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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste
Autoren: Isabell Alberti
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unglaublichen Erlebnisse einer jungen Frau auf einer Zeitreise ins Venedig Tiepolos, dachte sie. Wie war das nur passiert? Noch immer hatte sie keine Erklärung dafür. Es wäre auch zu einfach. Wenn es sich so leicht erklären ließe, könnte sie die Reise wiederholen und zu Nicolò zurückkehren. Was er von ihr dachte? Vielleicht heiratete er nun Lucrezia Trebiso? Es wäre ihr lieber, ihn an ihrer Seite zu wissen als an der einer Unbekannten.
     
Über diesen Gedanken musste sie eingeschlafen sein, jedenfalls wurde sie vom Klingeln des Telefons wach. Wie eine Sirene fuhr es ihr durch Mark und Bein. Kerzengerade richtete Cecilia sich auf und wäre beinahe von dem schmalen Sofa gerutscht. Draußen war es inzwischen hell, und der Autoverkehr zu einem ununterbrochenen Brummen angeschwollen.
     
Sie stürzte zum Telefon. Hoffentlich legte der Anrufer nicht auf. Sie riss den Hörer von der Gabel.
     
»Pronto.« Ihre Stimme klang fremd in ihren Ohren.
     
Am anderen Ende waren nur Atemzüge zu hören. Offenbar hatte der Anrufer nicht damit gerechnet, sie zu erreichen.
     
»Wer ist da?«, fragte sie.
     
»Cecilia?«
     
»Nic – Stefano?«, berichtigte sie sich hastig. Stefanos Stimme am Telefon klang wie die des Venezianers. »Ich – du …«
     
»Cecilia, du bist da«, seine Stimme wurde fester, »nach drei Monaten gehst du ans Telefon, als wärst du nie fort gewesen.«
     
»Ich bin da.«
     
»Ich will dich sehen.«
     
Das wollte sie auch. Wenn es in dieser Zeit jemanden gab, an den sie sich anlehnen wollte, war es Stefano. Er würde sie verstehen.
     
»In einer Stunde bin ich bei dir.« Er ließ keinen Widerspruch zu, und gleichzeitig klang seine Stimme dunkel und verheißungsvoll.
     
Dann stand sie vor dem Kleiderschrank. Was war passend für ein Treffen mit ihrem Geliebten, nachdem sie sich drei Monate nicht gesehen hatten? Es waren so viele Röcke, Blusen, Tops, Hosen, Kleider. Bequeme Sachen, die sie ohne Hilfe einer Zofe anziehen konnte. Hellblaue Unterwäsche, ein winziger Tanga und ein BH, der ihren wohlgeformten Busen sanft nach oben drückte, darüber ein dunkelblaues Etuikleid mit einem V-Ausschnitt vorne und hinten.
     
Zu förmlich, dachte sie, als sie sich vor dem Spiegel drehte. Doch lieber einen Jeansrock und ein Top. Der Rock war weit und wadenlang – Madonna mia, das war vor fünf Jahren modern gewesen. Einst hatte sie diesen Rock geliebt, jetzt taugte er nur noch für die Altkleidersammlung. Ungeduldig streifte Cecilia ihn wieder von den Hüften und suchte weiter in den Tiefen ihres Kleiderschranks.
     
Ein Klingeln an der Wohnungstür unterbrach ihre Tätigkeit. Die Stunde war um – wie schnell sie vergangen war. An der Tür wurde Sturm geläutet, und jetzt schlug sogar jemand mit der Faust dagegen.
     
»Cecilia!«
     
»Ich komme sofort! Gleich!«
     
Nachdem sie so lange über ihre Garderobe nachgedacht hatte, zog sie jetzt das Erstbeste aus dem Schrank – eine olivgrüne Cargohose – und schlüpfte hinein.
     
*** Stefano stand vor der Tür, in sein übliches Schwarz gekleidet. Er hatte die Rechte erhoben und wollte gerade noch einmal gegen das Holz hämmern. Aus der Wohnung gegenüber lugte ihre Nachbarin durch den Türspalt. Sie war Witwe, über sechzig und trug eine Kittelschürze. Stefanos ungestümer Auftritt war wahrscheinlich der Höhepunkt ihres Tages.
     
Er ließ sie richtig auf ihre Kosten kommen, denn er stürmte grußlos an Cecilia vorbei, schaute in ihre Küche und ins Bad, verschwand dann im Schlafzimmer. Cecilia stand im Flur, sie schaute ihm sprachlos nach. Stefano kam aus dem Schlafzimmer zurück, er hielt das Korsett in Händen. Immer noch ohne ein Wort zu sagen, stürmte er ins Wohnzimmer. Sie folgte ihm.
     
Stefano spähte in jede Ecke. Endlich blieb er in der Mitte des Zimmers stehen und betrachtete sein Bild über der Couch.
     
»Du hast es aufgehängt?«
     
»Natürlich. Es ist mir das Liebste.«
     
»Ach, wirklich?«
     
»Stefano lass dir erklären …«
     
»Lass dir erklären«, äffte er sie nach. »Was gibt es da zu erklären.« Er schwenkte das Korsett. »Du hattest in der Zwischenzeit offenbar Verwendung dafür.«
     
Cecilia biss sich auf die Lippen. Das verdammte Ding, warum hatte sie es auf dem Boden liegen lassen?
     
»Dazu kannst du nichts sagen?«
     
»Es ist alles nicht so, wie du denkst.«
     
»Wonach sieht es denn aus?«
     
Er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie zu sich heran. Sein Griff war fest – unangenehm fest.
     
Die
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