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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Zeitpunkt, als man ihren Mann auf rohe Weise seinem verständnisvollen Brotgeber entriß und wieder unter die eiserne Fuchtel seines legalen Eigentümers brachte.
    Der Fabrikant hatte Wort gehalten und Mr. Harris ungefähr zwei Wochen nach Georgs Weggang aufgesucht. Er hatte gehofft, der Sturm habe sich gelegt und er könne nun unter Aufbietung aller günstigen Angebote Georg seinem alten Arbeitsfeld wieder zuführen.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte der Farmer mit verdrossener Miene, »dies ist meine eigene Angelegenheit.«
    »Ich hatte nicht die Absicht, mich einzumischen, ich dachte, es läge in Ihrem eigenen Interesse, uns den Mann zu den vorgeschlagenen Bedingungen zurückzugeben.«
    »Oh, ich weiß, wo das hinausläuft. Ich habe wohl gesehen, wie Sie miteinander tuschelten, damals, als ich ihn mitnahm. Aber ich lasse mich nicht übers Ohr hauen. Wir leben in einem freien Lande – der Mann gehört mir, und ich kann mit ihm tun und lassen, was ich will – und damit basta.«
    Damit war Georgs letzte Hoffnung dahin. Ein Leben voller Plage und Mühsal war alles, was er vor sich sah, erschwert durch die kleinlichen Schikanen, die nur eine niedrige Tyrannei ersinnen kann.
    Ein sehr humaner Jurist hat einmal behauptet, das Schlimmste, was man einem Menschen antun könne, sei, ihn aufzuhängen. Weit gefehlt. Es gibt noch Schlimmeres, was man ihm antun kann.

3. Kapitel
    Der Ehemann und Vater
    Mrs. Shelby war ausgefahren, und Eliza stand ein wenig niedergeschlagen in der Veranda und sah dem fortrollenden Wagen nach, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Sie fuhr herum, und alsbald leuchteten ihre schönen Augen auf.
    »Ach, Georg, du bist es? Wie hast du mich erschreckt! Aber ich bin froh, daß du gekommen bist. Die gnädige Frau ist für den Nachmittag weggefahren. Komm mit auf mein Zimmer, da sind wir ungestört.«
    Mit diesen Worten zog sie ihn in ein hübsches kleines Zimmer, das auf die Veranda mündete, wo sie gewöhnlich in Hörweite ihrer Herrin mit einer Näharbeit beschäftigt saß.
    »Wie froh ich bin! Lach doch ein bißchen! Sieh den Harry! Ist er nicht ein schöner Kerl?« fragte Eliza, eine Locke hochhebend und ihn küssend.
    »Ich wollte, er wäre nie geboren«, erwiderte Georg voll Bitterkeit. »Ich wollte, ich wäre auch nie geboren.«
    Erschrocken und ganz überrascht setzte sich Eliza nieder, und den Kopf an die Schulter ihres Mannes gelehnt, brach sie in Tränen aus.
    »Aber, aber, Eliza, armes Mädchen, ich bin ein schlechter Kerl, dir das anzutun«, sagte er liebevoll. »Ach, ich wollte, wir hätten uns nie gesehen, dann wärst du glücklicher geworden.«
    »O Georg, wie kannst du nur so reden. Was ist denn nur Schreckliches geschehen, oder was wird geschehen? Ich weiß, bis vor kurzem sind wir sehr glücklich gewesen.«
    »Das stimmt, Mädchen«, antwortete Georg. Nachdem er das Kind auf seine Knie gezogen, blickte er aufmerksam in seine dunklen Glutaugen und glitt mit der Hand über seine langen Locken.
    »Er ist genau wie du, Eliza. Du bist das schönste Weib, das ich je gesehen habe, und die Beste, die mir je begegnete. Ach, und doch wünsche ich, wir hätten uns nie gesehen!«
    »O Georg, wie kannst du nur!«
    »Ja, Eliza, es ist ein Elend, ein einziges Elend. Mein Leben ist bitter wie Wermut. Aller Mut hat mich verlassen. Ich bin nur noch ein armer, elender, verlassener Arbeitsgaul. Ich werde dich nur mit mir hinunterziehen, nichts weiter. Wozu mühen wir uns, wozu lernen wir und wollen vorankommen? Wozu leben wir überhaupt? Ich wollte, ich wäre tot!«
    »Halt ein, Georg, versündige dich nicht. Ich weiß, wie sehr du dich grämst, daß du die Stelle in der Fabrik verloren hast, und wie grausam dein Herr ist. Aber ich bitte dich, habe Geduld, vielleicht wird bald etwas …«
    »Geduld?« sagte er, sie unterbrechend, »habe ich nicht Geduld gehabt? Habe ich nicht geschwiegen, als er kam und mich dort wegholte, aus keinem ersichtlichen Grunde, wo ich mich so wohl fühlte? Ich habe ihm ehrlich jeden Pfennig abgeliefert, den ich verdiente, und alle sagten, daß ich fleißig war.«
    »Ach, es ist furchtbar. Aber schließlich, mußt du bedenken, ist er dein Herr.«
    »Mein Herr! Wer hat ihn zu meinem Herrn gemacht? Darüber denke ich die ganze Zeit nach. Welches Recht hat er auf mich? Ich bin ein Mensch, so gut wie er. Ich bin ein besserer Mensch als er. Ich verstehe viel mehr vom Geschäft. Ich bin ein besserer Verwalter. Ich kann besser lesen als er, ich habe eine bessere
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