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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag
Autoren: Andreas Schlüter
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überflutete ihn, trotz der Angst und Beklemmung, trotz des drängenden Wunsches, den unheimlichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Er fühlte sich betrogen um die Antworten, die er sich erhofft hatte. Den ganzen Weg, all das Leid, den Schmerz und Liyas Verschwinden - nur um eine tote Stadt zu finden?
    Trotz der Bitterkeit, die ihn plötzlich befiel, kehrte er jedoch nicht um. Er nahm sich vor, zumindest eines der Zentren zu finden, die er aus der Höhe gesehen hatte. Wenn es dort wohl auch keine Antwort gab, so doch vielleicht irgendeine Art Hinweis auf die Erbauer oder den Grund, warum sie ihre Stadt aus so vielen verschiedenen Steinsorten errichtet hatten. Denn kaum ein Gebäude bestand aus dem gleichen Stein, wie er jetzt aus nächster Nähe erkannte. Sie waren alle vollkommen verschieden. Wie Lebewesen, dachte Sariel unwillkürlich. Es mochte Hunderte, vielleicht Tausende von Jahren gedauert haben, diese Stadt zu erbauen.
    Schweigend ritt Sariel mit Biao weiter in die Stadt hinein und versuchte, so gut es ging, eine Richtung anzupeilen, in der er eines der Zentren vermutete. Als sie an einem tetraederförmigen Gebäude vorbeikamen, das einen Riss aufwies, der breit und tief genug war, wagte er einen Versuch und kletterte ins Innere des Gebäudes. Wie er bereits von außen gesehen hatte, war das Gebäude völlig leer. Der Boden der Halle bestand aus dem gleichen Material wie der Rest und schien fugenlos in Wände und Decken überzugehen. Einziges Zeichen des Verfalls war der feine Lavasand, der durch den Riss ins Innere geweht war, an den Wänden kleine schwarze Dünen bildete und sich mit den Kolonien von weißlichen Mondtränen vermischte, die auch hier alles überwucherten. Ein seltsamer, abgestandener und ein bisschen käsiger Geruch lag in der Luft. Er ging offenbar von den Steinen aus und verstärkte den Eindruck, sich im Inneren eines Lebewesens zu befinden.
    Ein scharrendes Geräusch ließ ihn herumfahren. Nichts. Unbehaglich drehte sich Sariel im Kreis und suchte die große dunkle Halle ab. Er fühlte sich beobachtet. Außerdem erinnerte ihn der Geruch in dieser Halle noch an etwas anderes. Es war ein sehr vertrauter, leicht penetranter Geruch. Sariel überlegte fieberhaft, woher er ihn so gut kannte - bis es ihm plötzlich einfiel. Katzenpisse.
    Kein Zweifel, ein Hauch von Katzenpisse wehte durch die Halle. Aber auf Pangea gab es keine Katzen. Katzen waren ausgestorben wie alle anderen Säugetiere auch. Weder Sari noch Ori hatten Katzen. Vielleicht also alles nur Einbildung, eine Geruchshalluzination wie kurz vor einem schizophrenen Schub, wie seine Mutter ihm einmal erklärt hatte. Aber der Geruch war so ... real! Es roch auch nicht überall gleich stark. Sariel durchstreifte die Halle und versuchte zu erschnuppern, wo die Quelle des Geruchs lag. Er spürte einen warnenden Ruf von Biao draußen und versuchte, ihn zu beruhigen. Sariel erkannte nun, dass die Wände Durchgänge zu den anliegenden Gebäuden bargen. Er entdeckte sogar Reste von Mauern, die die Halle vielleicht einst geteilt hatten. Der Geruch wurde immer intensiver und schien aus einer Ecke der Halle zu kommen, wo zwei der schrägen Wände in einem spitzen Winkel zusammenstießen. Sie lag im Halbdunkel, aber Sariel konnte eine vage Bewegung ausmachen. Er verfluchte sich, dass er keine Fackel mitgenommen hatte, griff nach der Machete und näherte sich vorsichtig. Was immer sich dort in der Ecke bewegte, es ließ sich nicht stören. Als er sich langsam auf wenige Meter genähert hatte, hörte er das Fauchen.
    Das Fauchen, das er unter tausend Geräuschen wiedererkannt hätte. Das Fauchen des roten Katers.
    Er machte noch einen Schritt nach vorn, dann wurden seine Beine wackelig wie Pudding und er sackte einfach in die Knie. Vor ihm kauerte der rote Kater, nagte an einem erbeuteten Windstürmerküken und blinzelte ihn misstrauisch an.
    »Kurkuma!«, hauchte Sariel. Mehr brachte er nicht hervor. Kurkuma zögerte einen Moment. Schien zu überlegen. Dann ließ er fast widerwillig von dem Küken ab und lief Sariel entgegen. Das heißt, er lief nicht, er trottete gemächlich wie immer, ohne irgendeinen Grund zur Eile. Trottete einfach auf Sariel zu, um ihn zu begrüßen, und schnurrte dabei, als wäre er nur kurz weg gewesen. Nur mal eben kurz um die Ecke.
    Erst als er das rotbraune Fell des Katers berührte, glaubte Sariel, dass es keine Halluzination war. Es war Kurkuma, sein Kater, sein verlorener Freund. Wie auch immer er
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