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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter
Autoren: Felix Timmermans
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Zuckerbohnen! Die drei Haimonskinder sind geboren!« »Ja, ja«, rief die verwirrte Charlot, und sie lief rasch hinunter. Aber sie kam gleich wieder herauf und rief hastig: »Schnell, schnell, der Herr Pastor is da! Zieht rasch jedem ein Hemdchen an.«
    »Nee, nee,« sagte der Pastor, der heraufkam, »ich will sie sehen, wie Gott sie Pallieter gegeben hat.«
    Und der Pastor schlug verwundert die Hände zusammen, und er wandte sich zu Pallieter um und sagte: »Glücklicher Traubenstock!« Und dann zu Mariechen: »Mädchen, Mädchen, Gott hat dich lieb.« Und er drückte ihnen die Hände, und als er den drei Kinderchen die Nottaufe gegeben hatte, schossen ihm die Tränen in die Augen.
    »Mach so weiter«, sagte er.
    »Das gelob ich Euch!« rief Pallieter.
    »Herr Pastor,« sagte Mariechen verlegen und rot werdend, »die Kinder müssen trinken...«
    »Ja, ja,« lachte der Pastor, »mach nur; wir haben das nicht mehr nötig, gelt, Pallieter, wir wollen euer Wohl trinken.« Und während sie unten Schaumwein genossen, brachte Mariechen ihre zwei dicken, weichen Brüste zum Vorschein und gab den zwei Pallieterkens die kostbare Muttermilch, während Pallieterinneke weiterschrie...
    Mit dem Dreispitz des Pastors auf seinem eigenen Kopf saß Pallieter mit dem Pastor bei der sechsten Flasche Schaumwein, zu Ehren der drei, die er gemacht hatte.

 
     
     

In die Welt hinaus
     
    Da stand der weiße Planwagen zur Abfahrt bereit. Beinah alle Beginen, die drei Blinden, viele Nonnen und der Pastor standen dabei und warteten, um den Bewohnern des ,Reinaert’ Lebewohl zu sagen. Während Mariechen mit ihren drei Kindern schon im Wagen saß und Charlot demütig auf die weisen Ratschläge des Pastors lauschte, holte Pallieter das Pferd, das auf der Wiese graste. Die gute, große Beiaard lief spielend nach dem Deich zu, als sie ihren Herrn sah, aber Pallieter holte sie ein und schwang sich auf den breiten Rücken. »O Netheland, du willst mich verführen zu bleiben, wie schön!« rief er, als sein Blick über die Landschaft ging. Es war nach dem Mittag, und es regnete einen langsamen, milden, zögernden Regen mit walnußgroßen Tropfen. Nur hier und da fiel einer, aber sie holten die süßesten Düfte aus dem Boden und aus dem Garten; und das Heu, das überall in den Wiesen gemäht und eingefahren wurde, beseelte mit seinem würzigen Geruch die ganze Gegend. Amseln und Meisen, Grasmücken und Finken, Spatzen und Bachstelzen ließen die Bäume vor Wollust singen; und mitten in dem Klingen dieser verschiedenen lärmenden Vogelkehlen flötete ruhig und stolz die königliche Nachtigall.
    Es war wie eine goldene Flöte, die in den Bäumen hing und jedesmal erklang, wenn ein Regentropfen darauf klopfte.
    Ein seliges Wohlgefühl lag über dem Land, eine süße Betäubung, die aus allen Dingen aufstieg.
    Der Himmel war tiefgrau; und blau lagen dort hinten die weiten Fernen, wie feiner Weihrauch.
    »Dahinter liegt die Welt!« rief Pallieter; und so stark war sein Verlangen nach dieser Bläue, daß er sich beeilte, um wegzukommen. »Spring auf! Wir fahren!« rief Pallieter Charlot zu, die noch mit ihrem letzten Heiligen aus dem Haus gelaufen kam. Charlot blieb betroffen stehen, die Scheidungsstunde überraschte sie, sie blickte ihre Freundinnen, die Beginen, an, die Nonnen und den Herrn Pastor, und dann stieß sie einen lauten Schrei aus, und die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Ach,« sagte sie schluchzend, »ich wär so gern Begine geworden, aber wo kämen dann die drei Lämmchen von Kindern hin, mit so einem jungen Mütterchen wie Mariechen; es muß doch jemand für sie sorgen, nich wahr?«
    »Ja!« nickten Beginen und Nonnen, von denen einige auch schon Tränen in den Augen hatten.
    »Du kannst immer noch hier bleiben«, rief Pallieter, der die letzte Schnalle an Beiaards Zaumzeug schloß.
    »Ach,« sagte der Pastor zu Mariechen, »es wird mir so schwer fallen, ohne den Vetter zu sein«; er schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Kommt,« tröstete Mariechen, »es wird schon nich so schlimm sein, und Franzoo is ja auch noch da.«
    »Es is Zeit!« jauchzte Pallieter der jammernden Charlot zu. »Auf den Wagen!« Und er schlug den mit Heu gefüllten Doppelsack über die Schulter.
    »Wart!« sagte der Pastor gerührt, und er gab Pallieter und Charlot ein Kreuzchen, hob sich auf die Zehen, um auch den Kindern, die Mariechen ihm hinreichte, eins zu geben; und als Mariechen ihm auch die Stirn geboten hatte, sagte er: »Junges Mütterchen, wir
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