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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag
Autoren: Andreas Schlüter
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Schein in der Halle. Sariel vermutete, dass der Tümpel sehr tief war. Der leuchtende Schleimpilz wirkte bedrohlich. Vielleicht war es aber auch einfach nur der letzte Rest einer Lichtquelle, die die Erbauer dieser Stadt geschaffen hatten. Die ganze Zeit beobachtete Sariel Kurkuma, der offenbar bereits hier unten gewesen war. Der Kater mied den Tümpel, streunte lieber die Wände der Halle entlang. Sariel hielt es für klüger, es genauso zu machen, und hielt sich von dem Tümpel fern.
    Da erst entdeckte er die Hieroglyphen.
    Im fahlen Licht der Mondtränen sah er, dass die ganzen Wände ringsum mit Ornamenten, Schriftzeichen und Hieroglyphen bedeckt waren. Ein gewaltiger, umlaufender Fries, den ein unbekanntes Wesen vor langer Zeit in den Stein gekratzt hatte. Und dieses Wesen musste ein großer Künstler gewesen sein, denn die Ornamente und Zeichen waren von großer Schönheit, außerordentlich fein und akkurat gearbeitet, voller Einzelheiten und von unendlicher Vielfalt. Wenn man vor der Wand stand und hinaufblickte, schien der Stein zu leben und sich zu bewegen. Sariel wurde schwindlig bei dem Anblick und er konnte dennoch nicht wegsehen. Nach längerer Betrachtung fiel ihm auf, dass die scheinbare Bewegung des Frieses durch eine raffinierte optische Täuschung erzeugt wurde. Der Fries bestand aus einem Band, das am Boden begann und sich spiralförmig die Wand entlangzog. Oben und unten wurde das Band durch eine schmale Borte begrenzt. Dazwischen reihten sich seltsame Schriftzeichen an Hieroglyphen, getrennt durch kleine Ornamente und Bilder, die offenbar Szenen aus der Zeit darstellten, in der die Kraterstadt noch bewohnt gewesen war.
    Und die Szenen zeigten Kalmare.
    Sariel hatte es die ganze Zeit geahnt, dass die Stadt von Kalmaren erbaut worden war. Alles andere hätte für ihn noch weniger Sinn ergeben. Die kunstvoll geritzten Bilder zeigten deutlich, dass die Stadt einst voller Leben gewesen war. Kalmare bewohnten die großen Gebäude und wimmelten durch die engen Gassen dazwischen. Kalmare in allen Größen und Formen. In den Bildern am unteren Teil des Bandes sah man die Anfänge der Stadt, die Entdeckung des Kraters. Wenn man das Band weiterverfolgte, stieß man auf Szenen, die den Fortschritt im Bau der Stadt darstellten, bis zu ihrer endgültigen Fertigstellung. Die Stadt musste sehr prächtig gewesen sein, womöglich nicht einmal die einzige auf Pangea. Sariel schätzte, dass fast eine Million Kalmare hier gelebt haben könnten. Und den Bildern nach war es ein glückliches und zufriedenes Leben gewesen, ohne Kriege, ohne Bedrohung. Die Frage war nur, warum die Kalmare dann die Stadt verlassen hatten? Welche Katastrophe hatte sie vertrieben?
    Die Antwort lag in den Schriftzeichen und Hieroglyphen, vermutete Sariel, die offenbar eine Art Chronik waren. Eine Chronik, die er nicht entziffern konnte, obwohl ihm die Symbole seltsam vertraut schienen. Wie eine Sprache, die man einmal konnte und über die Jahre vergessen hat.
    Ein Schriftzeichen erkannte er jedoch. Es sprang ihm geradezu ins Auge und kam immer wieder vor.
    Das Symbol, das ihn nach Pangea geführt hatte. Das Symbol, das auch auf Liyas Buch prangte.
    Eilig nahm Sariel den Rucksack ab und zog das Buch heraus, das er seit Liyas Verschwinden wie einen Schatz hütete. Er durchblätterte es hastig, bis er zu den Skizzen der magischen Symbole kam. Sariel verglich sie mit den Zeichen an der Wand und tatsächlich hatte Mike Calamaro einige der Hieroglyphen aus dem Fries beschrieben.
    Sariel zitterte vor Erregung und spürte, dass er der Lösung des Rätsels sehr nahe war. Während der rote Kater sich einfach neben ihm einringelte und schlafen legte, versuchte Sariel, sich auf die Zeichen zu konzentrieren, die offenbar eine Sprache bildeten. Der Schlüssel zu dieser Sprache schien in dem einen zentralen Symbol zu liegen. Aber was bedeutete es?
    Sariel zwang sich zur Ruhe. Meist sei die Lösung viel einfacher, als man denke, hatte seine Mutter immer gesagt. Sariel blätterte wieder in dem Buch und versuchte, herauszufiltern, was der Autor Mike Calamaro über die Zeichen wusste. Und plötzlich wurde ihm alles klar.
    Die Zeichen bildeten den Text des Liedes.
    Aufgeregt stellte sich Sariel in einigem Abstand vor die Wand, sodass er möglichst das ganze Band im Blick hatte. Er hielt nur einen gewissen Sicherheitsabstand zu dem leuchtenden Tümpel. Dann begann er zu singen. Er sang das Lied, das ihn mit Liya verband. Das Lied, das die Angst vertrieb. Das Lied
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