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Ort der Angst (German Edition)

Ort der Angst (German Edition)

Titel: Ort der Angst (German Edition)
Autoren: Mala Wintar
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Steinplatte dort aus der Wand. Aber vorsichtig!“
    „Vorsichtig? Mit diesem Hammer? Sind Sie verrückt?“
    „Ich glaube, du solltest dich nicht auf Diskussionen einlassen!“, mahnte Oliver.
    „Du bist vielleicht kräftiger“, sagte der Unbekannte zu Robert. „Aber der da ist eindeutig der Schlauere von euch beiden!“
    Die Schläge des Hammers hallten durch den Raum und übertönten Annas Weinen. Oliver sah, wie ihre Schultern bebten. Sie tat ihm schrecklich leid! Fast so sehr wie Melanie, deren toter Körper in den Tiefen des unterirdischen Flusses verschwand, während ihr Blut von bizarren Kreaturen aufgenommen wurde. Wie viel Grauen konnte dieser Tag noch für sie alle bereithalten?
    Was wollte dieser Kerl überhaupt von ihnen? Hatten sie es mit einem Grabräuber zu tun, der sie missbrauchte, um seine schmutzige Arbeit zu tun?
    Der Dolch! schoss es Oliver durch den Kopf. Der andere beobachtete gebannt, wie das schwere Werkzeug gegen die Steinplatte krachte. Die Risse auf der Oberfläche wurden sichtbar tiefer. Für Oliver sah das nach einer guten Gelegenheit aus, sich die Waffe in seinem Rucksack zu holen. Der Beutel lehnte nicht einmal einen halben Meter entfernt an der Wand. Unauffällig rutschte er näher. Zentimeter für Zentimeter. Just in dem Moment, als er das Behältnis anstieß, setzte Robert den Hammer ab, zog sein Shirt über den Kopf und wischte sich damit den Schweiß vom Gesicht.
    Der Rucksack kippte. Die metallene Schließe klimperte leise. Der Fremde hörte es und stand auf.
    „Halt! Was machst du da?“ Ohne eine Antwort abzuwarten kam er blitzschnell näher und zerrte Anna hinterher. Sofort entdeckte er den Ranzen und nahm ihn an sich. Mit diesem blutverquollenen Gesicht und dem dreckigen Rasiermesser jagte der Typ Oliver eine Scheißangst ein. Wenn das der durchgeknallte Freak war, von dem Tlacaelel ihnen auf dem Weg hierher erzählt hatte, mussten sie mit dem Schlimmsten rechnen.
    Der Inhalt von Olivers Rucksack fiel in den Staub. Zwischen Getränkedosen, Moskitoschutz und Reisepflastern lag das Bündel. Der Mann wickelte es auseinander, wobei er ständig darauf achtete, alles im Blickfeld zu behalten.
    Olivers Herz pochte wie wild, als der Dolch zum Vorschein kam. „Der gehört mir nicht!“
    „Ich weiß! Und ich bezweifle, dass der Mann, der ihn zuvor an sich genommen hat, noch lebt!“
    „Ich habe niemanden umgebracht!“
    „Wer redet denn von dir? Trotzdem war es klug, den Dolch zurückzubringen. Es gibt nur einen, der ihn ungestraft sein Eigen nennen darf.“
    Der Typ ist total durch, dachte Oliver und beobachtete, wie der andere die kunstvolle Klinge studierte. Ehrfürchtig berührte er den Griff, der die Schneide hielt; er war in Form eines geöffneten Schlangenmauls gearbeitet. „Ja! Am Ende, wenn uns kein anderer Ausweg mehr bleibt, bereuen wir unsere Taten.“ Er klappte das Rasiermesser zusammen und steckte es in seine Hosentasche. „Diese Waffe ist weit mehr nach meinem Geschmack. Und du“, blaffte er Robert an. „Zurück an die Arbeit! Uns läuft die Zeit davon!“
    Am Rande der Erschöpfung angelangt, ließ Robert den Hammer noch immer gegen den Stein donnern. Seine Arme zitterten, glänzender Schweiß bedeckte seinen Oberkörper und rann ihm den Rücken herunter. Lange konnte er das nicht mehr durchhalten, auch wenn ihn die Furcht vor dem Verrückten zwang, sein Letztes zu geben.
    Dann endlich, die Platte zerbarst mit einem gewaltigen Krachen. Robert sprang zur Seite, um nicht von den Trümmern begraben zu werden. Der Boden erbebte. Eine Wolke aus Staub und Sand wirbelte durch die Luft. Oliver kniff reflexartig die Augen zusammen und spürte, wie ihm Dreck ins Gesicht spickte. Der Schmutz war überall und zwang fast alle, zu husten. Nur der Fremde konnte sich rechtzeitig mit dem Stoff seines Ärmels schützen.
    Oliver öffnete die Augen. Eine pudrige Schicht bedeckte ihn von Kopf bis Fuß. Es dauerte eine Weile, bis sich der Staub soweit legte, dass man wieder normal atmen konnte. Nur Anna musste noch immer niesen. Tränen liefen ihr in schmutzigen Bahnen über die Wangen.
    Dort, wo zuvor die Steinplatte gestanden hatte, gähnte jetzt ein riesiges Loch. Was sich dort verbarg, konnte Oliver nicht erkennen. Dafür reichte das Licht nicht aus.
    Die Aufregung stand dem Fremden ins Gesicht geschrieben. „Los, leg den Hammer weg und sieh nach!“
    Die Lampe vor sich haltend trat Robert zögerlich auf die Öffnung zu, ging aber umgehend wieder zurück und hielt sich
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