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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Shelby.
    »Wahrscheinlich nicht. Ihr in Kentucky verzieht eure Nigger. Ihr meint es gut mit ihnen. Aber schließlich tut ihr ihnen keinen Gefallen. Sehen Sie, ein Nigger, der in der Welt herumgeschubst und schließlich an Hinz und Kunz verkauft wird, erwartet keine Freundlichkeit und keine Gefühle. Wird er aber gut gehalten, dann trifft ihn später der rauhe Wind um so härter. Ich behaupte, eure Nigger sind völlig aufgeschmissen auf einer Stelle, wo die Plantagennigger wie die Besessenen noch singen und springen würden. Wissen Sie, Mr. Shelby, jedermann hält seine Methode für die richtige, und ich, behaupte ich, behandle die Nigger, wie man sie behandeln muß.«
    »Es ist ein schönes Ding um die eigene Zufriedenheit«, sagte Mr. Shelby mit einem leichten Achselzucken und einem deutlichen Ausdruck inneren Unbehagens.
    »Also«, fing Haley wieder an, nachdem sie eine Weile schweigend ihre Nüsse geknackt hatten, »was sagen Sie?«
    »Ich werde mir die Sache überlegen und mit meiner Frau reden«, erwiderte Mr. Shelby. »So lange aber, Haley, wenn Sie die Dinge im stillen erledigen wollen, wie Sie sagen, schweigen Sie am besten von Ihrem Geschäft in der Nachbarschaft. Sonst erfahren es meine Jungens, und dann wird es nicht gerade ein stilles Geschäft, einen meiner Leute mitzunehmen, das garantiere ich Ihnen.«
    »O gewiß! Natürlich! Auf alle Fälle! Aber ich muß Ihnen sagen, es eilt mir; sobald es geht, lassen Sie mich wissen, womit ich zu rechnen habe.« Er stand auf und zog sich seinen Mantel an.
    »Schön. Dann kommen Sie heute abend zwischen 6 und 7 Uhr vorbei, dann sollen Sie meine Antwort haben«, sagte Mr. Shelby, und der Händler verließ den Raum unter tiefen Bücklingen.
    »Ich wollte, ich hätte den Kerl die Treppe hinunterwerfen können«, sprach Mr. Shelby zu sich selbst, als er sah, daß die Tür sich schloß. »Er hatte eine unverschämte Sicherheit, er weiß, daß er mich in der Zange hat. Wenn mir einer gesagt hätte, daß ich Tom eines Tages an einen dieser gemeinen Händler in den Süden verkaufen würde, hätte ich geantwortet: Ist dein Diener ein Hund, daß du ihn so behandelst? Und nun habe ich keinen anderen Ausweg; und Elizas Kind noch obendrein! Ich weiß, da werde ich mit meiner Frau noch manchen Strauß auszufechten haben. Auch wegen Tom noch. Das kommt von den Schulden – zum Teufel. Der Bursche kennt seinen Vorteil und will ihn wahrnehmen.«
    In Kentucky gab es gewiß die mildeste Form der Sklaverei. Während in südlichen Landstrichen die Bestellung der Felder unter dem jähen Wechsel der Jahreszeiten immer im Zeichen drängender Eile vor sich ging, gestatteten es hier die landwirtschaftlichen Verhältnisse dem Neger, bei einem gemäßigten Klima seiner Arbeit ruhig und stetig nachzugehen. Auch lebte er gesünder und vernünftiger. Sein Herr aber war zufrieden mit dem regelmäßigen Ertrag seiner Felder und kam nicht in Versuchung, zugunsten eines plötzlichen und schwindelnden Gewinns in Hartherzigkeit die Interessen der Hilflosen und Bedürftigen zu opfern.
    Besuchte man in Kentucky die Farmen und beobachtete die Nachsicht und Freundlichkeit der Herrschaft und die Anhänglichkeit und Treue der Sklaven, so war man versucht, an die oft zitierte, poetische Legende einer patriarchalischen Einrichtung zu glauben. Aber auf diesem freundlichen Bild lag ein tiefer Schatten – der Schatten des Gesetzes. Solange das Gesetz alle diese Menschen mit klopfendem Herzen und lebendigem Gefühl nur als tote Sachen betrachtete, die einem Herrn gehören – solange ein Bankrott, ein Mißgeschick, die Unklugheit oder der Tod des besten Herrn die Ursache sein konnte, daß seine Sklaven mit einem Schlag ein Leben des friedlichen Schutzes, der freundlichen Nachsicht gegen hoffnungsloses Elend und dauernde Plage aufgeben mußten – solange war es unmöglich, die beste Sklaverei erfreulich und angenehm zu machen.
    Mr. Shelby hatte einen gutartigen und freundlichen Charakter und war durchaus geneigt, gegen seine Umwelt Nachsicht zu üben. Er hatte es auf seinem Besitz niemals an dem Geringsten fehlen lassen, seinen Negern das Leben behaglich zu machen. Jedoch hatte er großzügig und leichtsinnig spekuliert und sich in Schulden gestürzt. Seine Schuldscheine waren Haley in die Hände gefallen, diese kurze Erklärung ist der Schlüssel zu der vorgehenden Unterhaltung.
    Nun hatte es sich gefügt, daß Eliza, als sie sich der Tür näherte, genug von der Unterhaltung aufgefangen hatte, um zu verstehen,
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