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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux
Autoren: Philippe Djian
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Ideale, gleichgültig gegenüber allem, nur dazu angeworben, eine Schlacht zu schlagen, deren Zweck mir ziemlich egal war. Sein Flehen prallte an mir ab, ich verstand nicht, was er mir sagen wollte, wenn er mir freundschaftlich die Schulter drückte: »Henri-John! Spüren Sie nicht, welch große Gemeinschaft wir bilden? Merken Sie nicht, daß Sie sich selbst verletzen, wenn Sie mir den Dolch in den Rücken stoßen?!«
    Ich hatte nicht das geringste Schuldgefühl, wenn er mir vorwarf, Saint-Vincent in die Knie zwingen zu wollen, und ich nahm meine Forderungen niemals zurück. Diese fünf Jahre – fünf Trimester sollte ich sagen – hatten mein Herz kaum erweicht. Saint-Vincent bedeutete mir nichts. Ich wollte gern der Dorn in seinem Schuh sein, ehe ich einfach nur ruhig in der Ecke saß.
    Ich wußte nicht, ob er sich bei Edith darüber beklagte, aber wenn sie so tat, als interessiere sie sich für meine schulischen Aktivitäten, und ich ihr von unserem letzten Krach erzählte, lachte sie herzlich mit, bevor sie mir zusteckte, ich sei aber gar nicht nett zu dem armen Heissenbüttel. Ich kicherte dann nur. »Immerhin ist das ein gutes Mittel, um herauszufinden, ob seine Bewunderung für dich wirklich so groß ist, wie er behauptet …« Mehr brauchte ich nicht zu sagen. Ich glaube, sie sind alle aus dem gleichen Holz geschnitzt, Edith und Konsorten, meine ich.
     
    Sie war für vierzehn Tage nach Japan gereist. Wenn sich meine Frau absentierte, wurde meine Mutter wach. Sie nahm uns unter ihre Fittiche, zumindest beim Abendessen. Diese Manie fuchste mich, aber wir gaben ein jämmerliches Team ab, meine Töchter und ich, wenn wir irgend etwas in der Küche probierten. Eléonore war wie gelähmt und machte ein blödes Gesicht, sobald man sie um ein wenig Unterstützung bat. Evelyne dagegen rannte aufgeregt hin und her und veranstaltete das heilloseste Durcheinander, das man je erlebt hat. Und ich war keinen Deut besser. Und dann befiel uns plötzlich eine fürchterliche Trägheit, und wir schauten uns wortlos an, wie eine besiegte Armee. Und danach mußte man alles wegräumen, saubermachen, abkratzen, und wir bereuten unser Unterfangen bitterlich. Wir aßen also bei meiner Mutter, wenn Edith uns allein ließ.
    Meine Mutter ist auch keine Leuchte in puncto Kochen, und Ramona versteht sich auch nicht viel besser darauf. Aber vergessen wir das. Wir sprangen sang- und klanglos in den Wagen, ich als erster, und ganz gleich, was uns erwartete, das Schlimmste hatten wir hinter uns. Außerdem war der Tisch meiner Mutter mit Blumen geschmückt, und was sie einem servierte, war immer hübsch angeordnet.
    An diesem Abend kehrte ich beschwingten Schritts nach Hause zurück. Tatsächlich hatte seit gut einem Monat eine relative Ruhe geherrscht, so daß selbst Heissenbüttel lächelnd und völlig entspannt durch die Flure wandelte. Aber der Wind hatte sich gedreht. Vier, fünf Mädchen, die in mein Büro gewandert waren und erklärt hatten, so gehe das nicht weiter. Warum sie urplötzlich Haartrockner brauchten, dürfte man nie in Erfahrung bringen. Ich fragte sie nicht einmal.
    Vor dem Eingang stand ein Wagen, ein nagelneuer Porsche. Ich hatte vergessen, wie der Kerl hieß, Evelyne hatte ihn uns vor ein paar Tagen ins Haus gebracht, aber ich hatte ihn aus meinem Kopf verbannt, ich hatte ihn schleunigst verdrängt. Ich wollte mich wegen solcher Subjekte nicht mit ihr streiten. Seid fruchtbar und mehret euch, und eure Sorgen nehmen nie ein Ende.
    Ich setzte mich ins Wohnzimmer, um meine Post zu lesen. Oli (Olivier, Ediths Bruder), hatte sich in einem Zimmer des Château Marmont in Los Angeles verkrochen. »Die Leute hier sind dermaßen bescheuert«, schrieb er. »Herrgott nochmal, warum bist du nicht mitgekommen?!«
    »Möchten Sie etwas trinken?«
    Ich blickte auf. Ich schaute ihn an. Das war also die Sorte von Kotzbrocken, die meine Tochter bumsten, und ich konnte nichts dagegen tun.
    »Nein, ich glaube nicht.«
    Ich nahm meine Lektüre wieder auf. »Der Swimmingpool ist nicht besonders groß«, fuhr er fort. »Und nachmittags verschwindet die Sonne hinter einer Reihe von Eukalyptusbäumen. Ich glaube, John Belushi hatte in dem Bungalow nebenan ein Problem …« Er rechnete damit, noch zehn Tage bleiben zu müssen. »Weißt du, Papa ist sehr erschöpft. Diese Reise dürfte ihn ziemlich umgehauen haben. Gestern morgen ist die ganze Gesellschaft ohne uns nach Disneyland gefahren …«
    Ich faltete seinen Brief wieder zusammen und
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