Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
wanderte immer wieder zu ihr zurück. Sie bemerkte es nicht. Sie war in Gedanken woanders.
    »Dann ist also alles gut gelaufen, ja?«
    »Das sagte ich doch bereits.«
    »Bist du sicher, dass es die richtigen Papiere waren? Hast du sie dir angesehen?«
    »Nein.«
    »Aber dann…«
    »Ich sage dir doch, ich bin sicher. Lass mich in Ruhe, Richard, ich kann heute nichts mehr ertragen.«
    Richard rutschte nervös hin und her.
    »Nein, nein. Verstehe.«
    Unruhig lief er im Zimmer umher. Schon bald kam er zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie schüttelte sie ab.
    »Fass mich nicht an.« Sie versuchte ein Lachen. »Tut mir leid, Richard. Meine Nerven liegen blank. Ich kann es jetzt nicht ertragen, angefasst zu werden.«
    »Ich weiß. Ich verstehe.«
    Wieder lief er auf und ab.
    »Theo«, brach es plötzlich aus ihm heraus. »Es tut mir so schrecklich leid.«
    »Was?« Vage erschrocken schaute sie auf.
    »Ich hätte dich nicht zu dieser späten Stunde zu ihm gehen lassen dürfen. Ich habe mir ja im Traum nicht vorstellen können, dass du… Unangenehmes würdest erdulden müssen.«
    »Unangenehmes?« Sie lachte. Das Wort schien sie zu amüsieren. »Du hast ja keine Ahnung, Richard! Du hast keine Ahnung.«
    »Wovon habe ich keine Ahnung?«
    Den Blick starr geradeaus gerichtet, sagte sie mit ernster Stimme: »Was dieser Abend mich gekostet hat.«
    »Mein Gott! Theo! Ich wollte nicht… Du… du hast es getan, für mich? Dieses Schwein! Theo… Theo… das konnte ich doch nicht wissen. Ich konnte es nicht ahnen. Mein Gott!«
    Stammelnd kniete er neben ihr und schloss sie in die Arme, und sie wandte den Kopf und sah ihn verwundert an, als wären seine Worte erst jetzt wirklich zu ihr durchgedrungen.
    »Ich… ich wollte doch nicht…«
    »Was wolltest du nicht, Richard?«
    Ihre Stimme erschreckte ihn.
    »Erzähl es mir. Was wolltest du nicht?«
    »Theo, wir wollen nicht darüber reden. Ich will es nicht wissen. Ich möchte gar nicht daran denken.«
    Sie starrte ihn an, hellwach jetzt, alle Sinne geschärft. Ihre Stimme klang klar und sehr deutlich: »Du wolltest nicht… Was glaubst du, was passiert ist?«
    »Es ist nicht passiert, Theo. Wir wollen tun, als wäre es nicht passiert.«
    Und noch immer starrte sie ihn an, bis ihr endlich die Wahrheit dämmerte.
    »Du glaubst, er hat…«
    »Ich will es nicht…«
    Sie fiel ihm ins Wort: »Du glaubst, Vincent Easton hätte für diese Papiere eine Gegenleistung verlangt? Du glaubst, ich… hätte ihn bezahlt?«
    Mit schwacher Stimme und geringer Überzeugungskraft sagte Richard: »Ich… ich hätte mir ja nicht träumen lassen, dass er so ein Mann ist.«
     
     

V
     
    »Hättest du nicht?« Prüfend sah sie ihn an. Unter ihrem Blick senkte er die Augen. »Warum hast du mich gebeten, heute Abend dieses Kleid zu tragen? Warum hast du mich zu dieser späten Stunde allein zu ihm geschickt? Du hast geahnt, dass er… dass er mich mag. Du wolltest deine Haut retten… um jeden Preis… selbst um den Preis meiner Ehre.« Sie erhob sich. »Jetzt verstehe ich. Du hast es von Anfang an darauf angelegt – oder zumindest hat du diese Möglichkeit gesehen und dich nicht davon abschrecken lassen.«
    »Theo…«
    »Du kannst es nicht leugnen. Richard, schon vor Jahren glaubte ich, alles über dich zu wissen, was es zu wissen gibt. Ich wusste praktisch vom ersten Tag an, dass du der Welt gegenüber nicht ganz ehrlich bist. Aber mir gegenüber, dachte ich, warst du ehrlich.«
    »Theo…«
    »Kannst du abstreiten, was ich gerade gesagt habe?«
    Er schwieg, wider Willen.
    »Hör mir zu, Richard. Ich habe dir etwas zu sagen. Vor drei Tagen, als dieses Unglück über dich hereinbrach, haben die Dienstboten dir erzählt, ich sei abgereist… aufs Land gefahren. Das war nicht die ganze Wahrheit. Ich war mit Vincent Easton davongegangen…«
    Richard stieß einen unartikulierten Laut aus. Sie streckte die Hand vor, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    »Warte. Wir waren zusammen in Dover. Ich sah die Zeitung und erfuhr, was passiert war. Daraufhin bin ich, wie du weißt, zurückgekommen.«
    Sie hielt inne.
    Richard packte sie beim Handgelenk. Seine Augen brannten sich in ihre.
    »Bist du… rechtzeitig zurückgekommen?«
    Theo stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus.
    »Ja, ich bin, wie du es ausdrückst, ›rechtzeitig‹ zurückgekommen, Richard.«
    Ihr Mann lockerte seinen Griff um ihre Hand. Er stand am Kamin, den Kopf in den Nacken geworfen. Er sah attraktiv und sogar nobel aus.
    »In dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher