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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten
Autoren: William Brodrick
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sich hin, während jemand ihn am Ellbogen packte. Die Beifahrertür knallte zu. Er öffnete das Seitenfenster, als brauche er Luft zum Atmen. Eine kleine Menschenmenge lächelte und winkte, und Emily bekam neben ihm den Zündschlüssel nicht ins Zündschloss. Jemand half ihr, und sie lachte in ihr Taschentuch. Ein langer Korridor aus Eichen zog langsam vorbei, als ob der Wagen stillstünde. Die Allee mündete in sanften Hügeln mit vereinzelten Häusern, und dann war der Ort weg, der ihm Zuflucht geboten hatte.
     
    »Emily«, sagte George, nun sehr selbstsicher, »fahren wir nach Hause?«
    »Ja.«
    Er musterte die Hecken am Straßenrand und dachte an den anderen Mann, den er in Mitcham gesehen hatte. »Ich habe versucht nach Hause zu kommen, ein Mal.«
    »Ich weiß«, sagte Emily. Sie verstand. »Niemand hat je deinen Platz eingenommen. Peter war nur ein Freund. Er war für mich, was Nancy für dich war. Und Gott weiß, George, wir hatten Freunde bitter nötig, und sei es nur, um uns wieder zusammenzubringen.«
    Emily erklärte ihm, dass das Haus sich sehr verändert hatte, alles neu und sauber war. Die Nachbarn waren die alten geblieben, aber einer um die Ecke hatte sich einen Hund angeschafft, den er nachts frei laufen ließ.
    »Warum willst du mich zurückhaben«, fragte George und zupfte an den Ärmeln seines Blazers.
    »Weil ich dich wiedergefunden habe, in deinen Heften«, antwortete sie und legte die Hand auf den Schaltknüppel, ohne den Gang zu wechseln. »Ich weiß nicht, wie ich dich je gehen lassen konnte. Vielleicht habe ich nicht mehr gesehen, wo rechts und links, vorne und hinten, oben und unten ist … alles, was uns zusammengebracht hat. Ich habe nicht nur dich wiedergefunden, George. Ich habe mich gefunden.«
    George schlief – nicht den Schlaf nach anstrengender körperlicher Arbeit oder der Erschöpfung nach starken Emotionen. Eine große Müdigkeit hatte sich seiner bemächtigt, als ob ein ganzes Leben geendet hätte. Irgendwo in London wachte er auf und war sich seiner Sinne wieder nicht sicher, bis der Wagen vor dem Haus hielt, das er vor vielen Jahren verlassen hatte. Es war dunkel.
    »Können wir noch mal von vorn anfangen?«, fragte Emily mit hoffnungsschwerer Stimme.
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    Beide schauten durch die Windschutzscheibe auf die Hinterlassenschaft eines streunenden Hundes. George hatte feste Ansichten über Hunde – besonders über solche, die bellten.
    »Können wir denn da weitermachen, wo wir aufgehört haben?«
    »Das ist sehr sinnvoll«, sagte George. »Ich kann mich natürlich nicht mehr erinnern, was zwischendrin passiert ist.«
    Er nahm ihre Hand. »Es wird so sein, als ob überhaupt nichts passiert wäre.«
    Das stimmte natürlich nicht. Es war ein Scherz, der die Kluft zwischen Ehrlichkeit und Erwartung überbrücken sollte. Emily schloss die Haustür auf, und George kam nach Hause, wie er gegangen war: ohne Gepäck. Was hatte er vorzuweisen? Nichts, worauf man den Finger hätte legen können, dachte er fröhlich, außer Äpfeln, Pflaumenbrand und ein paar eingemachten Birnen.

10
    EIN LÄNGST VERGESSENER Gilbertiner kam einmal auf die verwegene Idee, die Toten von Larkwood sollten Espenwurzeln nähren. Der Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen, ohne dass man auch nur einen Maulwurfsatemzug lang die damit verbundene Logistik bedacht hätte: dass man sich nämlich bei jeder Beerdigung durch das Wurzelwerk buddeln musste. Aber ausdauerndes Graben trug den Sieg davon. Und so waren Jahre später weiße Kreuze zwischen den schlanken Baumstämmen verstreut, als wären sie mit dem Löwenzahn aus dem Boden gewachsen. In eine angrenzende Böschung war eine Eisenbahnschwelle als Ruhebank für Besucher eingelassen. Dort saßen Anselm und der Prior, eingemummelt in ihre Umhänge.
    »Wenn ich mir alle anschaue, die in diesen Fall verwickelt waren«, sagte Anselm, »Mrs. Dixon, Walter Steadman, Elizabeth, George, Nancy, ich … dann sind wir alle in unterschiedlichem Maße mitverantwortlich für das, was passiert ist; aber uns trifft in unterschiedlichem Maße auch keine Schuld.«
    »Du hast Mr. Riley ausgelassen.«
    Das war nicht absichtlich geschehen, war aber bezeichnend, fand Anselm. Es zeigte, dass er sich in einem entscheidenden Punkt unsicher war. Inspector Cartwright hatte Anselm unter geringfügiger Missachtung der Regeln Rileys Vernehmungsprotokoll gezeigt. Es gab kaum Fragen. Riley hatte einfach auf Band gesprochen, manchmal so schnell, dass die
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