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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist
Autoren: T Liehr
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in naher Zukunft zu seinen geringeren Problemen. Und eigentlich war’s mir fast schon egal, ob
     er den Text drucken würde. Schade wäre nur, wenn wir – nach |316| allem, was wir erlebt hatten – die Serie nicht rund machen könnten.
    Anschließend setzte ich mich auf die Terrasse der Strandbar und kramte die Metallvisitenkarte hervor. Als die Verbindung aufgebaut
     wurde, ließ ich meinen Blick schweifen. Es war
schön
im Süden und in der Sonne, um mich herum karibische Zustände, auf dem Tisch ein bemerkenswert guter Kaffee, auf dem nahen
     Badetuch eine gute Freundin und im Kopf der Gedanke, dass es nur von
mir
abhing, was die Zukunft bringen würde. Klar, in ein paar hundert Metern Entfernung lauerten Orfi-Arschlöcher, nächtelang singende
     Russen, Textilfälscher und viele andere Spielarten des Ungemachs, den Touristen in Kauf nahmen, um ihrem Alltag für ein paar
     Tage zu entfliehen. Und natürlich war das Land eine verdammte islamische »Republik«, in der nicht wenige daran arbeiteten,
     die Scharia zur vorrangigen Gesetzesgrundlage zu machen. Trotzdem fühlte ich mich auf distanzierte Art wohl. Nur an unser
     Hotel durfte ich nicht denken.
    »Von Papening?«
    »Oh.« Ich war so in Gedanken versunken, dass ich ihn fast vergessen hatte. »Guten Tag, hier ist Nikolas Sender. Erinnerst
     du dich an mich?« Es fiel mir nach wie vor schwer, den Mann zu duzen, aber es war schließlich seine Idee gewesen.
    »Nikolas! Mein Freund! Natürlich! Wie könnte ich dich vergessen? Wie geht’s Nina?«
    Wir plauderten ein paar Minuten über die vergangenen Tage, ich erzählte von meinem Knasterlebnis in Portugal. Aber auch von
     Pappe hatte Neuigkeiten.
    »Meine Frau hat sich gemeldet.« Seine Stimme überschlug sich fast vor Aufregung. »Vorgestern. Ich würde das nicht als reumütig
     bezeichnen, aber ich habe eine gewisse Zerknirschtheit herausgehört. Sie will mit mir sprechen. Hier, bei uns. Zu Hause.«
     Er atmete durch. »Und sie wird die Kinder mitbringen.«
    »Glückwunsch«, sagte ich, ehrlich erfreut.
    |317| »Vielleicht gibt es eine Chance«, sagte er leise.
    »Die gibt es immer«, behauptete ich. Nina stand auf und ging zu einer Gruppe junger Männer, die gerade aus dem Wasser zurückgekehrt
     waren und ihre Schnorchelausrüstungen in den Sand warfen.
    »Dein Wort in Gottes Ohr.« Ich schwieg und fragte mich, was es da zu suchen hätte.
    Meine Kollegin griff sich Taucherbrille und Schnorchel eines der jungen Männer, winkte mir kurz zu und tapste dann ins Wasser.
    »Gibt es einen besonderen Grund für diesen erfreulichen Anruf?«, fragte der adlige Büromaterialerbe in mein Schweigen.
    »Ja, klar. Das ist mir ein bisschen unangenehm, weil ihr befreundet seid. Aber ich würde gern mit dir über Heino Sitz reden.«
    Er räusperte sich. »Als befreundet würde ich das nicht gerade bezeichnen. Wir sind gute Bekannte, aber bis auf das Zufallstreffen
     vor zwei Wochen haben wir uns in diesem Jahr noch nicht gesehen.«
    »Verstehe.«
    »Worum geht’s?«
     
    Zehn Minuten später nahm ich meine Handtuchposition wieder ein und stellte die neue Runde bereit. Bimbo saß zum Meer gewandt
     da und winselte leise. Ich kraulte seinen lockigen Nacken und sagte: »Sie kommt gleich wieder, alter Junge.«
    Aber sie kam nicht. Nach weiteren zwanzig Minuten empfand ich leichte Sorge. Das Wasser war warm, die Gegend gut einsehbar,
     aber Nina hatte mich bisher nicht gerade mit sportiven Einlagen beeindruckt. Gab es hier eigentlich Haie? Der Gedanke kam
     mir widersinnig vor; wir befanden uns in einer gut erschlossenen Urlaubsregion. Man hätte doch wohl Schilder aufgestellt.
     Andererseits gab es auch keine Schilder, die vor Leuten wie Emad warnten. Ich googelte und bekam eine Gänsehaut. Im Roten
     Meer waren |318| sogar
weiße Haie
zugange. Bimbo jaulte, weil ich ihm vor Aufregung in den Nacken gekniffen hatte.
    »Sie ist gleich wieder da«, sagte ich eher zu mir selbst. Das Viech verstand mich ja sowieso nicht.
    Ich erhob mich und machte ein paar Schritte ins Wasser. Die vielen schwarzen Gummirohre, die über die Oberfläche hinausragten,
     ließen nicht erkennen, wer unten dranhing. Ich ging auf einen Schnorchler zu, der gerade aus dem Meer kam, und fragte ihn
     auf Englisch, ob er Haie gesehen hätte. »Heute leider nicht«, gab er grinsend auf Deutsch zurück. Ich war versucht, ihm einen
     auf die Zwölf zu geben, aber er konnte ja nichts dafür.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer realen Stunde insgesamt wurde
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