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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist
Autoren: T Liehr
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Platz.
    »Sender.« Sitz starrte mich an. »Was tun Sie denn hier?«
    »Recherche«, erklärte ich und sah kurz zu Nina.
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, sagte sie leise, deutete aber ein Lächeln an.
    »Das hier ist aber privat«, sagte Heino und pfiff durch die Schneidezähne. Hinter ihm, in fünf Metern Entfernung, duckten
     sich Silke und Steini, wobei sie energisch auf ihn einredete. Es war nicht Silkes Art, sich zu verstecken oder Konflikten
     auszuweichen.
    »Nicht nur«, gab ich zurück und nahm sein Glas. Der Schampus passte zwar nicht zum Bier und schmeckte mir auch nach wie vor
     nicht, doch ich fand die Geste einfach cool.
    »Sie spielen mit Ihrem Job«, zischte mein Chefredakteur.
    »Nein«, antwortete ich. »Es gibt keinen Job mehr, mit dem ich spielen könnte. Ich kündige. Für so ein Arschloch wie Sie will
     ich nicht länger arbeiten.«
    |324| »Das muss ich mir nicht anhören«, knurrte er und erhob sich halb, um nach einem Kellner zu winken. Ganz sicher wollte er mich
     rausschmeißen lassen. »In der Branche sind Sie tot«, sagte er dabei, die Augen zusammenkneifend.
    Ninas Gesichtausdruck pendelte zwischen Überraschung und Amüsement. »Süßer, mach doch nicht so einen Aufstand«, sagte sie
     dann. Heino nickte, weil er sich bestätigt fühlte – bis er feststellte, dass die Bemerkung ihm gegolten hatte. »Nikolas hat
     doch recht. Du
bist
ein Arschloch. Das muss man auch mal sagen dürfen.«
    Der herbeigewinkte Kellner kam, aber bevor Sitz den Staatsschutz rufen konnte, bestellte meine Freundin noch eine Flasche
     Schampus auf seine Rechnung.
    »Dann bin ich hier wohl überflüssig«, erklärte Heino und machte Anstalten zu gehen. »Das wird ein Nachspiel haben.«
    »Wir können das gleich hier erledigen«, schlug ich vor. »Es gibt da ein paar Dinge, die Sie wissen sollten«, ergänzte ich,
     fies grinsend. Meine Ex und ihr neuer Lover versuchten im Hintergrund weiterhin, sich möglichst unauffällig zu benehmen. Als
     ihr Hauptgang kam, rührten sie ihn kaum an, weil sie damit beschäftigt waren, meinen möglichen Blicken auszuweichen.
    Meine Rede an Heino war kurz und knackig. Ich streute ein paar Gehässigkeiten über seine Ehe und die Promiskuität seiner Gattin
     ein, und als ich andeutete, jüngst selbst das Glück gehabt zu haben, war er kurz vor dem Explodieren. Das änderte sich wieder,
     als ich ausführte, wie sehr zum Beispiel Leute wie Oliver von Papening Grund hätten, ihrerseits auf Heino Sitz wütend zu sein.
     Er rutschte jetzt ungeduldig und verblüffend unsicher auf seinem Stuhl hin und her und wünschte sich offenbar, ganz woanders
     zu sein. Bevor er aber diesen Wunsch umsetzen konnte, trat ein sehr gut aussehender, sonnengebräunter und in Armani gekleideter
     Mann an unseren Tisch.
    »Störe ich?«, fragte Michael Bautschik.
    |325| »Aber nicht doch!«, rief Nina, stand auf und umarmte den Piloten herzlich, der das verblüfft, aber lächelnd über sich ergehen
     ließ. Sitz nutzte die Gelegenheit, schmiss sein Glas um und machte sich vom Acker. Wir tranken auf ihn und auf seine Kosten,
     und ich fand es ein bisschen schade, dass er den Abschluss meiner Rede nicht mitbekam. Ich stand dafür sogar auf und sah Nina
     fest in die Augen, dann wiederholte ich in abgewandelter Form, was sie mir in Portugal gesagt hatte, kurz nach meiner telefonischen
     Entdeckung.
    »Ich sage so etwas nicht oft, und ich hätte vor fünf Wochen jedes beliebige Körperteil – einschließlich der wirklich wichtigen
     – dagegen gewettet, es jemals zu tun, aber du bist eine großartige Frau, und ich bin stolz darauf, dich meine Freundin nennen
     zu dürfen. Du bist zwar manchmal etwas polternd, aber ehrlich, spitzfindig, klug, aufmerksam und sehr amüsant. Du siehst toll
     aus und bist ein edler Fang für einen Mann, der dich verdient. Ich möchte dir für die interessantesten und bewegendsten –
     und auch bewegtesten – Wochen meines Lebens danken. Ich mag dich sehr gerne, Nina Blume. Danke.«
    Sie seufzte und blinzelte eine Träne weg. Dann stand sie auf, und wir umarmten uns.
     
    »Und jetzt zu euch«, sagte ich, aber das Grinsen fiel mir noch immer schwer. Ich drehte den Stuhl um, so dass ich mich auf
     die Lehne stützen konnte, und sah Steini direkt in die Augen.
    »Mein Freund. Mein guter, bester Freund.«
    »Es ist also doch kein Zufall«, sagte Silke.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nichts hiervon ist ein Zufall, oder, lieber Ingo?«

|326| 7.
    Unser abschließender Beitrag
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