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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag
Autoren: Andreas Schlüter
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der Kalmare. Das Lied aus seinen Träumen.
    Denn während er das Lied sang und dabei auf die Wand mit den Hieroglyphen starrte, verstand er plötzlich, dass die Kalmare ihn längst ausgewählt und gerufen hatten. Er war immer ein Teil des Großen Plans der Kalmare gewesen. Und der Große Plan entrollte sich nun vor ihm, während er das monotone Lied in jener fremden Sprache sang, die nichts weiter war als eine Nachahmung von Kalmarlauten. Eigenartigerweise spielte es kaum eine Rolle, in welcher Reihenfolge man den Fries las. Er ergab an jeder Stelle einen Sinn, solange Sariel nur dem Lied folgte.
    Als erstes Zeichen verstand Sariel das zentrale Symbol. Es hatte mehrere Bedeutungen. Es bedeutete die Erde, auf der er stand. Es bedeutete gleichzeitig »ich« und »du«. Es bedeutete »Zeit« und es bedeutete »Raum«. Es bedeutete »nah« und »weit«. Es bedeutete »eins« und »viele«. Ein verwirrendes Zeichen, aber Sariel verstand es nach und nach besser, als sich ihm auch die anderen Symbole und Hieroglyphen offenbarten. Bald konnte er die Zeichen wie eine Schrift lesen und erkannte, dass es sich um viel mehr als nur eine Stadtchronik handelte. Was die Kalmare in die Wand geritzt hatten, war nicht weniger als eine Geschichte der Erde vom Anfang bis zum Ende.
    Sariel hatte keine Ahnung, woher die Kalmare es wussten, aber alles, was in dem Fries über die Entstehung der Erde und des Lebens stand, deckte sich mit seinem spärlichen Wissen aus dem Erdkundeunterricht. Der Fries beschrieb das Auftauchen der Dinosaurier und den Kometeneinschlag, der ihren Untergang einleitete. Der Fries beschrieb die Entwicklung der Säugetiere und des Menschen. Der Fries beschrieb den Untergang des Menschen und die Rettung der Sari und Ori durch die Zeit. Der Fries erwähnte sogar die verlorenen Städte. Die Kalmare hatten immer alles gewusst. Sie hatten die Ankunft der Menschen auf Pangea vorausgesehen, hatten sie womöglich sogar gerufen. Denn wenn er solche Träume gehabt hatte, dann würden noch viele andere Menschen ähnliche Träume gehabt haben. Es schien Sariel immer klarer, dass die Kalmare auf irgendeine Weise durch die Zeit reisen und auf die Welt Einfluss nehmen konnten.
    Diese Vermutung bestätigte sich, als Sariel zu der Stelle kam, als die Kalmare Millionen von Jahren nach dem letzten Kometeneinschlag an Land kamen. Tatsächlich schienen die Kalmare eine besondere Intelligenz zu besitzen. Für sie waren Gefühle und Träume so real und greifbar wie die Erde, auf der sie schritten. Und für die starken Gefühle und Träume der Kalmare war die Zeit nichts weiter als ein zarter Vorhang vor einem offenen Fenster. Nichts konnte sie daran hindern, von einer Seite zur anderen zu wehen. Sie selbst konnten zwar nicht durch die Zeit reisen, aber mit ihren empfindlichen Sinnen blickten die Kalmare einfach durch die Zeit hindurch in die Vergangenheit und in die Zukunft. Und was sie dort gesehen hatten, hatte sie offenbar so entsetzt und alarmiert, dass sie den Großen Plan entwickelten.
    Den Plan zur Rettung der Erde. Denn die Erde stand kurz vor dem Untergang. Der Fries offenbarte Sariel eine Bedrohung, die sein Fassungsvermögen beinahe überstieg. Er verstand nur, dass genau unter ihm etwas Monströses lebte und gerade dabei war, aufzusteigen und die Welt zu fressen mit allem, was darauf lebte. Ein Wesen, das zugleich eines und viele war. Ein Wesen, das die Sari für ein simples Virus hielten und GON nannten. Die Kalmare jedoch hatten es besser gewusst. Sie hatten die Mondtränen kultiviert, weil sie das Virus bekämpften, und hatten eine Stadt über dem Nest der GON erbaut, um sie am Aufstieg zu hindern. Sie hatten die Stadt jedoch aufgeben müssen, weil von den GON so monströse Gefühle ausgingen, dass die Kalmare nach einer Weile daran zugrunde gingen. Die Kalmare verstanden, dass sie alleine machtlos waren. Also entwickelten sie den Großen Plan und riefen durch die Zeit die einzige Lebensform zu Hilfe, die intelligent und gleichzeitig unempfindlich genug gegenüber starken Gefühlen war. Den Menschen. Aber die Kalmare hatten nebenbei noch eine Lebensform entdeckt, die ihnen viel näherstand und ihre Gefühle viel mehr teilte als der Mensch. Katzen. So hatten sie eine besondere Verbindung zu Katzen entwickelt. Eine geheime Verbindung über Raum und Zeit hinweg, die der Mensch niemals enträtselte.
    In dem Fries, den die Kalmare vor langer, langer Zeit angelegt hatten, las Sariel auch, an welcher Stelle die GON an die
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