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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod
Autoren: Alafair Burke
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zu. Ihre Zunge schwoll an. Nachdem er sie ganz auf den Betonboden gezwungen hatte, legte er seinen Kopf neben ihren und starrte sie an.
    Ich kenne dich.
    Amy hörte die Worte im Geiste, konnte sie aber nicht aussprechen. Sie wusste, dass sie nie wieder Luft holen würde. Als sie schließlich aufgab, schmeckte sie Blut, Galle und Barbera d’Asti. Es war der Geschmack des Todes.
    Mit einer behandschuhten Hand schob der Mörder ein Stück Papier in Amys Manteltasche. Der verwirrte, panische Ausdruck, den ihre Züge in den letzten Sekunden angenommen hatten, erfüllte ihn mit tiefer Zufriedenheit. Ein Ausdruck des Wiedererkennens. Ein Ausdruck des tiefen Bedauerns. Genau so hatte er es haben wollen. Ob es bei den anderen auch so einfach sein würde? Wie viele noch, bis sie es begriffen?
     

2
    Detective Ellie Hatcher war sicher, dass an der Geschichte des Opfers irgendwas nicht stimmte. Seit einer Viertelstunde saß sie in einem Verhörraum des Reviers Midtown North vom New York Police Department und befasste sich mit der Aussage des Mannes. Noch hielt er an seiner falschen Geschichte fest, aber sie wusste, dass sie nahe dran war.
    Jetzt kündigte allerdings ein lautes Klopfen an der Tür ein anderes Problem an. Sie wandte sich um und erblickte die riesige Gestalt ihres Lieutenants Randy Jenkins im Türrahmen. Er ließ sein markantes Kinn kurz nach oben rucken.
    »Hatcher, ich habe was mit Ihnen zu besprechen.«
    »Bin gleich da, Chef.«
    »’n bisschen plötzlich.«
    »Fünf Minuten«, sagte Ellie. Sie warf einen Blick auf den Mann, der ihr am Tisch gegenüber saß. Er hielt sich noch immer den Eisbeutel an den Kopf. »Wir sind hier so gut wie fertig.«
    »Fünf Minuten«, bekräftigte Jenkins und schloss die Tür.
    »Die haben Ihnen ganz schön eine verpasst, was, Mr. Pandey?«
    »Sie haben bestimmt schon ganz andere Sachen gesehen.«
    »Nicht so viele. Ich bin noch ziemlich neu hier.« Ellie lächelte, senkte dann aber schnell den Kopf und vertiefte sich angelegentlich in ihre Notizen. »Hm, können Sie den Ablauf noch mal beschreiben? Nur damit ich sicher sein kann, dass ich nichts übersehen habe?«
    Samir Pandey erzählte seine Geschichte zum dritten Mal an diesem Vormittag, und Ellie hörte genau zu, um den Fehler zu finden. Mietwagenchauffeure wurden so gut wie nie ausgeraubt – mit Taxis, in denen grundsätzlich bar gezahlt wurde und die praktisch für jeden hielten, hatten es die bösen Jungs viel leichter. Pandeys Behauptung, aus dem Nichts sei plötzlich ein maskierter Mann aufgetaucht, habe eine Hintertür aufgerissen und ihm um sechs Uhr morgens auf dem West Side Highway eins übergezogen, klang genauso überzeugend und originell wie: »Ich weiß nicht. Ein Schwarzer war’s.«
    »Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Mr. Pandey.«
    Sich dem wachsamen Blick des Verdächtigen zu entziehen, half Ellie immer, sich zu sammeln. Sie ging in dem schmalen Flur, an dem die Verhörräume lagen, auf und ab und drehte im Geiste die Tatsachen noch einmal hin und her. Die zuständige Sachbearbeiterin der Autovermietung hatte ausgesagt, dass Pandey seine letzte planmäßige Fahrt um fünf Uhr morgens am Marriott am Times Square angetreten und die Kundin eine halbe Stunde später an ihrer Wohnung in der Bronx abgesetzt hatte. Seine Rückkehr hatte sich verzögert, und gegen Viertel nach sechs hatte er angerufen und, noch ziemlich mitgenommen, berichtet, dass er auf der Fahrt zurück in die Stadt überfallen und ausgeraubt worden sei. Ihm fehlten nur die fünfzig Dollar von dieser letzten Fahrt. Hätte er die aber einfach behalten wollen, hätte er sich selbst einen Schlag verpassen müssen. Ellie hatte die Beule gesehen. Die hatte er nicht erfunden.
    Sie warf einen Blick auf die altmodische runde Uhr, die an der Stirnseite des Flurs hing, und überlegte, was sie tun sollte. Was ihr Ausbilder in der Probezeit ihr geraten hätte, wusste sie. Er hätte gesagt, sie könne sich jede weitere Mühe sparen, denn so funktioniere das System nun mal: Ein Angestellter klaut Geld und behauptet, er sei überfallen worden. Der Arbeitgeber benutzt das Polizeirevier als Lügendetektor, indem er verlangt, dass die Sache angezeigt und ein Bericht geschrieben wird. In manchen Fällen knickt der Angestellte ein und zieht die Anzeige zurück, weil er fürchtet, wegen Falschaussage belangt zu werden. Die meisten aber lassen sich nicht von ihrem Chef einschüchtern, denn sie wissen, dass die Cops viel zu viel zu tun haben, um einen
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