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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter
Autoren: Iris Johansen
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ist der Bewahrer.«
    »Das heißt, es liegt an dir, seine Arbeit fortzuführen?«
    Renata nickte. »Ich werde es versuchen, aber das steht nicht ganz oben auf meiner Prioritätenliste. Wir können die Seiten nicht scannen, weil sie von verschiedenen Personen handgeschrieben sind, und die Schrift könnte undeutlich werden. Wir müssen jedes Mal, wenn wir einen Eintrag machen, die Festplatten vernichten, damit niemand mehr an die Daten herankommt. Der Software, die angeblich Festplatten vollkommen säubert, traue ich nicht. Und die Chronik umfasst nicht nur einen Band. Die Familie hat sich im Laufe der Jahrhunderte vergrößert. Und ich versichere dir, dass ich als Bewahrerin andere Dinge zu tun habe, als herumzusitzen und Daten in einen Computer einzugeben. Es genügt, dass ich die Einträge in die Original-Chronik machen muss.«
    »Das klingt, als wäre es ein Alptraum.« Megan musterte Renata. »Was, wenn du die echte Chronik in deinem Gepäck gehabt hättest? Hättest du sie als Köder benutzt?«
    »Nein. Ich würde gern sagen, dass ich es getan hätte, aber das wäre gelogen. Ich hätte es nicht gekonnt. Ich mag dich, aber ich wäre nie …«
    »Hör auf, dich zu quälen. Es ist okay, Renata«, sagte Megan. »Ich wollte dich nicht in die Enge drängen. Ich wusste immer, dass die Chronik absolute Priorität hat.«
    »Ich hätte eine andere Möglichkeit gefunden. Ich hätte nicht zugelassen, dass dich Molino …«
    »Du hast eine andere Möglichkeit gefunden.«
    »Aber ich dachte immer, jede Entscheidung die Chronik betreffend wäre einfach – schwarz oder weiß. Jetzt ist nichts mehr schwarz oder weiß.«
    »Gut.«
    »Nicht für mich. Es wird viel schwerer für mich. Und das ist deine Schuld. Du hast mich dazu gebracht, die Dinge in Frage zu stellen, an die ich mein Leben lang geglaubt habe.« Ihr Blick wanderte zu Phillip. »War es wirklich wert, dein Leben aufs Spiel zu setzen, wenn du ihn vielleicht nie wieder zurückbekommst?«
    »Ja – ich liebe Phillip.«
    Renata schüttelte den Kopf. »Das ist kein Grund. Nur ein Gefühl.«
    Megan lächelte. »Und du lässt dich nur von der Vernunft leiten, nicht von Gefühlen. Wenigstens versuchst du das. Aber du gerätst ins Straucheln, hab ich recht?«
    »Ich komme schon wieder in den gewohnten Tritt.« Sie durchquerte das Zimmer und stellte sich neben Megan. »Ich muss los. Mark hat mich angerufen und mir geraten, mich hier zu verdünnisieren. Inzwischen wissen zu viele, dass ich etwas mit der Chronik zu tun habe.«
    »Nur die CIA.«
    »Die CIA besteht aus vielen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, Ambitionen und eigenen Zielen.«
    »Und du traust ihnen nicht.«
    »Ich habe kein Recht, ihnen zu trauen. Die Chronik ist heute mehr Gefahren ausgesetzt als vor Jahrhunderten.«
    »Und sie muss beschützt werden.«
    »Verstehst du das nicht?«
    »Ich verstehe, dass du auch ein Recht auf ein eigenes Leben hast.«
    »Ich habe nicht vor, mein Leben aufzugeben. Ich muss lediglich ein paar Umstellungen vornehmen.« Sie machte eine Pause. »Genau wie du. Du bist eine Lauscherin. Immer wieder wirst du Stimmen hören und entscheiden müssen, ob du sie ignorierst oder hilfst wie in Edmunds Fall.«
    »Daran möchte ich jetzt lieber nicht denken.«
    Renata schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Dann denk darüber nach, dass du eine Pandora bist.«
    Megan schüttelte vehement den Kopf. »Ich habe dir gesagt, dass Molino irre war. Er wollte Sienna töten und hat ein Szenario konstruiert, das seinen Phantasien entsprach.«
    »Harley sagte, dass Molino schrecklichen Schiss hatte, als du ihm auf dem Felsen gedroht hast, ihn zu berühren.«
    »Das war die einzige Waffe, die ich hatte.« Sie lächelte traurig. »Und er war nicht bei Verstand. Es passte, dass er sich wegen seiner Einbildungen in den Tod stürzte. Und es war fast so, als hätte meine Mutter zu guter Letzt doch noch Rache genommen.«
    »Und du bist sicher, dass du dir in diesem Punkt nicht alles so zusammenreimst, wie es dir gefällt?«
    Megan erstarrte. »Ich denke praktisch und vernünftig. Gerade du solltest das zu schätzen wissen.«
    Renata kauerte sich neben Megans Stuhl. »Megan«, sagte sie leise. »Wir müssen reden.«
     
    Zwei Stunden später kam Grady auf den Landeplatz hinter Molinos Haus, als die Maschine mit Megan aufsetzte. »Was ist? Ich hab dir doch gesagt, dass ich zu dir komme, sobald ich …«
    »Sie konnte nicht warten.« Renata stieg vom Pilotensitz und sprang aus dem Helikopter. »Ich habe versucht,
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