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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Autoren: Anthea Bischof
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übernommen, beherrschte ihn, brannte, überquoll in Vincents Brust. Der Hass verdunkelte seine Sicht und wie in einer Nacht animalischer Sicherheit holte er aus und schlug den Halbwüchsigen unters Kinn. Dieser taumelte und fiel in die Menge.
    „Du schafeschwängernder Hurensohn“, rief der Mann und kam nun auf Vincent zu. „Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass du ein bisschen medizinische Versorgung brauchst?“
    Er holte aus, um seine Faust auf Vincents Kehle zu setzen, doch dieser wich aus, packte den Arm des massigen Mannes und zog ihn vorüber, so dass er strauchelte und fiel, getragen von der Wucht seines Schlages. Da aber hatte sich der Halbwüchsig e erholt und trat wieder hinzu. Vincent wusste, lange würde er nicht durchhalten. Der nächste Schlag traf seine Brust, dass ihm der Atem wegblieb.
    „Hör schon auf, du weisst doch gar nicht, was du für einen Scheiss anfängst!“, rief eine weibliche Stimme hinter ihm. „Der steht unter Polizeischutz und wenn du ihn zusammenschlägst, hast du ein verdammtes Problem. Ausserdem ist er vom Hilfswerk, das bringt uns allen nur Probleme. Hast du gehört, Pablo, du Hurensohn?“
    Die Wirkung war beeindruckend, denn die beiden Schläger wichen einen Schritt von Vincent zurück und der Ring, welchen die Menge um sie bildete, lockerte sich. D er Hüne und der Halbwüchsige rieben sich noch immer mit einer gewissen Lüsternheit die geballten Fäuste. Vincent behielt sie im Auge und blickte nicht zu der Frau hinter sich. Seine Wut ebbte ab und er sah die Tragweite seines Tuns vor sich. Wenn sich einer dieser Leute bei seiner Dienstelle beschwerte, bestünde die Gefahr eines landesweiten Skandals oder noch schlimmer. Humanitärer Helfer in Schlägerei in Armenviertel verwickelt . Grossartig, so hatte er es sich gewünscht.
    „Mach’s nicht noch schlimmer, Pablo“, widerholte die Stimme hinter Vincent.
    Da wichen die beiden einen Schritt zurück und Vincent wandte sich halb zum Gehen, die beiden Männer im Augenwinkel haltend.
    V or ihm stand Luz. Die düstere Luz in pastellfarbener Bluse. Durch den durchscheinenden Stoff schimmerte ihre Haut dunkel hindurch und ihre Sonnenbrille glitzerte wie ihre Lippen.
    „Luz“, sagte Vincent. In seiner Überraschung zog er die Augenbrauen hoc h und sagte nichts mehr weiter. Selbst die abflauende Bedrohung und sein anschwellendes Auge entfielen seinem Bewusstsein, als er diesen breiten, schmallippigen Mund und den lavaschwarzen Blick auf sich wirken liess. Sie war ein Stück kleiner als er, breitschultrig und schmalhüftig. Sie wirkte kraftvoll und ungestüm, nur gemildert durch das transparente hellblaue Top und den samtenen Flaum ihrer Haut. Ihr Parfüm roch nach Zimt.
    „Haben Sie sich verirrt?“, fragte sie scheinbar ungerührt von der Intensität seines Blickes.
    „Nein, ich war eben auf dem Rückweg“, antwortete Vincent.
    „Dann sollten Sie vielleicht abhauen“, sagte Luz gedämpft und es klang fast vertraulich. Vincent erfasste ein Gefühl der Rührung, sein Herz war unvermittelt ebenso bewegt, wie eine heftige Hitze durch seinen Leib floss und seinen Blick an Luz‘ üppige Form band.
    E ndlich riss er sich los und als er sich zu gehen wandte, gingen die Leute vor ihm auseinander und Luz folgte ihm ein paar Schritte auf die schmale Gasse zu.
    „Sie haben mir glaube ich gerade geholfen“, sagte Vincent. Sie hatte ihn gerettet, aber das zu s agen brachte er nicht über sich. „Danke“, schloss er darum leichthin an und ging schlendernd auf die Gasse zu.
    „Sagen Sie der Polizei nichts, dann sagen wir Ihrer Organisation nichts“, sagte Luz so laut, dass die Umstehenden es hören konnten.
    Vincent wandte sich wider besseren Wissens zu ihr um und trat dicht auf sie zu.
    „Sind Sie nicht die Polizei, Luz?“, fragte er mit vibrierendem Unterton und kniff das rechte Auge leicht zu, als er durchs getönte Glas ihre schwarzen Pupillen fixierte.
    „Halt doch die Fresse“, sagte Luz.
    Vincent verliess La Chacarita auf dem Weg, den er gekommen war.

 
    II              
    Da holte er aus und kleidete seine Rede in sentimentale Stanzen. Er klagte von Liebe und Weh, bis sie die Verzweiflung überkam und sie ihn zum Schweigen brachte. Nicht betört von seiner Rede, sondern der Verzweiflung nah in ihrer Langweile, küsste sie ihn stürmisch. Und wirklich, seiner Stanzen ward nun genug und im Glück über seine Eroberung erwiderte er den Ansturm ihrer Küsse und sie griffen wie wilde Füchslein aneinander
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