Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Bekanntschaft an, als sie zusammen im Garten spazieren gegangen waren, schweigend, Schulter an Schulter, und er das schwache Beben gespürt hatte, das sie bei seiner Berührung durchlief, hatte es keine Erklärungen gegeben, keine Klarstellung zu ihrer Position. Sie hatte seine Küsse erwidert, eine stumme, zitternde Kreatur, die ihres harten Glanzes beraubt war, der sie – zusammen mit ihrer creme- und rosefarbenen Schönheit – berühmt gemacht hatte. Nicht ein einziges Mal hatte sie über ihren Ehemann gesprochen. Damals war Vincent dafür dankbar gewesen. Er war froh gewesen, dass ihm die Argumente einer Frau erspart blieben, die nur sich selbst und ihren Liebhaber davon überzeugen sollten, dass sie das Recht hatten, sich ihrer Liebe hinzugeben.
    Jetzt aber beunruhigte ihn diese unausgesprochene Konspiration des Schweigens. Erneut überkam ihn das panische Gefühl, dass er nichts wusste über dieses Wesen, das willens war, ihr Leben an seines zu binden. Er hatte Angst.
    Um sich selbst zu versichern, beugte er sich vor und legte eine Hand auf ihr schwarz gewandetes Knie. Wieder spürte er das schwache Zittern, das sie durchlief, und er griff nach ihrer Hand. Vorgebeugt drückte er ihr einen langen, sanften Kuss auf die Handfläche. Er spürte die Antwort ihrer Finger in seinen, schaute zu ihr hoch, sah ihr in die Augen und war zufrieden.
    Er lehnte sich zurück. Einen Moment lang war er wunschlos glücklich. Sie waren zusammen. Sie war sein. Und dann sagte er in leichtem, fast neckischem Ton: »Du bist so schweigsam?«
    »Bin ich das?«
    »Ja.« Er wartete einen Augenblick, dann sagte er mit ernsterer Stimme: »Bist du sicher, dass du… es nicht bereust?«
    Ihre Augen weiteten sich. »Oh nein!«
    Er zog ihre Antwort nicht in Zweifel. Vielmehr gab sie ihm die Gewissheit ihrer Aufrichtigkeit.
    »Woran denkst du? Ich möchte es wissen.«
    Mit leiser Stimme antwortete sie: »Ich glaube, ich habe Angst.«
    »Angst?«
    »Vor dem Glück.«
    Da setzte er sich neben sie, zog sie an sich und küsste ihr glattes Gesicht und den weichen Hals.
    »Ich liebe dich«, sagte er. »Ich liebe dich… ich liebe dich.«
    Ihre Antwort lag in ihrem Körper, der sich an ihn schmiegte, und in der Selbstvergessenheit ihrer Lippen.
    Dann kehrte er in seine Ecke zurück. Er nahm ein Magazin in die Hand, sie tat es ihm gleich. Ab und an trafen sich über die Zeitschriften hinweg ihre Blicke. Dann lächelten sie.
    Um kurz nach fünf Uhr erreichten sie Dover. Sie wollten die Nacht dort verbringen und am nächsten Tag aufs Festland übersetzen. Theo betrat den Salon ihrer Hotelsuite, Vincent folgte ihr. Er hatte mehrere Abendzeitungen mitgebracht, die er auf den Tisch warf. Zwei Pagen brachten das Gepäck und zogen sich zurück.
    Theo wandte sich von dem Fenster ab, vor dem sie gestanden und nach draußen geschaut hatte. Kurz darauf lagen sie sich in den Armen.
    An der Tür ertönte ein diskretes Klopfen, und sie gingen wieder auseinander.
    »Verdammt noch mal«, sagte Vincent. »Werden wir denn nie allein sein?«
    Theo lächelte. »Sieht nicht so aus«, sagte sie sanft. Dann ließ sie sich auf dem Sofa nieder und nahm eine Zeitung zur Hand.
    Es war ein Kellner, der das Abendbrot brachte. Er deckte den Tisch, zog diesen vor das Sofa, auf dem Theo saß, ließ den Blick durch den Raum schweifen, ob es noch etwas zu tun gäbe, und verschwand.
    Vincent kehrte aus dem Nebenzimmer zurück.
    »Dann also Abendessen«, sagte er fröhlich, bevor er plötzlich mitten im Raum stehen blieb. »Ist etwas passiert?«, fragte er.
    Theo saß kerzengerade auf dem Sofa. Mit leerem Blick starrte sie vor sich hin, ihr Gesicht war totenbleich geworden.
    Vincent trat eilig auf sie zu.
    »Liebste, was ist passiert?«
    Statt einer Antwort hielt sie ihm die Zeitung hin und deutete mit dem Finger auf die Schlagzeile.
    Vincent nahm ihr das Blatt aus der Hand. »Hobson, Jekyll und Lucas gescheitert«, las er. Der Name des großen Londoner Finanzunternehmens sagte ihm auf Anhieb wenig, auch wenn tief in ihm die Überzeugung nagte, dass er es kennen sollte. Fragend schaute er Theo an.
    »Richard ist Hobson, Jekyll und Lucas«, erklärte sie.
    »Dein Ehemann?«
    »Ja.«
    Vincent wandte sich wieder der Zeitung zu und studierte aufmerksam die kargen Auskünfte, die sie gab. Phrasen wie »plötzlicher Einbruch«, »schwerwiegende Enthüllungen erwartet«, »andere Häuser ebenfalls betroffen« berührten ihn unangenehm.
    Von einem Geräusch aufgeschreckt, schaute er hoch. Theo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher