihrer Not ein Schreiben an ihre Stiefmutter Eleanor gerichtet. Auch dieser Brief war ohne Antwort geblieben.
    Katherine versuchte, sich auf die Morgenandacht zu konzentrieren. Heute war der Tag, an dem ihr Leben eine Wende nehmen mußte. Sie mußte all ihren Mut zusammennehmen und die Äbtissin um eine Unterredung bitten.
    Ihr blieb keine andere Wahl. In ein paar Monaten wurde sie neunzehn. Sie wollte nicht alt und grau werden in dem abgeschiedenen Kloster. Sie wollte leben. Sie wollte einen Ehemann, ein Heim, Kinder. Andere Frauen in ihrem Alter hatten zwei oder drei Kinder am Rockzipfel hängen. Wie konnte man sie bloß vergessen haben?
    Vor sechs Jahren hatte Eleanor vorgeschlagen, Katherine in ein Kloster zu schicken. Ihr Vater hatte in der Schlacht bei Affane in Südirland schwere Verluste hinnehmen müssen. Dreihundert seiner Gefolgsleute waren von den Truppen Tom Butlers, des Grafen von Ormond, am Ufer des Blackwater Flusses niedergemetzelt worden. Und Katherines Vater, der Graf von Desmond, war von Butler verwundet und festgenommen worden. Doch Katherine hatte einen noch größeren Verlust erlitten.
    Ihr Verlobter, Hugh Barry, war in der Schlacht gefallen. Katherine war seit ihrer frühen Kindheit mit dem um ein Jahr älteren Hugh verlobt. Die Barrys waren entfernte Verwandte, und Hugh und Katherine waren gemeinsam aufgewachsen. Er war ihr Kinderfreund, ihre Jugendliebe; von ihm hatte sie ihren ersten Kuß erhalten. Sein Tod hatte nicht nur ihre Träume zerstört - wie es schien, auch ihre Zukunft.
    Vom Schmerz übermannt, hatte Katherine sich dem Wunsch ihrer Stiefmutter gefügt, sich vorübergehend in ein Kloster im Ausland zurückzuziehen, bis eine erneute Eheschließung ins Auge gefaßt werden konnte. Hughs Tod war um so schmerzvoller, da Katherine ein Jahr vor dem verhängnisvollen Affane ihre Mutter verloren hatte. Der Graf von Desmond war Joan FitzGeralds dritter Gatte, und Katherine
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