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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Kreolinnen ganz in Schwarz gekleidet. Ein kleines, schwarzes Häubchen auf dem Kopf, von einem reich gestickten Schleier bedeckt, verhüllte ihr Gesicht. Sie waren übereingekommen, daß sie auf ihrer gemeinsamen Flucht die Rolle einer kreolischen Dame und Emmeline die einer Zofe spielen sollten.
    Da sie von früher Jugend an in der höchsten Gesellschaftsklasse aufgewachsen war, stand Cassys Benehmen, ihre Sprache und ihre Haltung völlig mit dieser Vorstellung im Einklang; sie besaß noch immer genug von ihrer einst so glänzenden Garderobe und ihrem Schmuck, um in dieser Verkleidung eine vorzügliche Figur zu machen.
    Am Rande der Stadt hielten sie an, wo in einem Laden Koffer zum Verkauf auslagen, von denen sie einen stattlichen erstanden. Begleitet von einem Burschen mit dem Gepäckstück und Emmeline, die ihr die gestickte Reisetasche und verschiedene Bündel trug, hielt sie ihren Einzug in dem kleinen Gasthof, ganz wie eine Dame von Stand.
    Die erste Person, die ihr nach ihrer Ankunft auffiel, war Georg Shelby, der dort den nächsten Dampfer erwartete.
    Durch das Astloch ihres Speichers hatte Cassy den jungen Mann bereits bemerkt und gesehen, wie er Toms Leichnam hinwegtragen ließ, und mit geheimer Genugtuung hatte sie seine Begegnung mit Legree verfolgt. Infolgedessen hatte sie aus den Gesprächen der Neger, die sie während ihrer nächtlichen Gespenstergänge belauschte, sich ein Bild machen können, wer er war und in welcher Beziehung er zu Tom stand. Sie fühlte sich daher vertrauensvoll zu ihm hingezogen, als sie entdeckte, daß er gleichfalls beabsichtigte, den nächsten Dampfer zu benutzen.
    Cassys ganzes Auftreten, ihre offensichtlich sehr guten finanziellen Verhältnisse ließen über ihre Person keinerlei Verdacht in dem Hotel aufkommen. Man pflegte sich niemals so eingehend mit Personen zu beschäftigen, die gut zahlten – ein Umstand, den Cassy vorausgesehen hatte, als sie damals genügend Geld zu sich steckte.
    Vor Anbruch der Nacht hörte man einen Dampfer anlegen, und Georg Shelby war Cassy beim Einsteigen mit jener Höflichkeit behilflich, die jedem Kentuckier selbstverständlich ist; er bemühte sich sogleich, ihr eine gute Kabine zu besorgen.
    Solange sie auf dem Red River waren, beschränkte sich Cassy unter dem Vorwand der Kränklichkeit auf ihr Bett und ihre Kabine, ihre Zofe bediente sie mit allen Zeichen sichtbarer Hingabe.
    Als sie dann den Mississippi erreichten und Georg erfuhr, daß die fremde Dame gleichfalls stromaufwärts reiste, erbot er sich, auf dem Dampfer, den auch er benutzte, ihr wiederum eine gute Kabine reservieren zu lassen, gutherzig ihre schwache Gesundheit bedauernd, und gern gewillt, ihr in allem behilflich zu sein.
    Da finden wir also die ganze Gesellschaft auf dem guten Dampfer ›Cincinnati‹, der unter einer mächtigen Rauchfahne machtvoll den Strom hinauffuhr.
    Cassys Gesundheit hatte sich inzwischen erheblich gebessert. Sie saß jetzt an Deck, nahm an der Tafel teil und wurde als eine Dame angesehen, die sehr schön gewesen sein mußte.
    Vom ersten Moment an, als Georg ihr Gesicht mit einem ersten Blick gestreift, wurde er von einer jener fließenden, unbestimmten Erinnerungen verfolgt, die fast jeden einmal heimsuchen und zuweilen nicht mehr loslassen. Er mußte sie immer wieder betrachten und sie ständig beobachten. Bei Tisch, oder wenn sie in der Tür ihrer Kabine saß, konnte sie immer wieder dem Blick des jungen Mannes begegnen, der ihn sogleich höflich zurückzog, sobald sie durch ihr Benehmen verriet, daß sie die Beobachtung empfand.
    Cassy wurde unruhig. Sie überlegte, ob er sie verdächtigte, und beschloß schließlich, sich völlig seiner Großmut auszuliefern und ihm ihre ganze Geschichte anzuvertrauen.
    Georg war von Herzen geneigt, mit jedem Mitgefühl zu haben, der Legrees Plantage entronnen war – ein Ort, bei dessen Erinnerung oder Erwähnung er alle Geduld verlor. Mutig alle Folgen außer acht lassend, was für sein Alter und seinen Stand nur allzu charakteristisch war, versicherte er ihr, er würde alles tun, was in seiner Macht stünde, um sie zu beschützen und durchzubringen.
    Die nächste Kabine bewohnte eine französische Dame mit Namen de Thoux, die in Begleitung ihrer kleinen Tochter reiste, einem Mädelchen von ungefähr zwölf Jahren.
    Diese Dame hatte aus Georgs Unterhaltung kaum gehört, daß er aus Kentucky stammte, als sie offensichtlich geneigt schien, seine Bekanntschaft zu machen, worin sie durch die Anmut ihres kleinen
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