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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod
Autoren: Alafair Burke
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– den Mann, der ihn vielleicht getötet hatte. Sie war allenfalls eine Nebenfigur gewesen, die das Ganze menschlich anrührend machen sollte, die Tochter, die in die Fußstapfen ihres Vaters trat, die fest an ihn glaubte …
    Doch sie nickte nur. Ein Detective der Mordkommission hatte etwas über sie gelesen und war der Ansicht, sie könne ihm helfen. Zwei tote Frauen, und sie sollte den Fall mit untersuchen. Dafür fiel ihr nur eine Begründung ein: Bei den Opfern handelte es sich um berufstätige junge Frauen, und die Kollegen brauchten einen Köder. Unvermittelt sah sie sich in einem pailettenbesetzten trägerlosen Top und Caprihose die Penn Station durchqueren.
    Als Streifenpolizistin hatte sie es vermeiden können, als Köder eingesetzt zu werden, obwohl ihre männlichen Kollegen immer wieder gern darauf hingewiesen hatten, dass sie dafür bestens geeignet sei. Sie war dreißig, bekam jedoch häufig gesagt, dass sie jünger aussähe. Sie hatte dickes, schulterlanges dunkelblondes Haar und tiefblaue Augen. Ihre eins fünfundsechzig waren wohlgeformt und dank Kickboxen und leichtem Hanteltraining um einige Muskeln angereichert. Ungeachtet ihres derzeitigen Jobs schien sich hier in New York niemand zu wundern, wenn sie verlegen zugab, als Teenie einmal bei einer Junior-Miss-Wichita-Wahl Zweite gewesen zu sein. Nicht nur einmal hatte sie zu hören bekommen, sie sei ein echter »Midwest-Knaller«. Aus irgendeinem Grund spielte dieser regionale Aspekt immer eine Rolle.
    Ein trägerloses Top würde sie jedenfalls nicht anziehen. Spaghettiträger mussten genügen.
    Jenkins’ Ratschläge waren anderer Art. »Es wird sicher Ärger geben. McIlroy kann gut mit den Oberen, aber seine eigenen Leute, die in seiner Abteilung, werden sich nicht gerade freuen.«
    »Nach dem, was ich über den Fall mit der Psychiaterin gelesen habe, ist er ziemlich klug. Vielleicht reicht das, um mich zu schützen.«
    Ellie erinnerte sich noch gut an die Zeitungsberichte. Die zuständigen Detectives hatten sich zunächst auf die Bauarbeiter konzentriert, weil die Zugang zu der zeitweilig unbewohnten Etage des Hauses hatten. McIlroy dagegen war die Tatsache aufgefallen, dass der Mord im achten Stockwerk begangen worden war und das Opfer achtundachtzig Messerstiche hatte. Er hatte sich die Fotos vom blutverschmierten Tatort so lange angeschaut, bis er sicher gewesen war, dass die Spuren eine Reihe von Achten ergaben. Die anderen von der Mordkommission hatten das Ganze lediglich für eine weitere verrückte McIlroy-Theorie gehalten, aber McIlroy hatte die Obdachlosenasyle der Gegend abgeklappert und einen Schizophrenen aufgetan, der zwei Jahre zuvor vom Opfer medikamentös behandelt worden war. Ohne seine Pillen war der Mann dann durch die Straßen der Upper West Side gewandert und hatte unaufhörlich etwas über die Zahl acht vor sich hin gemurmelt.
    Jenkins fuhr sich über seinen Stoppelschädel. »Manche würden sagen, er hatte einfach Glück. Und dass es schlechter Stil war, sich in einen Fall einzumischen, an dem ein anderes Team dran war. Richtig sauer waren die Leute jedenfalls über die Pressemitteilungen, die rausgegangen sind. Da wurde McIlroy als einsamer Held hingestellt.«
    »Und wir wissen, wie das angekommen ist.« Ellie dachte an die McIl-Mulder-Sprüche, die sie aus dem Mund älterer Kollegen gehört hatte. Es war nicht klar, was die Leute mehr aufregte: seine vermeintlich halb garen Theorien oder die Tatsache, dass die Presse zufälligerweise immer über seine jeweiligen Ermittlungen auf dem neuesten Stand war.
    Jenkins zuckte die Achseln. »Er ist nach wie vor der Liebling dort, jedenfalls bei den Oberen. Aber er hat auch einen bestimmten Ruf – scheint, als wüssten Sie davon. Ich könnte sagen, ich brauche Sie hier. Noch kann ich über meine Leute verfügen.«
    »Nein, Sir. Wenn ich dort aushelfen und dann wieder herkommen könnte, wäre mir das am liebsten.«
    »War mir klar, dass Sie das sagen würden.« Er schob ihr einen Zettel hin, auf den er McIlroys Namen und eine Adresse gekritzelt hatte. Sein Kiefer sagte nichts mehr. Ellie nahm das als Ausdruck von etwas, das Jenkins nie ausgesprochen hätte – dass er besorgt gewesen war, ob sie den Schwierigkeiten, die mit der Abordnung einhergingen, gewachsen sein würde, und dass er diese Sorge nun nicht mehr hatte.
    Sie brauchte zehn Minuten und einen Karton, um ihren Schreibtisch zu räumen, und der Karton war anschließend gerade einmal halb voll. Ein Foto von ihrer Mutter,
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