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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Autoren: Anthea Bischof
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Verbindungen einliess, besonders wenn Neutralität zwischen verschiedenen Parteien erhalten werden sollte. Vincent seufzte, als er an sein darbendes Liebesleben dachte. Was tat er nicht alles im Dienste des menschlichen Wohlergehens?
    In Gedanken versunken wurde er sich bewusst, dass seine Anwesenheit in La Chacarita bereits wohlbekannt war, obgleich er in der Menge der Stimmen und der Leute unterging. Er trat vom schmalen Pfad auf die grössere Querstrasse und stand vor einem Nachtclub oder einem Bordell. Ob hier die Regierungsangestellten ihren Feierabend verlebten?
    Er wandte sich ab und gegen den Fluss hin, wo eine Gruppe zusammenstand und wild durcheinander rief. Da sie Guarani sprachen erkannte Vincent nur Wortfetzen. Dennoch wandte sich die Traube nach ihm um und allmählich verstummte das Gespräch. Zwei Männer bauten sich vor Vincent auf. Der eine von massigem Wuchs, mochte Mitte Vierzig sein, der andere, ein Halbwüchsiger war von muskulöser Statur. Beide trugen Unterhemden und liessen auffällige Tätowierungen sehen. Etwa fünfundzwanzig paar schwarze Augen musterten ihn feindselig aus dem Hintergrund.
    „Guten Abe nd zusammen“, sagte Vincent. Das würde kein nettes Gespräch werden.
    „Was suchen Sie denn hier?“ fragte der ältere der Männer in Spanisch, in wiegendem Passgang auf ihn zukommend.
    „Ich bin von einem humanitären Hilfswerk und wollte fragen, ob Sie etwas benötigen? Wie ich gehört habe, gab es vor ein paar Tagen ein Problem beim Laden in der Nebenstrasse.“
    „Ich brauche ein schickes Auto und ein Schwimmbad“, sagte der Mann und der Halbwüchsige stützte die Hände in die Hüften.
    „Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen, aber wenn Sie jemanden kennen, der medizinische Versorgung oder zu Essen braucht, dann können Sie sich jederzeit an uns wenden“, erklärte Vincent gelassen. Der Ärger, der in ihm aufstieg, drang nicht in seine Stimme, sondern gab ihm nur eine vordergründige Gelassenheit. Dass es gefährlich war, als Fremder in den Slum zu stiefeln war allseits bekannt. Immer wieder wurden unerschrockene Touristen überfallen, die aufregende Fotografien heimbringen wollten.
    „Seh‘ ich aus, als brauche ich medizinische Versorgung?“, fragte der Hüne dröhnend und die Menge lachte.
    Wut stieg in Vincent auf. Was erlaubte sich dieser Fleischberg, die Unterstützung zu verspotten, die andere dringend benötigten?
    „Sie vielleicht nicht, aber wer ist an dem Aben d mit Ihnen zusammengetroffen? Braucht der vielleicht medizinische Versorgung?“, erwiderte Vincent kalt. Da wurde die Menge neugierig und tröpfelte näher, um einen Ring um die drei Männer zu bilden. Vincent stemmte die Hände in die Seiten und blickte über die Schulter. Er musste an den Kollegen aus Bolivien denken und daran, dass er lieber das Bordell aufgesucht hätte, als sich auf dieses Gespräch einzulassen. Er nahm die Sonnenbrille ab.
    „Will jemand, der von mir ein s übergezogen bekommen hat, mit dem Typen reden?“, fragte der Mann in die Runde, seine Stimme von der inhärenten Drohung vibrierend. Er schien bestens gelaunt und freudig überrascht, dass dieser ereignislose Nachmittag sich derart frohsinnig entwickelte.
    Die Menge lachte schallend .
    Rot verdunkelte der Zorn Vincents Sichtfeld und der Schweiss brach ihm aus. Unfassbarer Hass erfüllte seine Brust, schwappte über und drückte seine Vernunft nieder. Eine rasende Lust auf Streit und die Befriedigung des Zuschlagens überkamen ihn. Heftig atmend rang er um Beherrschung.
    „Es ist mir scheissegal, wen Sie zusammenlege n, wenn es Ihnen Freude macht. Es ist nur meine Aufgabe, mich darum zu kümmern, dass Sie hier nicht alle geschlossen verrecken. Unser Büro ist an der Calle Principal, Nummer 368, wenn Sie etwas brauchen, melden Sie sich dort. Adiós“, schloss er an und wollte sich zum Gehen wenden.
    „Ich wollte mich noch mit Ihnen unterhalten, vielleicht wollen Sie ja heute verrecken?“, fragte der Mann in einem schmeichelnden Ton.
    „Hau doch ab, ich hab noch was vor“, erwiderte Vincent, bebend seinen unerklärlichen Hass unterdrückend.
    Nun war er wohl selbst schuld, wenn er auf die Schnauze bekam.
    Er bekam.
    Die Faust traf seine Wange, rutschte ab und schlug in sein Auge. Es war der muskulöse Knabe, kleiner als Vincent, aber erfüllt vom Mut der Jugend. Im Blitzschlag der Klarheit wusste Vincent, dass er hätte gehen sollen, davonlaufen im Notfall. Doch sein Stolz liess es nicht zu. Die blinde Wut hatte ihn
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