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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux
Autoren: Philippe Djian
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gekommen. Ich wollte nur wissen, ob sie soviel Dreistigkeit hat, und sie hat mich nicht enttäuscht. Robert Lafitte fühlt sich nicht sehr wohl, er meidet meinen Blick, achtet jedoch darauf, mir nicht den Rücken zuzukehren.
    Die Nacht ist außergewöhnlich mild. Heissenbüttels Wohnung mündet in eine große Terrasse zwischen den Dächern von Saint-Vincent. Das ist ein angenehmer Ort, von dem man die ganze Stadt überblicken kann, und auf dem Balkon steht man mit zufriedenem Lächeln wie an der Spitze eines Flaggschiffs. Das ist ein ganz pariserischer Abend, mit hübschen Frauen, die nicht die Augen niederschlagen. Meine Geringschätzung für diese Stadt gilt nicht den Frauen. Auch nicht den Cafés. Oder den Straßen am frühen Morgen. Oder dem Einbruch der Nacht.
    Ich habe mich zu Edith gesellt. Robert Lafitte bleibt wie versteinert am Buffet stehen.
    »Meinst du, ich mache ihm angst?«
    »Ich weiß nicht. Du kannst ihn ja mal fragen.«
    »Ich hab das Gefühl, er beobachtet uns.«
    »Ja, in der Tat, er läßt uns nicht aus den Augen.«
    »Schade, daß du meine Frau bist und außerdem in Begleitung. Ich glaube, sonst hätte ich gern mein Glück versucht.«
    »Mach mir nicht den Hof, Henri-John. Es war noch nie deine Stärke, mich einzuseifen.«
    Die Hummer kommen auch nicht gar auf deinen Teller, hatte Finn immer gesagt.
    Ich schlage keine Wurzeln bei ihr. Ich überlasse ihrem Trainer meinen Platz.
    »Hören Sie, werter Freund, das ist wirklich sehr ärgerlich. Sie sehen mich untröstlich«, ereifert sich Heissenbüttel.
    »Keine Ursache«, sage ich zu ihm.
    Ich bin nicht am Boden zerstört. Ich bin nicht wütend. Ich bin nicht in der Stimmung, mit Ediths Manager Streit anzufangen, denn: »Diejenigen, die Experten in der Kunst der Kriegführung sind, besiegen die feindliche Armee kampflos« (Sun Tzu, III, 10). Solange sie mir von Zeit zu Zeit einen Blick zuwirft, bin ich zufrieden wie eine Pflanze in der Wüste, die einen Regentropfen auffängt. »Wenn dich eine Frau nicht sterben läßt, dann kannst du aus deinem Haus gehen und dich lachend auf dem Boden wälzen« (anonymus).
    Ich habe nichts gegessen, aber ein paar Gläser getrunken. Einige weibliche Gäste, die mich nicht kannten und für einen Junggesellen hielten – die meisten wollen keine Scherereien –, traten an mich heran, um mich aus der Nähe zu betrachten, und sie brachten es fertig, meine Phantasie anzuregen, während sie mir von diesem und jenem erzählten. Ich frage mich, aus welchem Holz man geschnitzt sein muß. Und nicht nur wegen der Sache mit dem Sex. Ich finde es schade, daß niemand für die Missetaten Rechenschaft ablegen muß, die er nicht begangen hat.
    Ich will gerade gehen, als mich Heissenbüttel am Ellbogen packt, um mich zur Tür zu begleiten. Jetzt, wo wir allein sind, wagt er es, die Stirn zu runzeln.
    »Kommen Sie, mein Freund. Es ist Zeit zu reagieren!«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meinen Arm losließen.« Seine Hand sinkt, aber er läßt sich nicht aufhalten: »Also bitte … Kommen Sie zu sich, Teufel noch mal!«
    »Hören Sie, lassen wir dieses Thema, ja?«
    »Ich möchte Ihnen nur helfen, Henri-John …«
    »Ach, verzichten Sie darauf, mir helfen zu wollen. Und wo wir einmal dabei sind: Wenn Sie Richter Collins treffen, richten Sie es ihm auch aus.«
    »Finden Sie nicht, daß Sie ein wenig undankbar sind, mein Bester? Schauen Sie sich um. All diese Leute halten Saint-Vincent zur Hälfte am Leben. Sie sehen dort sehr großzügige Spender, äußerst einflußreiche Eltern … Und Sie sind der einzige Lehrer, den ich zu diesem Abend eingeladen habe … Aus Freundschaft zu Ihnen und Ihrer Frau. Vergessen wir einen Augenblick, was ich als Privatperson empfinde, und überlegen Sie sich, in was für eine Lage Sie mich als Schulleiter bringen … Zwingen Sie mich nicht, Maßnahmen zu ergreifen, unter denen wir beide zu leiden hätten.« Ich habe gelacht.
    »Nehmen Sie meine Worte nicht auf die leichte Schulter«, hat er hinzugefügt.
    Schnell wie eine Schlange hat sich meine Hand um seinen Bizeps geschlossen. Pflaumenweich war sein Arm. Meine Stimme wie aus einer anderen Welt.
    »Bleiben wir Freunde, altes Haus. Hören Sie gut zu, was ich Ihnen sage. Ich weiß nicht, wer von Ihnen alles hinter meinem Rücken agiert, und ich bin nicht in der Lage, gegen alle zu kämpfen. Schweigen Sie, hören Sie mir zu. Jetzt versuche ich Ihnen zu helfen. Ich werde der Übermacht erliegen, wie ich bereits sagte, aber nicht, bevor ich mit
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