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Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa
Autoren: Agatha Christie
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mit harter, trockener Stimme sprechen: »Nicht das. Ich habe meine Gründe.«
    »Es geht um Leben und Tod, Theo. Es ist mir ernst. Sieh her.«
    Er zog eine Schreibtischschublade auf und holte einen Revolver heraus. Die Theatralik, die vielleicht in dieser Geste lag, entging ihrer Aufmerksamkeit.
    »Entweder das, oder ich werde mich erschießen. Mit dem Skandal werde ich nicht fertig. Wenn du nicht tust, worum ich dich bitte, werde ich den Morgen nicht mehr erleben. Das schwöre ich dir feierlich.«
    Theo stieß einen leisen Schrei aus. »Nein, Richard, tu das nicht!«
    »Dann hilf mir.«
    Er warf den Revolver auf den Tisch und ging neben ihr auf die Knie. »Theo, mein Schatz – wenn du mich liebst – wenn du mich je geliebt hast – tu mir den Gefallen. Du bist meine Frau, Theo, es gibt niemanden sonst, an den ich mich wenden könnte.«
    Weiter und weiter sprach seine Stimme, flüsternd und flehend. Schließlich hörte Theo sich selbst sagen: »Schon gut… ja.«
    Richard begleitete sie zur Tür und setzte sie ins Taxi.
     
     

IV
     
    »Theo!«
    Fassungslos und froh sprang Vincent Easton auf. Sie war im Türrahmen stehen geblieben. Über ihrer Schulter lag die Stola aus weißem Hermelin. Nie zuvor, dachte Easton, war sie so schön gewesen.
    »Du bist zurückgekommen.«
    Sie streckte die Hand vor, um ihn aufzuhalten, als er auf sie zukam.
    »Nein, Vincent. Es ist nicht so, wie du denkst.«
    Sie sprach mit leiser, gehetzter Stimme.
    »Mein Mann hat mich geschickt. Er glaubt, es gäbe da Papiere, die ihm… die ihm schaden könnten. Ich bin hier, um dich zu bitten, sie mir zu geben.«
    Vincent stand sehr still da und sah sie an. Dann lachte er kurz auf.
    »Darum geht es also, ja? Hobson, Jekyll und Lucas kam mir doch gleich bekannt vor, aber ich konnte den Namen nicht sofort zuordnen. Ich wusste nicht, dass dein Mann dahintersteckt. Da läuft schon seit einer Weile einiges falsch. Ich hatte den Auftrag, mir die Sache anzusehen. Ich hatte einen Untergebenen im Verdacht. An den Mann an der Spitze habe ich nicht gedacht.«
    Theo schwieg. Vincent sah sie neugierig an.
    »Für dich spielt das keine Rolle, stimmt’s?«, fragte er. »Dass… nun, um es unverblümt zu sagen, dass dein Mann ein Betrüger ist?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das begreife ich nicht«, sagte Vincent. Dann fügte er ruhig hinzu: »Kannst du ein, zwei Minuten warten? Ich hole die Unterlagen.«
    Theo setzte sich. Er verschwand im Nebenzimmer. Kurz darauf kam er zurück und drückte ihr ein kleines Paket in die Hand.
    »Danke«, sagte Theo. »Hast du ein Streichholz?«
    Sie nahm die Streichholzschachtel, die er ihr reichte, und kniete sich vor den Kamin. Als die Papiere zu Asche verbrannt waren, erhob sie sich.
    »Danke«, sagte sie noch einmal.
    »Keine Ursache«, entgegnete er förmlich. »Ich rufe dir ein Taxi.«
    Er begleitete sie zum Taxi und sah sie davonfahren. Ein seltsames, formelles Gespräch. Nach den ersten Worten hatten sie sich nicht einmal mehr in die Augen zu schauen gewagt. Nun, das war es wohl, dachte er, das Ende. Er würde das Land verlassen und zu vergessen versuchen.
    Theo lehnte den Kopf gegen die Scheibe und gab dem Fahrer Anweisungen. Sie konnte nicht sofort in das Hause in Chelsea zurückkehren. Sie brauchte eine Atempause. Vincent wiederzusehen, hatte sie in ihren Grundfesten erschüttert. Wenn… wenn. Aber sie riss sich zusammen. Liebe empfand sie keine für ihren Ehemann – aber Loyalität war sie ihm schuldig. Er war am Ende, sie musste zu ihm stehen. Was immer er getan hatte, er liebte sie; sein Verbrechen hatte er gegen die Gesellschaft verübt, nicht gegen sie.
    Gemächlich fuhr das Taxi durch die breiten Straßen Hampsteads. Dann kamen sie hinaus in die Heide, und eine Brise kühler, erquickender Luft strich Theo über die Wangen. Sie hatte sich wieder gefasst. Das Taxi eilte zurück nach Chelsea.
    Richard kam ihr schon in der Eingangshalle entgegen.
    »Du warst lange weg«, sagte er streng.
    »Ach ja?«
    »Ja – sehr lange. Ist alles… alles gut?«
    Er lief hinter ihr her mit verschlagenem Blick. Seine Hände zitterten.
    »Es ist doch alles gut, oder?«, fragte er noch einmal.
    »Ich habe sie selbst verbrannt.«
    »Oh!«
    Sie ging ins Arbeitszimmer und ließ sich in einen breiten Sessel sinken. Sie war totenbleich, ihr Körper schlaff vor Erschöpfung. Sie dachte: »Wenn ich doch nur auf der Stelle einschlafen und nie, nie wieder aufwachen könnte!«
    Richard beobachtete sie. Sein scheuer, flüchtiger Blick
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