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Tiffany Duo Band 77

Titel: Tiffany Duo Band 77
Autoren: ROSEMARY GRACE , SALLY TYLER HAYES
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1. KAPITEL

    „Wow! Seht euch das an!"
    Der Ausruf der Frau hallte von den Trennwänden ihrer Bürokabine wider und erfüllte das Großbüro der Anzeigenabteilung - ein Ort, wo normalerweise das Klicken der Computertasten und gedämpfte Stimmen die einzigen Geräusche waren.
    Sam Triver erkannte den texanischen Tonfall sofort. Lonnie Stockton. Natürlich, wer sonst?
    Mit langen Schritten ging Triver entschlossen den Korridor hinunter und horchte auf das lauter werdende Stimmengemurmel. Lonnies Ausruf hatte die Wirkung eines Alarmschreis, der neugierige Kollegen zu ihrem Schreibtisch zog.
    Sam blieb in der Tür zur Anzeigenabteilung stehen, lehnte sich gegen den Türrahmen und stieß einen resignierten Seufzer aus. Er hatte im vergangenen halben Jahr versucht, diese Abteilung der „Pittsburgh News" mit eiserner Hand zu regieren. Keine Feiern, kein Geklüngel, keine Albereien - nichts als Arbeit, Arbeit, Arbeit, verkaufen, verkaufen, verkaufen. Aber Miss Lonnie Stockton schaffte es immer wieder, die Arbeitsdisziplin mit irgendeinem Blödsinn zu stören.
    Ihre Kollegen schienen für solche Unterbrechungen zu leben, für Sam hingegen, dessen Blutdruck jedesmal lebensgefährlich anstieg, waren sie schlichtweg Mord. Er hatte sich schon bei Lonnies letzter Eskapade geschworen, dies nervenaufreibende Tauziehen zwischen ihnen zu beenden, und es war klar, daß am Ende des Seils ihr Kopf in der Schlinge stecken würde.
    Aber zu Lonnies Glück war ihrem Rausschmiß etwas zuvorgekommen - ihre Verkaufsbilanz des letzten Quartals. Mit solchen sensationellen Zahlen hätte Sam nie im Leben gerechnet, und er konnte noch immer nicht glauben, was er heute morgen in der Konferenz schwarz auf weiß gesehen hatte. Fürs erste rettete es Lonnie Stocktons hübschen Hals, fürs erste...
    Sam blickte zu dem Pulk der Angestellten, die sich um Lonnies Schreibtisch drängten. Es war einfach unglaublich. Wie konnte eine so unberechenbare, konfuse, unorganisierte Frau wie Lonnie Stockton mit den höchsten Verkaufsziffern aufwarten, die die Anzeigenabteilung je verzeichnet hatte?
    Wie konnte eine Frau, die in der Regel zu spät zur Arbeit kam und ständig irgend einen Unsinn verzapfte, das Anzeigenvolumen der Zeitung binnen drei Monaten um fünfundzwanzig Prozent steigern?
    Und wie, so fragte Sam sich, war es ihr gelungen, seinem siebzig­ jährigen Onkel, dem Verleger der Zeitung, während einer kurzen Fahrt im Fahrstuhl den Kopf zu verdrehen? Tatsächlich hatte sie Charlie Shaw so sehr verzaubert, daß er eine nach Sams Meinung völlig verrückte Entscheidung getroffen hatte. Charlie hatte die Morgenkonferenz nach der Ankündigung seines baldigen Ausscheidens mit einer unglaublichen Erklärung beendet. Lonnie Stockton sollte nach Sams Übernahme des Verlegerpostens seine Nachfolgerin in der Anzeigenabteilung werden - das war Charlies letzter offizieller Beschluß als Verleger.
    „Sie ist ein Energiebündel und hat einen erfrischenden Sinn für Humor", hatte Charlie nach der Konferenz zu Sam gesagt. „Außerdem ist sie der Typ, der andere motivieren kann. Und Motivation brauchen die Leute."
    „Aber sie ist für den Job nicht geeignet."
    „Sam, in meinem langen Leben haben Menschen mich immer wie­ der überrascht. Man weiß nie, wann man eine Perle in einer Auster findet. Aber wenn man in einem Menschen die Perle entdeckt hat, dann sieht man nichts anderes mehr - selbst wenn der Wert für andere unsichtbar ist."
    „Meinst du nicht, daß Menschen letzten Endes doch so sind, wie sie nach außen hin wirken?" hatte Sam provozierend gefragt.
    „Bei vielen trifft das sicher zu, aber ich möchte dir den Rat geben, Leute nicht nach dem ersten Eindruck zu beurteilen. Du hast als Reporter angefangen, mein Junge. Benutz dein Handwerkszeug und geh den Dingen auf den Grund. Knacke ein paar Austern und sieh nach, was drin ist."
    Sam hatte nur mit einem Seufzer geantwortet. Fakten und Ereignisse zu analysieren, war eine Sache... aber Menschen? Es hatte Sam nie sonderlich interessiert, sich mit menschlichem Verhalten und den dahintersteckenden Ursachen zu befassen - sein eigenes eingeschlossen. Und momentan hatte er wahrhaftig andere Dinge zu tun, als Charaktere zu ergründen. Es wäre reine Zeitverschwendung.
    „Ich glaube, du mußt noch einiges lernen, Sam...", die Stimme seines Onkels hatte plötzlich seltsam bedeutungsvoll geklungen, „... und Miss Stockton kann dir bestimmt mehr beibringen als das erfolgreiche Akquirieren von Anzeigen."
    Das hatte
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