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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden
Autoren: Philip Pullman
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Philip Pullman
Der Schatten im
Norden
Abenteuer-Roman
BELTZ & Gelberg
Neue Rechtschreibung
     
© 1998 Beltz Verlag, Weinheim und Basel
Programm Beltz & Gelberg, Weinheim
     
Alle Rechte für die deutschsprachige Ausgabe
vorbehalten
     
Die Originalausgabe erschien u. d. T. The Shadow in the
North
     
bei Oxford University Press, Oxford
    © 1988 Philip Pullman Einband von Dieter Wiesmüller
Gesamtherstellung
Druckhaus Beltz, 69494 Hemsbach
Printed in Germany
    ISBN 3 407 79783 4 Philip Pullman, geboren 1946 in Norwich, Norfolk,
wuchs in Rhodesien, Australien, London und Wales auf.
Heute lebt er mit seiner Frau und vier Kindern in Oxford,
wo er als Lehrer arbeitet. Er schrieb Romane für
Jugendliche und Erwachsene sowie ein Theaterstück.
    Ein weiterer Abenteuer-Roman mit der Protagonistin
Sally Lockhart ist im Programm Beltz & Gelberg unter
dem Titel Der Rubin im Rauch (Preis der Leseratten)
gebunden und zugleich als Gulliver Taschenbuch
lieferbar.
UNGELÖSTE GEHEIMNISSE DER SEE
    An einem sonnigen Frühlingsmorgen des Jahres 1878
ging das Dampfschiff Ingrid Linde, der Stolz der AngloBaltischen Schifffahrtsgesellschaft, bei seiner Fahrt
durch die Ostsee spurlos unter. Das Schiff hatte auf dem
Weg von Hamburg nach Riga neben einer Ladung
Maschinenteile auch einige Passagiere an Bord. Die
Reise war ohne besondere Vorkommnisse verlaufen; das
Schiff war gerade erst zwei Jahre alt, gut ausgerüstet und
seetüchtig, das Wetter frühlingshaft mild.
    Eine Tagesreise von Hamburg entfernt, wurde die Ingrid Linde von einem Schoner gesehen, der in
entgegengesetzter Richtung segelte. Beide Schiffe
zeigten Flagge. Eine Bark, die ebenfalls in diesen
Gewässern kreuzte, hätte sie zwei Stunden später
ebenfalls sehen müssen, wenn die Ingrid Linde ihren
Kurs beibehalten hätte. Doch die Besatzung der Bark sah
nichts von einem Dampfer. So rasch und spurlos war das
Schiff verschwunden, dass die Journalisten ein ähnlich
dankbares Thema wie den versunkenen Kontinent
Atlantis oder den Fliegenden Holländer witterten. Sie
fanden schnell heraus, dass der Präsident der AngloBaltischen Schifffahrtsgesellschaft nebst Frau und
Tochter an Bord des Schiffes gewesen war. Und sogleich
wussten sie in ihren Blättern von allerlei
Merkwürdigkeiten zu berichten: Dass es die erste
Seereise für das Töchterchen gewesen sei, bei dem es
sich freilich nicht um ein kleines Mädchen, sondern um
eine junge Dame handele, keine achtzehn Jahre alt, aber
von einer geheimnisvollen Krankheit geschlagen; dass
ein Fluch über dem Schiff gelegen habe, die Rache eines
früheren Seemanns; dass die Ladung eine tödliche
Mischung aus Sprengstoff und Alkohol gewesen sei; dass
sich in der Kapitänskajüte ein Fetisch aus dem Kongo
befunden habe, den angeblich der Kapitän einem
afrikanischen Eingeborenenstamm gestohlen hatte;
schließlich, dass es in diesem Teil des Meeres einen
gewaltigen, unerforschten Strudel gebe, der ohne
Warnung Schiffe verschlinge und in eine riesige
unterirdische Höhle am Mittelpunkt der Erde hinabreiße.
Und so weiter und so fort.
Die Story gelangte zu allgemeiner Bekanntheit und
wurde besonders gern von Schreibern aufgegriffen, die
    Bücher mit Titeln wie Die geheimen Schrecken der Tiefe fabrizierten. Doch ohne Fakten geht auch der reichsten
Journalistenfantasie irgendwann einmal der Stoff aus,
und im vorliegenden Fall gab es einfach keine Fakten ---
nur ein Schiff, das von einem Augenblick zum anderen
verschwunden war, und eine milde Frühlingssonne über
der weiten See.
    An einem kalten Morgen, wenige Monate nach diesen
Ereignissen klopfte eine alte Dame an die Tür eines
Büros im Londoner Finanzviertel. An der Tür war zu
lesen 5. Lockhart, Finanzberatung. Kurz darauf rief eine
Stimme - eine weibliche Stimme --- »Herein!«, und die
alte Dame trat ein.
    S. Lockhart - das S stand für Sally - erhob sich hinter
ihrem von Papieren übersäten Schreibtisch. Sie war eine
ungewöhnlich hübsche junge Frau, zweiundzwanzig
Jahre alt, mit blondem Haar und dunkelbraunen Augen.
Die alte Dame tat einen Schritt und zögerte plötzlich,
denn vor dem Kamin, in dem ein Feuer brannte, stand der
größte Hund, den sie je gesehen hatte --- schwarz wie die
Nacht und der Gestalt nach eine Mischung aus Bluthund,
Dänischer Dogge und Werwolf.
    »Sitz, Chaka!«, befahl Sally Lockhart, worauf sich das
große Tier folgsam setzte. Sein Kopf reichte ihr immer
noch bis zur Taille. »Sie sind Miss Walsh, nicht wahr?
Guten Tag, wie geht es Ihnen?« Die
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