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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter
Autoren: Iris Johansen
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hob die Schultern. »Aber ich kann nicht mein Leben lang das tun, was Mark will. Ich wollte nicht weg, bevor ich sicher war, dass du … ich war diejenige, die dich dazu gebracht hat, dich damit abzufinden, dass du eine Pandora bist. Ich hätte die Spontanheilung auch für mich behalten können. Nach allem, was mit Sienna passiert ist, wollte ich nicht, dass du dich für eine Art Frankenstein hältst.« Sie lächelte matt. »Ich habe mich entschieden, an die positiveren Mythen über Pandora zu glauben; dass sie nicht nur das Böse, sondern auch die Tugenden auf die Welt gebracht hat.«
    »Und damit hattest du recht. Ich musste davon erfahren. Ich durfte mich nicht länger selbst belügen.« Megan lehnte sich an das Geländer und schaute auf die Rasenflächen und Bäume. »Und du hast es nur gut gemeint. Ich wünschte nur, Harley … Du hast gesagt, dass er zurückkommen würde, aber er ist nicht da. Ich verstehe ihn einfach nicht.«
    »Weil er Angst hat, dass du ihn dazu bringst, immer nur zu geben – es liegt in deiner Natur. Es gibt nicht viele Menschen wie dich. Du hast Harley die Gabe geschenkt. Und es ist seine Entscheidung, ob er sie nutzen will.«
    »Ich wünschte, ich könnte mir selbst aussuchen, wem ich irgendwelche Gaben schenke. Was ist gut an einem Talent, das zum Wohle der Menschheit dienen könnte, wenn es an jemanden verschwendet wird, der es nicht beachtet?«
    Renata schüttelte den Kopf. »Die Chronik enthält Namen von Hunderten, die ihre Kräfte gebrauchen und missbrauchen. Du solltest sie eines Tages lesen.«
    »Als würdest du sie jemals aus der Hand geben.«
    »Du hast recht. Aber wer weiß?« Renata wandte sich ab. »Ich lasse es dich wissen, wenn es Neuigkeiten über Adia gibt. Leb wohl, Megan.«
    »Das genügt nicht.«
    Renata blieb stehen. »Was?«
    Megan ging zu ihr und nahm sie in die Arme. »Pass auf dich auf. Du wirst mir fehlen … Freundin.«
    Anfangs rührte Renata keinen Muskel, dann schlang sie für einen kurzen Moment die Arme um Megan und wich dann zurück. »Ja, du mir auch«, erwiderte sie unbeholfen.
    Megan sah ihr nach, als sie mit raschen Schritten das Atrium verließ. Ohne ihre lebhafte Präsenz wurde der Raum plötzlich ein wenig dunkler.
    Phillip.
    An ihm war gar nichts lebhaft, und er befand sich in einer dunklen Welt. Sie musste zu ihm.
     
    Sie zuckte zurück, als sie die Tür öffnete.
    Harley saß auf dem Besucherstuhl neben Phillips Bett. Er schaute auf, als sie hereinkam. »Hi, was gibt’s Neues?«
    Gütiger Gott, er benahm sich, als hätte sie ihn zufällig in einer Bar getroffen.
    »Nichts, verdammt.« Sie ging zum Bett und nahm Phillips Hand. »Ich hänge nur mit einem alten Freund herum.«
    Harley betrachtete schweigend Phillips Gesicht. »Vielleicht funktioniert es nicht, Megan. Es wirkt nicht immer.«
    Ihr Herz begann zu rasen. »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s ausprobiert. Anfangs hätte ich mich am liebsten in ein Loch verkrochen und alles vergessen. Dann beschloss ich, mir zu beweisen, dass ich ganz normal bin. Also habe ich mich als freiwilliger Pfleger im St. Jude’s in Memphis gemeldet.«
    »In der Kinderklinik?«
    »Ja, ich mag Kinder. Ich dachte, es würde nicht schaden, als freiwilliger Pfleger auf einer der Stationen zu arbeiten. Natürlich habe ich mich geirrt. Es tat weh. Es bricht einem das Herz, ein krankes Kind zu sehen.« Er schaute ihr in die Augen. »Meine Erfolgsquote lag bei zweiundachtzig Prozent. Allerdings kann ich nicht belegen, dass ich die Verbesserungen bewirkt habe. Ich konnte ja schlecht die Ärzte bitten, vorher und nachher Röntgenaufnahmen oder Tests zu machen. Auf keinen Fall wollte ich Verdacht erregen und irgendjemanden auf die Idee bringen, dass ich ein übersinnlicher Quacksalber bin, der sich an diesen Kindern zu schaffen macht.«
    »Um Gottes willen«, entgegnete sie.
    »Nun, den meisten von ihnen ging es merklich besser. Ich weiß sicher, dass sich bei einem kleinen Mädchen ein Tumor zurückgebildet hat. Sie sollte zwei Tage nach meiner Ankunft untersucht werden, und auf dem MRT war nichts mehr von einem Tumor zu sehen.« Er runzelte die Stirn. »Die Heilung scheint bei offenen Wunden besser voranzuschreiten als bei Krankheiten. Ich habe eine Nacht in der Notaufnahme gearbeitet, und die Quote stieg bis auf dreiundneunzig Prozent.«
    »Das ist ja wunderbar.«
    »Das denke ich nicht. Ich hasse es. Das wollte ich nie. Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man ein Kind heilen kann und das andere nicht?«
    Sie
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