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Para-Traeume

Para-Traeume

Titel: Para-Traeume
Autoren: Vampira VA
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wünschte, er hätte von seiner >Rolle< als der des Helden sprechen können. Aber er wußte, daß ihm nur die des Opfers vorbehalten war. Für Helden war in Geschichten dieser Art kein Platz.
    Pray wollte sich selbst einen Narren schelten, und doch konnte er nicht das Geringste dagegen tun, daß ein Teil - der weitaus größere Teil! - seiner Gedanken sich selbständig machte und nach einem Punkt auf dem hinter ihm liegenden Weg suchte, an dem es passiert sein konnte - nach der Stelle, an der er unwissentlich die Abzweigung aus der Wirklichkeit benutzt hatte.
    Wie konnte sich dieser Moment geäußert haben?
    Pray überlegte, und er wehrte sich nicht länger dagegen. Vielleicht war dies die einzige Möglichkeit, die ihm blieb, um über all dem nicht wahnsinnig zu werden - wenn er versuchte, sich nüchternen Verstandes damit auseinanderzusetzen.
    Er kramte in seinen Erinnerungen an die jüngste Vergangenheit, ließ die vergangenen zwei oder drei Stunden noch einmal Revue passieren. War ihm in dieser Zeit irgend etwas Ungewöhnliches widerfahren? War ihm schwindlig geworden? Fehlten ihm Sekunden oder Minuten seiner bewußten Wahrnehmung?
    Moses Pray stellte sich ein Dutzend solcher Fragen. Und fand auf keine davon eine befriedigende Antwort. Die Fahrt war so eintönig gewesen, und er hatte sich in Gedanken mit so vielen Dingen beschäftigt, um sich abzulenken, daß es ihm im nachhinein nicht möglich war, sich an konkrete Details oder gar bestimmte Momente zu erinnern.
    Aber auch diese Feststellung paßte nur auf beunruhigende Weise als weiteres Teil in das Mosaik seiner mysteriösen >Geschichte< ...
    »O Herr, laß es nicht zu«, flüsterte Pray. »Laß nicht zu, daß mir das wirklich widerfährt .«
    Vielleicht wurden seine Worte erhört, vielleicht bedankte sich der Herr auf diese Weise bei Moses Pray dafür, daß er Sein Wort in gedruckter Form unters Volk brachte.
    Vielleicht war es aber auch nur Zufall.
    Moses Pray war es egal. Er war einfach nur froh, als es vorbei war und die Wirklichkeit ihn wieder willkommen hieß.
    Als weit vor ihm, wo das tintige Blauschwarz des Himmels und das schmutzige Gelb der Getreidefelder an einer fast sichtbaren Linie aufeinandertrafen, sich ein Stück rechts der Straße kantige Buckel gegen die brodelnden Wolken abzeichneten.
    Aber erst nach einer weiteren Meile gestattete sich Moses Pray, erleichtert durchzuatmen. Erst dann nämlich war er sicher, daß es sich bei den dunklen Erhebungen dort vorne auch tatsächlich um das handelte, was er darin vermutet hatte - die Dächer von Häusern.
    Und nicht etwa um geduckt am Boden kauernde Monstren, die auf bedauernswerte Menschen lauerten, die sich zu ihrem Pech hinter die Wirklichkeit verirrt hatten .
    Moses Pray hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als er ihm auch schon furchtbar albern vorkam. Und er schämte sich regelrecht vor sich selbst ob all der Horrorvisionen, die seine Phantasie eben noch vor seinen Augen heraufbeschworen hatte.
    Wie hatte er sich nur selbst dermaßen zum Idioten machen können?
    Pray lachte trocken auf und erschrak ein kleines bißchen, als er feststellte, daß der Laut in seinen Ohren unsicher klang. So, als müßte er mit dem Lachen ein leises Stimmchen in sich, das ihm hartnäckig einflüstern wollte, daß es eben noch nicht vorbei wäre, vollends von der Absurdität all der Gedanken über >unwirkliche Wirklichkeiten überzeugen ...
    Die Ansiedlung dort vorne bestand aus allenfalls vier Handvoll Häusern, und sie lag nicht unmittelbar am Highway. Eine staubige Piste zweigte davon ab und führte zu dem Dorf hin.
    Pray lenkte den Ford in die Einmündung, an der kein Schild oder sonstiger Hinweis auf die Ortschaft zu entdecken war. Ein solches sah Pray erst, als er das Städtchen, das diese Bezeichnung nicht wirklich verdiente, fast schon erreicht hatte.
    Auf eine aus unterschiedlich langen Brettern zusammengenagelte Tafel, die schief an einem mannshohen Pfosten neben der Straße hing, hatte jemand den Ortsnamen gepinselt - der Leserlichkeit nach zu urteilen vor 100 oder 150 Jahren:
    DEADHORSE
    Darunter hatte irgendwann einmal die Einwohnerzahl gestanden. Doch dieser Hinweis war im Laufe der Zeit so oft durchgestrichen und auf den aktuellen Stand gebracht worden, daß inzwischen keine einzige der Zahlen mehr zu entziffern war.
    Pray nahm etwas Gas weg und ließ den Wagen fast im Schritttempo an den ersten Häusern vorüberrollen. Und ohne daß er sich wirklich in Deadhorse umgesehen hatte, drängte sich ihm
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