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Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa
Autoren: Agatha Christie
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hast mich.« Und dieses Mal ließ sie den Arm um ihre Schultern liegen.
    Er küsste sie und drückte sie an sich, als könnte ihre Nähe ihn auf wundersame Weise trösten.
    »Ich habe dich, Theo«, sagte er noch einmal, und sie antwortete wie zuvor: »Ja, Richard.«
    Dann ließ er sich vom Sofa zu ihren Füßen auf den Boden gleiten.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte er verdrossen. »Mein Gott, was für ein Tag. Furchtbar! Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun sollte. Die eigene Frau ist schließlich die eigene Frau, nicht wahr?«
    Sie antwortete nicht, sondern neigte nur zustimmend den Kopf.
    Dann legte er ihr den Kopf in den Schoß. Sein Seufzen klang wie das eines müden Kindes.
    Wieder dachte Theo: »Da ist etwas, das er mir nicht erzählt hat. Was kann es sein?«
    Unwillkürlich fiel ihre Hand auf sein glattes, dunkles Haar, und sie streichelte es sanft, wie eine Mutter, die ihr Kind tröstet.
    Richard flüsterte schwach: »Alles wird gut, jetzt wo du da bist. Du wirst mich nicht im Stich lassen.«
    Seine Atem ging langsam und gleichmäßig. Er schlief. Ihre Hand streichelte ihm noch immer über den Kopf.
    Ihre Augen aber schauten gerade in die Dunkelheit vor ihr, ohne zu sehen.
     
    »Meinst du nicht, Richard«, sagte Theodora, »dass du mir alles erzählen solltest?«
    Drei Tage waren vergangen. Sie saßen im Salon und warteten auf das Abendessen.
    Richard zuckte zusammen und lief rot an.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte er abwehrend.
    »Ach nein?«
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu.
    »Natürlich gibt es… nun… Details.«
    »Meinst du nicht, dass ich alles wissen sollte, wenn ich dir helfen soll?«
    Er betrachtete sie mit seltsamem Blick.
    »Wie kommst du darauf, dass du mir helfen sollst?«
    Sie war überrascht.
    »Mein lieber Richard, ich bin deine Frau.«
    Plötzlich lächelte er, das alte einnehmende, sorglose Lächeln.
    »Das bist du, Theo. Und eine überaus attraktive Frau noch dazu. Hässliche Frauen konnte ich noch nie ertragen.«
    Er ging dazu über, im Zimmer auf und ab zu laufen, wie es seine Art war, wenn ihm etwas auf der Seele lag.
    »Ich gebe zu, dass du in gewisser Hinsicht recht hast«, sagte er schließlich. »Es gibt da etwas.«
    Er hielt inne.
    »Ja?«
    »Es ist so verdammt schwer, einer Frau solche Dinge zu erklären. Sie kriegen es sofort in den falschen Hals, wie nichtig die Angelegenheit auch sein mag – nun, was diese nicht ist.«
    Theo schwieg.
    »Siehst du«, fuhr Richard fort, »das Gesetz ist eine Sache und richtig und falsch eine ganz andere. Zum Beispiel könnte ich etwas tun, das vollkommen richtig und ehrlich ist, und trotzdem könnte das Gesetz da eine ganz andere Haltung einnehmen. In neun von zehn Fällen geht alles gut, und beim zehnten Mal – nun, geht es schief.«
    Langsam begriff Theo. Für sich dachte sie: »Warum bin ich nicht überrascht? Habe ich im Grunde immer gewusst, dass er nicht ehrlich ist?«
    Richard redete weiter. Er erklärte sich in unnötiger Ausführlichkeit. Theo war es zufrieden, dass er die tatsächlichen Umstände der Angelegenheit in diesen Mantel der Redseligkeit kleidete. Es ging um einen größeren Besitz in Südafrika. Was genau Richard getan hatte, wollte sie nicht wissen. Moralisch, versicherte er ihr, war alles fair und einwandfrei. Rechtlich – nun, das war das Dilemma. Es war nicht zu leugnen: Er hatte sich eines strafrechtlichen Vergehens schuldig gemacht.
    Während seiner Rede warf er seiner Frau immer wieder hastige Blicke zu. Er war nervös und angegriffen. Und trotzdem brachte er Entschuldigungen vor und mühte sich, die nackten Tatsachen schönzureden, die wohl auch ein Kind erkannt hätte. Dann endlich brach er mit einem letzten Schwall der Rechtfertigungen zusammen. Es mag auch an Theos Augen gelegen haben, die einen Moment lang verächtlich geschaut hatten. Er ließ sich in einen Sessel vor dem Kamin sinken, den Kopf in den Händen.
    »Da hast du es, Theo«, sagte er gebrochen. »Was wirst du jetzt tun?«
    Nach einem kurzen Moment des Zögerns ging sie zu ihm, kniete sich neben seinen Sessel und drückte ihr Gesicht an seines.
    »Was kann man denn tun, Richard? Was können wir tun?«
    Er zog sie an sich.
    »Meinst du das ernst? Wirst du zu mir halten?«
    »Natürlich, mein Lieber, natürlich.«
    Unwillentlich zur Aufrichtigkeit gerührt, sagte er: »Ich bin ein Dieb, Theo. Genau das bedeutet es ohne all die beschönigenden Worte – ein einfacher Dieb.«
    »Dann bin ich die Frau eines Diebes, Richard. Wir werden
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