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Pandaglueck

Pandaglueck

Titel: Pandaglueck
Autoren: Sophia Berg
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jetzt warten wir“, sagt der Tierarzt und verstaut sein Gewehr. Alle anwesenden Pfleger nehmen einen gewissen Sicherheitsabstand zu dem Zaun ein. Dr. Hulsenbeck hingegen ist die Ruhe selbst und bewegt sich kein Stück von dem Gitter weg.
    Nachdem Norbert endlich auf der Seite liegend eingeschlummert ist, betritt Dr. Hulsenbeck mit m ir im Schlepptau die Box. Ganz geheuer ist mir dir Sache nicht. Er kniet sich neben das Nashorn und überprüft Atmung und Herzschlag. Danach begutachtet er das entzündete Auge.
    „ Halb so schlimm …“, kommentiert er und bittet mich, ihm die Augentropfen aus dem Koffer zu reichen. Während er das Auge mit den Tropfen behandelt, sagt er zu den Nashornpflegern gewandt: „Er hat wahrscheinlich ein Stück Stroh in das Auge bekommen. Nicht zu verhindern, aber das Auge die nächsten Tage gut beobachten. Es sollte sich definitiv bessern.“ Er gibt mir die Augentropfen wieder. Ich lege sie zurück an die Stelle im Koffer, wo ich sie herhatte. „So Frau Berghausen. Wir haben das Nashorn in Narkose gelegt, daher werden wir die Chance nutzen und den allgemeinen Gesundheitszustand des Tieres überprüfen. Fangen Sie hinten an.“ Ist ja klar, dass ich hinten anfangen darf.
    Ich ziehe mir Latex-Handschuhe ü ber und hebe erst einmal Norberts Schwanz vorsichtig an. Ohne mit dem Gesicht zu nahe an seinen After heranzugehen, begutachte ich seinen Darmausgang. Es sieht so normal aus, wie es bei einem Hund auch sein sollte. Von daher gehe ich davon aus, dass alles in Ordnung ist. Ich lasse den Schwanz sinken und untersuche seine Zehen nach kleinen Verletzungen. Dr. Hulsenbeck ist gerade damit beschäftigt den Mund von Norbert abzutasten, als er sagt: „Das Antibiotikum muss noch verabreicht werden.“
    Ich blicke auf. „ Wie heißt es?“, frage ich und bin bereits auf dem Weg zu seiner Medikamenten-Box, die er mitgebracht hat.
    „ Baytril. Wirkstoff Enrofloxacin.“ Ich durchwühle den Koffer nach dem gewünschten Antibiotikum, kann es aber nicht finden.
    „ Es ist nicht hier …“, murmle ich. Dr. Hulsenbeck steht daraufhin abrupt auf und kommt zu mir herüber. Dann sucht er mit einem grimmigen Gesichtsausdruck selbst nach dem Medikament. Ich stehe nervös neben ihm und beobachte sein Handeln. Er kann das Antibiotikum nach zweimaligem Durchsehen seines Koffers ebenfalls nicht finden. Mit leicht rotem Kopf sagt er zu mir gewandt: „Ich muss es in der Zoopraxis vergessen haben. Gehen Sie es bitte holen.“
    „ Baytril, nicht?“, frage ich unsicher nach und ziehe mir die Handschuhe aus.
    „ Ich habe mein Telefon dabei. Wenn Sie es nicht finden, rufen Sie mich an. Meine Durchwahl ist die 06.“ Ich nicke und verschwinde aus dem Innengehege.
    Es lä uft gut! Es läuft richtig gut! Vielleicht werden Dr. Hulsenbeck und ich doch noch Freunde. Wer weiß …
    Ich komme keuchend in der Zoopraxis an und stelle mich vor die Medikamentenschrä nke. Ich öffne alle der Reihe nach und suche nach dem Antibiotikafach. Im dritten Schrank werde ich fündig. Nach einem kurzen Blick auf die einzelnen Glasflaschen finde ich das Baytril. Ich nehme den Glasbehälter vorsichtig vom Regalboden. Zur Sicherheit lese ich das Etikett noch mindestens zehnmal, um nicht das falsche Medikament zurück zu Dr. Hulsenbeck zu bringen. Ich atme tief durch und platziere das Glas in meiner linken Hand, während ich mich auf die Zehenspitzen stelle, um die Schranktür ordnungsgemäß zu verschließen. Ich habe den Schrank gerade verschlossen, als die Tür zur Praxis mit einem lauten Knall zu schlägt. Ich zucke vor Schreck zusammen. Dabei lasse ich die Glasflasche in meiner Hand los. Wie in Zeitlupe beobachte ich, wie die Flasche zu Boden fällt und mit einem geräuschvollen Krachen zu Bruch geht.
    O h nein!
    Ich stehe regungslos in dem Scherbenhaufen und halte mir verzweifelt die Hä nde an den Kopf. Diese blöde Tür! Was soll ich denn jetzt machen?!
    Verdammter Bockmist!
    Dr. Hulsenbeck wird mich umbringen!
    Meine größ te Sorge ist nicht, mein bevorstehender Tod, sondern Norbert. Ohne Antibiotikum bringt die ganze Augenbehandlung nichts! Ich sehe der Flüssigkeit zu, wie sie sich auf den Fliesen ausbreitet und eine große Lache um meine Gummistiefel herum bildet.
    Scheiß e! Lara, du dumme Kuh!
    Wieso muss so etw as immer mir passieren? Ich ziehe solche Situationen magisch an. Es würde mich wirklich überraschen, wenn ich im Leben ein Jahr erlebe, in dem mir keine einzige Katastrophe widerfährt. Dies wäre aber ein Ding
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