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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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alles, dann riß er sich los, und sie blieb weinend zurück.

4. Kapitel
    Ein Abend in Onkel Toms Hütte
    Onkel Toms Hütte war ein kleines Blockhäuschen neben dem ›Hause‹, wie die Neger die herrschaftliche Wohnung allgemein bezeichnen. An seine Vorderfront grenzte ein sauberes Stück Garten, wo jeden Sommer Erdbeeren, Himbeeren und manche andere Früchte und Gemüsearten unter sorgfältiger Pflege gediehen. An der Vorderseite der Hütte wucherten eine rote Begonie und eine einheimische Heckenrose, die so ineinander verwachsen waren, daß sie kaum eine Spur von den rohen Balken freiließen. Ferner wuchsen hier im Sommer in bunter Eintracht viele einjährige Pflanzen, Ringelblumen, Petunien und Löwenmäulchen, die unbekümmert und so recht zur Freude und Genugtuung von Tante Chloe ihren Glanz entfalten konnten.
    Betreten wir also das Häuschen. Die Abendmahlzeit im Herrenhause war vorbei, und Tante Chloe, die als erste Köchin alle Vorbereitungen überwachte, hatte untergeordneten Kräften das Geschäft des Spülens und Aufräumens überlassen, um nun im eigenen blitzblanken Heim ihrem Alten das Abendbrot zu richten. In höchsteigener Person steht sie dort am Feuer und beobachtet voll Spannung und Interesse, wie es dort in der Pfanne brutzelt, oder sie lüftet mit heiligem Ernst den Deckel einer Kuchenform, deren Dämpfe zweifellos etwas Gutes verheißen. Sie hat ein rundes, schwarzes, glänzendes Gesicht, so glänzend, daß man denken könnte, sie habe es mit Eiweiß glasiert wie ihre leckeren Obsttörtchen. Unter dem gutgestärkten karierten Turban strahlt ihr fettes Gesicht vor Zufriedenheit und Genugtuung, ja wir müssen gestehen, ein Zug von Selbstbewußtsein findet sich auch darin, wie es sich für die erste Köchin der Umgegend gehört, als welche sie allgemein gilt und auch zu gelten beansprucht.
    Da gab es im ganzen Hühnerhof kein Huhn, keinen Truthahn und keine Ente, die bei ihrem Anblick nicht nachdenklich wurden und angstvoll ihr letztes Stündlein nahen fühlten. Denn ihr ganzes Trachten war so sehr auf Schlachten, Füllen und Braten gerichtet, daß es jedes empfindsame Gefühl in Angst und Schrecken versetzen mußte. Ihr Maiskuchen in allen Formen seiner Abwandlung, wie Waffeln, Hörnchen und Plinsen, war allen Uneingeweihten ein heiliges Geheimnis. Ihr fetter Leib bog sich vor stolzer Heiterkeit, wenn sie von den vergeblichen Anstrengungen berichtete, die man in der Konkurrenz nicht gescheut hatte, um den Stand ihrer Vollkommenheit zu erreichen. Erwartete man ›im Hause‹ Gäste, waren Mittags- oder Abendtafeln besonders festlich zu richten, dann erwachten ihre Lebensgeister, dann war sie in ihrem Element. Kein Anblick war ihr mehr willkommen, als ein Stapel Reisekoffer, der sich in der Veranda türmte, dann witterte sie heiße Küchenschlachten und neue Triumphe.
    Gegenwärtig jedoch ist sie vertieft in den Anblick ihrer dampfenden Kuchenform, bei welcher Beschäftigung wir sie getrost belassen können, um so lange die Hütte zu betrachten.
    In einer Ecke stand ein Paradebett, sauber, mit einer schneeweißen Decke überzogen, davor lag ein Teppich von beachtlicher Größe. Auf diesen Teppich war Tante Chloe mächtig stolz, er gehörte zu einem vornehmen Leben, deshalb pflegte und hütete sie ihn, und auch das Bett, das er schmückte, ja die ganze Ecke, wie ihren Augapfel und wehrte dem Toben und Tollen des jungen Volkes, das hier nichts berühren durfte. Denn diese Ecke war der Salon der Hütte. In der anderen Ecke hingegen stand ein Bett von viel bescheidenerem Ausmaß, offensichtlich zum Gebrauch bestimmt. Über dem Kamin hingen herrliche Bilder aus der Heiligen Schrift, neben einem Porträt des Generals Washington, so erstaunlich gezeichnet und gemalt, daß es den Helden, hätte er es je zu Gesicht bekommen, bestimmt höchlichst belustigt hätte.
    Auf einer einfachen Holzbank in der dritten Ecke unterhielten sich ein paar wollköpfige Jungen mit funkelnden schwarzen Augen und fettglänzenden Wangen damit, die ersten Gehversuche der Jüngsten zu überwachen, die, wie das zu sein pflegt, nur darin bestanden, daß das Baby sich aufrichtete, einen Augenblick balancierte, um dann wieder hinzufallen, wobei die Lausbuben jeden einzelnen Vorgang weidlich bewunderten.
    Den Tisch, der sich etwas mühsam auf den Beinen hielt, hatte man vor dem Kaminfeuer aufgestellt. Auf dem Tischtuch prangten Tassen und Teller in schreiendem Muster, anscheinend sollte die Mahlzeit alsbald beginnen. An diesem Tisch
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