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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter
Autoren: Felix Timmermans
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wollen hoffen, daß du einen ganzen Bienenkorb voll Kinder gebären mögest. Lebt wohl! Gott behüte euch!« Und dann drehte er sich um und fing an, laut in sein rotes Taschentuch zu schluchzen und zu weinen.
    Es gab eine ergreifende Stille, in der nur die vielfachen Schluchzer des Pastors und der Frauen sich hören ließen. Pallieter hätte auf die Dauer auch noch angefangen zu weinen, aber er rief lachend: »Wer geht mit? .. Ihr könnt vielleicht noch einen Chinesen heiraten, na wer? ..« Hier und da hörte man Lachen unter den Beginen, und der Pastor sagte für sich: »Immer derselbe.«
    »Niemand?« fragte Pallieter noch einmal. »Dann Schluß! Charlot werd ich mit einem Neger verheiraten, und dann können ihre Kinder Beginen werden, schwarze Beginen!« »Pallieter, Vetter, leb wohl!« sagte der Pastor, und sie küßten sich. »Trinkt ein Gläschen drauf!« rief Pallieter. »Ei: zwei!« sagte der Pastor. Lubas bellte vor Ungeduld. Und dort hinten lagen die blauen Fernen und die Welt! Pallieter lechzte danach und rief: »Hü!« trotz Charlot, die noch allen Beginen und Nonnen die Hand drücken wollte.
    Und da rollte der Wagen fort! Ein Kind fing an zu schreien, und Mariechen reichte ihm die volle, weiße Brust.
    »Ich geh mit! ich geh mit!« rief Charlot, sie ließ die Beginen stehen und lief, so schnell sie konnte, dem weiterfahrenden Wagen nach. Pallieter, der nebenher ging, schob sie hinauf, gegen ihr dickes Hinterteil drückend, und dann steckte sie den roten Kopf hinten aus der Plane heraus und nickte den Beginen zu, die dastanden und riefen und mit den Taschentüchern winkten. Die drei Blinden streckten ihre Stöcke nach einer verkehrten Richtung hin in die Luft. Der Pastor wehte mit dem Dreispitz, und Pallieter schnalzte mit der laut knallenden Peitsche. »In die Welt hinaus!« rief er, »in die Welt hinaus!«
    Und siehe, da kam Petrus der Storch aus der Luft heruntergesegelt und schritt hinter dem Wagen her.
    Pallieter brach in lautes Gelächter aus und wollte den Vogel streichelnd preisen für seine Tat, aber Petrus flog auf und setzte sich oben auf den weißen Planwagen und steckte den Schnabel nachdenklich in die Federn. Lubas lief bellend voraus.
    Und so fuhr der Wagen über den singenden Beginenwall, und es regnete lau und langsam.
    Franzoo und seine Frau erwarteten sie schon auf dem Mühlenberg. Da ließ Pallieter halten, und am Fuß des Wagens wurden erst noch zwei Flaschen alten Weins getrunken.
    »Ihr habt schönes Wetter,« sagte Franzoo, »der Regen ist ein Balsam.« Und Charlot ermahnte Pallieter: »Zieh doch deinen Rode an, dein Hemd is schon so naß wie Mist.«
    »Jeder Tropfen, der drauf fällt, is wie ein Mädchenkuß so süß«, sagte Pallieter, und er ließ sein weißes Hemd ruhig naß werden, es war eine Wohltat.
    »Aber wo geht ihr nun zuerst hin?« fragte Franzoo.
    »Dahin, wo mein Mützenschild hinzeigt«, sagte Pallieter, und er warf die Mütze in die Luft, die wieder hinfiel mit dem Schild nach Südosten.
    »In die Sonnengegend«, jauchzte Pallieter.
    »Und dann?« fragte Franzoo.
    Und Pallieter rief ihm singend zu: »Holland, Norwegen, Spanien, Eis- und Sonnenland, nach Java, drei Stunden über der Hölle, Schlaraffenland, Affen- und Hexenland, — Täler und Berge, immer der Nase nach! Vorwärts!« Petrus kroch in den Wagen, es wurden Küsse gegeben.
    »Komm her, Laubfrosch«, lachte Franzoo, und er überlud die dicke, sich sträubende Charlot mit hundert dicken, nassen Küssen.
    Wütend flüchtete Charlot in den Wagen und war rot bis in die Stirn vor Zorn.
    »Wir ziehen nach dem Osten!« rief Pallieter; und als Mariechen wieder im Wagen saß, rollte das Gespann auf der Landstraße, die sich durch Wiesen und Felder nach dem milden Süden schlängelte.
    Sie riefen und jauchzten einander zu, und zwei Minuten später standen Franzoo und seine Frau an einem der höchsten Mühlenfenster und winkten den Reisenden mit den Taschentüchern nach.
     
    Dort hinten lagen die blauen Fernen, dort hinten lag die Welt!
    Pallieter, der neben dem Gespann herging, mit dem blauen Doppelsack über der Schulter, war froh ergriffen davon. Nun hatte er die unendliche Welt vor sich, die da froh und offen lag, wie ein lockendes Paradies.
    Wiesen voll Mäher, umringt von Sensengebrumm, und Weiden reich an Kühen — darüber der perlgraue Himmel, der sich ausregnete in dicken, trägen Tropfen, die die duftende Seele der Erde heraufholten. Hähne krähten.
    Und hinter ihm lag das Netheland, wo er jahrelang
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