Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux
Autoren: Philippe Djian
Vom Netzwerk:
Ich habe Angst, daß er mir zu guter Letzt mit seinen Seufzern und Grimassen ein Lächeln entlockt.
    Elisabeth sagt zu mir: »Sie sind stärker, als sie glauben … Aber es ist unsere Schuld, wenn sie es herausbekommen …«
    Oli hat uns heute morgen angerufen. Um zu fragen, ob wir immer noch entschlossen sind (ha, ha!). Anscheinend ist der Priester nervös, weil wir nicht zur Probe gekommen sind, und er hat noch nie zwei Paare auf einmal getraut. Ich rechne fest damit, daß Oli und Henri-John ein allgemeines Chaos auslösen.
    Ich habe beschlossen, dieses Tagebuch zu beenden. Heute oder morgen. Ich werde anderswo schreiben, etwas anderes, ich weiß es nicht genau … Es gehörte zu einem Lebensabschnitt, der zu Ende geht. Vielleicht sollte ich am besten mit diesen unter freiem Himmel gekritzelten Worten aufhören. Besser als in irgendeiner lyrischen Scheiße zu versinken.
     
    Das war wirklich eine ganz blöde Lappalie, warum wir noch einmal zum Haus zurückfuhren: Oli hatte seine Heiratsurkunde vergessen.
    Wir wendeten auf der Brücke von Sagamore, es war noch früh am Morgen. Überall auf der Welt gibt es Leute, die einfach bescheuert sind. Wir drohten Probleme zu bekommen, wenn wir ein Hotelzimmer nehmen wollten, und der Grand Canon war nicht gerade nebenan. Oli und ich hatten mit diesen Papieren rumgealbert, und er hatte seins schließlich an seine Zimmertür genagelt. Ich hatte meins erst in einen Hut, dann in einen Biertrichter verwandelt, aber Edith hatte sich eingemischt und es beschlagnahmt, bevor ich es mit Budweiser taufte. Es war eine glorreiche Nacht gewesen.
    Georges hatte uns ein Coupé gemietet. Weiß, mit roten Ledersitzen. Oli saß am Steuer, einen Arm um Meryls Schultern. Wir hörten Mother’s Little Helper. Wir kamen über Bay Village Road, nördlich von Truro. Genau in dem Moment, wo wir in den Weg einbogen, der zum Haus hinabführte, stieg ein Schwarm Reiher auf. Wir guckten alle in die Luft.
    Der Wagen brach aus, kam vom Asphalt ab. Wir waren daran gewöhnt, wir hatten diese Kurve mindestens hundertmal wie die Irren genommen. Aber an diesem Morgen kam uns Rebecca mit dem Rad entgegen.
    Sie wurde in die Büsche geschleudert. Sie war auf der Stelle tot, denn jemand hatte mit einer Maschine die Sträucher gestutzt. Ein schrägkantig geschnittener Zweig durchbohrte ihre Brust.
    Gleichzeitig riß Oli das Steuer herum, und der Wagen kippte um. Edith und ich wurden beim ersten Überschlag hinauskatapultiert. Der Buick stürzte weiter den Abhang hinunter.
    Meryl starb noch in der Nacht. Oli erwachte zwei Tage später aus dem Koma. Man hatte sein Bein gerade noch gerettet. Das war’s.
     
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Nichts … Er hat gesagt, er verstehe das nicht. Er hat mich in seine Arme geschlossen, weil ich wieder mit seiner Tochter bumse.«
    »Weißt du, ich glaube, das ist die Wahrheit. Ich glaube nicht, daß er was mit Collins ausgeheckt hat. Und Heissenbüttel ist ein feiger Idiot.«
    »Ja, das heißt, ganz so klar ist das nicht … Ich finde, es gibt zur Zeit eine Menge Kreuzzüge, und die Truppen sind nicht besonders helle. Es gibt zu viele Leute, die einen dazu bringen wollen, die Straße zu überqueren, obwohl man keine Lust dazu hat. Selbst wenn er nichts Konkretes gegen Edith unternommen hat, und da bin ich mir gar nicht so sicher, hätte er sie doch lieber tot gesehen als geschieden, das hat er mir gesagt. Dein Vater ist ein gefährlicher Kerl, Oli, und das weißt du. Jeder, der glaubt, die Wahrheit gepachtet zu haben, ist eine Bedrohung für die andern. Er soll ruhig seinen Nächsten lieben, ansonsten soll er einen in Frieden lassen.«
    Wir kamen von einem Essen mit Giulettas Anwalt. Ich hatte dem guten Mann mit Hilfe einer kleinen Kordel gezeigt, daß die Schlinge, mit der er uns – ich meine Oli – zu erwürgen glaubte, nur eine Illusion war. Er hatte seine Brille geputzt. Sodann eingesehen, daß der Fall vielleicht doch nicht von vornherein gewonnen war, daß bei meiner Aussage – ich hatte einen Koffer voller Krawatten, mit denen dieses hysterische Mädchen versucht hatte, einen Familienvater zu verführen – die Anklage wegen Verführung einer Minderjährigen schnell in sich zusammenbräche.
    Oli hatte einen kleinen Scheck ausgestellt. Nachdem der Mann gegangen war, hatten wir über die Tournee des Balletts nach Leningrad gesprochen. Oli wollte gern zusammen mit mir dorthin zurückkehren. Ich hatte gelächelt.
    Dann hatte ich ihm erzählt, daß ich Georges bei meiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher