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Panic

Panic

Titel: Panic
Autoren: Mark T. Sullivan
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nach innen gesogen wurde. Ich wandte mich dem Phänomen zu, der Art und Weise, wie die Flocken dort einen Strudel bildeten.
    Da spürte ich aus dem Zentrum dieses Mahlstroms eine heiße, durchdringende Energie auf mich zukommen. Es war, wie wenn man beinahe einen brennend heißen Gegenstand berührt und noch bevor es wehtut den Finger wegzieht. Ich warf mich vornüber in den Schnee, und gleich darauf hörte ich, wie über mir der Pfeil auf weiches Holz traf.
    Ich wälzte mich zweimal herum und duckte mich hinter einen entwurzelten Baum. Ryan war hier, nah genug, um auf mich zu schießen. Ich legte einen Pfeil ein, spannte den Bogen und brachte mich in eine Position, in der ich ihn schnell erschießen konnte.
    Ryan schien der Meinung zu sein, dass er mich getroffen hatte. Denn er kam näher, um mir den Gnadenschuss zu geben; ich sah ihn vor mir über eine Rodung rennen, dass das graue Wolfsfell ihm nur so um die Schultern flatterte. Er wollte sich vergewissern, ob ich erledigt sei.
    Etwa fünf Meter vor dem ehemaligen Professor sah ich eine Öffnung im Dickicht, dorthin zielte ich und schoss den Pfeil ab, bevor Ryan den Bruchteil einer Sekunde später in die Schusslinie lief.
    Ich hatte keinerlei Zweifel, dass der Pfeil gut von der Sehne geschnellt war und sein Ziel nicht verfehlt hätte, wenn Ryan nicht mitten im Lauf um wenige Grad die Richtung geändert und mit einer blitzschnellen Handbewegung den Pfeil aus der Bahn gestoßen hätte. Während er sich zu Boden warf und aus meinem Blickfeld rollte, landete mein Pfeil wirkungslos im Gebüsch hinter ihm.
    Mir wurde übel. Dass ich mich dank einer außersinnlichen Warnung, die ich mir nicht ganz erklären konnte, weggeduckt hatte, war schön und gut. Ryans Wahrnehmung aber war in einem Maße erhöht, dass er die Macht zu besitzen schien, einen fliegenden Pfeil umzulenken. Das war etwas völlig anderes, eine Herausforderung, der ich nicht gewachsen war.
    Doch ehe diese Erkenntnis meinen Willen lähmen konnte, hörte ich ein kehliges Winseln, und die Wölfin trat in mein Blickfeld. Eine dicke Kruste schwarzen Blutes hatte sich über ihrem linken Auge gebildet. Das Fleisch darunter war rot, das Fell abgeschabt. Sie reckte den Kopf in meine Richtung und bewegte sich knurrend zwei Schritte auf mich zu. Da spürte ich links von mir Ryan durchs Unterholz schleichen; die beiden nahmen mich in die Zange, rechneten fest damit, dass die steile Felswand hinter mir meine Flucht vereiteln würde. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, da fühlte ich, ohne sie zu sehen, die Krähe über die Lichtung fliegen. Und plötzlich wusste ich, wie das Gelände um mich herum beschaffen war und wie ich den beiden entkommen konnte.
    Etwa zwanzig Meter zu meiner Linken führte ein altes Bachbett mit steiler Böschung vom Hügelkamm nach unten. Ich spannte den Bogen, stand auf und feuerte einen Pfeil gegen die Wölfin. Er fuhr ins trockene tote Holz unmittelbar neben ihr. Der Krach scheuchte sie zurück ins Dickicht. Sie hatte keine Angst. Sie würde nur den Angriffswinkel ändern.
    Doch da rannte ich schon Richtung Bachbett. Es erinnerte an ein drei Meter breites gefrorenes Treppenhaus, an einigen Stellen ohne jede Vegetation, an anderen mit schulterhohen Zedern bewachsen. Das Flussbett stieg zwanzig Meter steil nach oben und wand sich dann in Serpentinen bis hinauf zur Quelle. Der Untergrund war fest, und ich sprang behände die Stufen hinauf, erahnte die Windungen im Flussbett und die Öffnungen zwischen den Zedern, ehe ich sie sah. Ich hatte etwa hundertfünfzig Höhenmeter zurückgelegt, als ich Ryan und seine Verbündete hinter mir spürte. Ich beschleunigte meinen Aufstieg, bahnte mir den Weg durch mehrere Lichtungen und über entwurzelte Bäume, ehe ich blitzartig wieder die Krähenperspektive vor Augen hatte. Nicht weit vor mir änderte das Flussbett die Richtung. Die linke Böschung war steil. Einige entwurzelte Lärchen lagen im Hang, in denen ich Deckung finden könnte. Ein Kraftort. Und ein Hinterhalt.
    Was nun folgte, schien sich in Zeitlupe abzuspielen.
    Bevor ich die Wölfin sichtete, begann der Schnee, den der Zedernwald unter mir aussandte, Strahlen und Wirbel zu bilden. Ich reckte gespannt den Kopf nach vorn und wartete. Wieder ein Wirbel im flaumigen Schnee.
    Doch dann hörte ich das wütende Knurren und wandte ruckartig den Kopf. Sie stand weiter oben, am anderen Ufer. Sie hatte mir den Weg abgeschnitten! Mit einem Satz warf die Wölfin sich die Böschung hinunter und halb
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