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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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verkaufen. Tatsache ist, ich trenne mich nicht gern von meinen Leuten.«
    Da ging die Tür auf, und ein kleiner Quadrone, vier- oder fünfjährig, trat ins Zimmer. Er war ein auffallend schönes und anziehendes Kind. Sein schwarzes Haar, fein wie gesponnene Seide, umrahmte in glänzenden Locken sein rundes Grübchengesicht, während seine großen, dunklen Augen voll Feuer und Sanftmut unter dichten langen Wimpern neugierig in die Stube blickten. Ein lustiger Kittel, rot und gelb kariert, gut geschnitten und hübsch gearbeitet, betonte vorteilhaft den dunklen Stil seiner aparten Schönheit. Und eine gewisse komische Mischung von Keckheit und Schüchternheit bekundete, daß er gewohnt war, von seinem Herrn verhätschelt und beachtet zu werden.
    »Hallo, Dreikäsehoch«, sagte Mr. Shelby und warf ihm pfeifend eine Weintraube zu, »da, fang auf.«
    Das Kind lief mit eiligen Beinchen nach der verlockenden Gabe. Sein Herr lachte.
    »Komm her, du Racker«, rief er. Das Kind kam herbei, und Mr. Shelby streichelte ihm den Lockenkopf und klopfte ihm die Wange. »Na, nun zeig einmal, wie du singen und tanzen kannst.« Und schon stimmte das Kind mit voller klarer Stimme einen jener wilden, grotesken Negergesänge an, wobei es sich selbst in genauem Takt mit der Musik und vielen komischen Gesten der Hände und Füße begleitete.
    »Bravo«, sagte Haley und warf ihm das Viertel einer Orange zu. »Und jetzt geh einmal wie der alte Onkel Cudjoe, wenn er Rheumatismus hat«, rief sein Herr. Sogleich verzerrten sich die biegsamen Glieder des Kindes, und es humpelte mit gekrümmtem Rücken, auf den Stock seines Herrn gestützt, durchs Zimmer, das kindliche Gesicht schmerzlich verzogen, rechts und links ausspuckend, ganz wie der alte Mann.
    Beide Herren mußten schallend lachen.
    »Na, du Schlingel, nun zeig noch, wie der alte Vater Robbin den Psalm anstimmt.« Der Junge zog sein pausbäckiges Gesicht entsetzlich in die Länge und begann, mit unerschütterlichem Ernst eine Psalmmelodie durch die Nase zu intonieren.
    »Hurra, bravo! Welch ein Rübchen!« sagte Haley. »Aus dem wird was, das prophezeie ich. Ich schlage Ihnen etwas vor«, erklärte er plötzlich und schlug Mr. Shelby auf die Schulter. »Geben Sie das Kerlchen drauf, und das Geschäft ist gemacht. Los, willigen Sie ein, dann ist alles erledigt.«
    In diesem Augenblick ging die Tür geräuschlos auf und eine junge, ungefähr 25 Jahre alte Quadronenfrau trat herein.
    Man brauchte nur einen Blick von dem Kind auf sie zu werfen, um zu erkennen, daß sie die Mutter war. Sie hatte dieselben schönen, großen, dunklen Augen mit den langen Wimpern, dasselbe seidig gewellte, schwarze Haar. Der braune Ton ihrer Haut vertiefte sich auf den Wangen zu einem sichtbaren Rot, als sie den Blick des fremden Mannes in unverhohlener Bewunderung auf sich gerichtet fühlte. Ihr Kleid war von feinstem Schnitt und brachte ihre Gestalt vorteilhaft zur Geltung, eine zartgegliederte Hand, ein schmaler Fuß und schlanke Fesseln waren Einzelheiten, die dem scharfen Auge des Händlers nicht entgingen, da er gewöhnt war, mit schnellem Blick die Vorzüge einer guten, weiblichen Ware zu taxieren.
    »Nun, Eliza?« fragte ihr Herr, als sie stehenblieb und ihn zögernd anblickte.
    »Verzeihen Sie, gnädiger Herr, ich suchte Harry«, und schon lief das Kind auf sie zu und zeigte ihr die Früchte, die es in seinem Kittelchen gesammelt hatte.
    »Da, nimm ihn nur mit«, sagte Mr. Shelby, und eilig entfernte sie sich mit dem Kind auf dem Arm.
    »Donnerwetter«, rief der Händler voller Bewunderung, »das ist die richtige Ware! Mit diesem Mädchen könnten Sie sich jeden Tag ein Vermögen in Orleans verdienen. Ich habe es seinerzeit erlebt, wie man über tausend Dollar zahlte für Mädchen, die nicht die Spur hübscher waren.«
    »Ich habe gar kein Verlangen, mir ein Vermögen zu verdienen«, sagte Mr. Shelby trocken; und um der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben, entkorkte er eine neue Flasche Wein und fragte seinen Besucher, was er von diesem halte.
    »Großartig, erstklassig«, lobte der Händler. Dann klopfte er Mr. Shelby vertraulich auf die Schulter und fügte hinzu: »Hören Sie, für wieviel träten Sie das Mädchen ab? Was soll ich bieten? Was verlangen Sie?«
    »Mr. Haley, sie ist nicht zu verkaufen. Meine Frau würde sie nicht hergeben, auch nicht, wenn Sie sie in Gold aufwiegen.«
    »Ach, hören Sie auf! Das behaupten Frauen immer, weil sie keinen Geschäftssinn haben. Man zeige ihnen mal, was so
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