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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten
Autoren: William Brodrick
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Besuchern den Weg wies. Sie folgte dem Pfeil, der sie näher ans Kloster führte. Die Versuchung war einfach zu groß. Hinter einem kaputten Tor sah Nancy den wildesten Kräutergarten, der ihr je unter die Augen gekommen war. Sie war so gebannt von dem Chaos und der Fülle, dass sie den Mönch nicht kommen hörte. Sie hörte nur seine Stimme.
    »Hallo, Nancy«, sagte er. »Wir sind uns schon mal begegnet, vor Jahren – in meinem früheren Beruf, ich habe Ihren Mann verteidigt.«
    Nancy wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Aber zu einem Mönch musste man schließlich ehrlich sein, also sagte sie: »Na ja … nichts für ungut, aber damit haben Sie ihm keinen Gefallen getan.«
    »Nein, wahrhaftig nicht«, antwortete er und trat neben sie. Auch er schaute auf die wirren Kräuter. »Aber dieses Mal werde ich etwas für ihn tun, wenn er möchte.« Schüchtern, aber bestimmt fragte er: »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    Nancy warf einen Blick zum Taxi hinüber. Ihr juckte es in den Füßen. »Wenn das alles vorbei ist …« Ihr Herz raste, ihr Gesicht brannte und sie wurde ganz ernst. »… wenn ich bei meinem Mann bleibe … wird Gott ihn abweisen?«
    Der Mönch schien leicht verdutzt wie Onkel Bertie, wenn er die Rennergebnisse mit seiner Wettkarte verglich. Er holte eine Brille heraus, überlegte es sich dann anders und steckte sie wieder ein.
    »Ich darf ja wohl nicht weniger standhaft sein als Gott«, hakte sie nach.
    »Nein, das dürfen Sie nicht«, bestätigte er, starrte sie an und dachte über seine eigene Antwort nach.
    Nancy wunderte sich: Sie hatte nicht erwartet, einem Mönch auf seinem eigenen Terrain Nachhilfe geben zu müssen. Das ist doch wohl ziemlich offensichtlich, oder?, dachte sie. Andererseits … Babycham hatte gesagt: »Er ist es nicht wert«, und ihr Dad hatte gesagt: »Es muss ein Geben und Nehmen sein, aber er gibt nichts.« Sie hatten beide Recht. Aber anscheinend verstand niemand sie. Es ging nicht darum, ob sie etwas gewann oder er etwas verdiente.
    Nancy wünschte dem Mönch frohe Weihnachten und stieg ins Taxi.
    Sie beugte sich vor und sagte: »Wormwood Scrubs.«
    Der Fahrer runzelte ungläubig die Stirn. »Das Gefängnis … in London?«
    »Ja«, bestätigte Nancy munter, »mein Mann ist Gast im U-Haft-Trakt.«
    »Das kostet ein Heidengeld, das ist Stunden weg.«
    »Ich habe meine Probleme«, sagte Nancy seufzend, »aber Geld gehört nicht dazu.«
    Sie fuhren auf die Hauptstraße, und Nancys Chauffeur fing an zu plaudern wie Cindy, die Friseurin. Nancy war schließlich »jemand«. Sie war die Frau eines Ganoven. Er wollte wissen, was er verbrochen hatte, traute sich aber nicht, unumwunden zu fragen. Aber er würde es schon herauskriegen, genau wie Cindy, lange bevor sie nach London kamen.
    Laut Inspector Cartwright hatte Riley schon Besuch bekommen: von einem Oberstleutnant der Heilsarmee.

9
    GEORGE SCHAUTE NICHT zurück, nachdem er von Nancy weggegangen war. Er ging den Weg nach Larkwood entlang und fühlte sich zunehmend einsam und verlassen. Es machte ihn blind, denn während er weitertrottete, verlor er die Umgebung aus dem Blick und sah nur noch die Steinchen auf dem Weg.
    Als George aufschaute, sah er eine Frau auf sich zukommen. Zuerst erkannte er sie nicht, weil sie nicht hierhergehörte. Ein Kloster war nicht ihre normale Umgebung, obwohl, andererseits war Meine Lieder, meine Träume ihr Lieblingsfilm. Er war furchtbar durcheinander, wie er es erst kannte, seit sie ihm den Schädel eingeschlagen hatten. Manchmal, wie jetzt, zweifelte er an dem, was er erlebte, und stapfte durch eine Welt, die er nicht begriff. So wichtig waren das Gedächtnis und die Dinge, die es speicherte; denn wie George sehr gut wusste, können wir nur hoffen, das Ganze zu begreifen, wenn wir uns an das Ganze erinnern. Und wenn man das Ganze nicht begreift, wird man sehr misstrauisch. Aber Emily war da, direkt vor ihm und kam auf ihn zu. Pater Anselm tauchte hinter ihr auf … er lief an ihm vorbei, fragte nach Nancy, und George murmelte etwas, wandte aber den Blick nicht von dieser Erscheinung aus seiner Vergangenheit ab, die weinte.
     
    Mit denselben trunkenen Zweifeln – und der Angst, dass jemand ihm gleich erklären würde, was hier tatsächlich vorging –, verabschiedete er sich von den Mönchen, als wäre er der Papst. Der Kofferraum von Emilys Wagen stand offen … Gestalten in Habit brachten Kisten mit Äpfeln, zwei Flaschen Pflaumenbrand und eingemachte Birnen. Er murmelte etwas vor
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