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One: Die einzige Chance (German Edition)

One: Die einzige Chance (German Edition)

Titel: One: Die einzige Chance (German Edition)
Autoren: Tobias Elsäßer
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wollte zurück nach Argentinien! Er war hier nicht zu Hause. Nie gewesen. Er war nicht so kalt und abgebrüht wie diese Gringos , die Freundschaften schlossen, die ihnen nur so lange etwas bedeuteten, wie sie ihnen von Nutzen waren. Vielleicht schickte ihm Gott deshalb diese Zeichen, weil er den Irrtum erkannte. Kayan hatte ja neulich erst eine Kerze angezündet. Das war nun der Dank.
    »Ja, ja«, sagte er und setzte den Wagen zurück. » Comprendido . Ich hab verstanden.« Man konnte seine Herkunft nicht abstreifen wie zerschlissene Kleidung. Man musste sich ihr stellen. Auch wenn man seine beiden Brüder entführt und vermutlich getötet hatte, gab es noch genügend Verwandte, die seine Hilfe brauchten. Er würde ihnen kleine Jobs in seinem Restaurant geben oder nach einer anderen Möglichkeit schauen, um sie an seinem Erfolg teilhaben zu lassen. Und den Kindern in den Favelas würde er helfen. Es war seine verdammte Pflicht, jetzt, wo er dazu die Möglichkeit hatte. Er hatte davon gelesen, dass ein paar Superreiche bereit waren, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. Warum sollte er ihrem Beispiel nicht folgen? Nur weil er keine Milliarden auf dem Konto hatte? Selbst ohne die andere Hälfte des Honorars war er noch ein sehr reicher Mann.
    Er lenkte den Wagen zurück auf die Straße. Er würde es diesen Leuten gleichtun. Ja, es war Blutgeld, aber keiner konnte ihm erzählen, dass ein Mensch Milliarden anhäufte, ohne dafür das eine oder andere Leben auf dem Gewissen zu haben.

Sieben
    Chalet | 22 Grad | Nachts
    »Da oben hinter dem Hügel muss es sein«, keuchte Fabienne und blieb stehen. Sie waren seit einer halben Stunde unterwegs. Der Regen hatte den steinigen Weg in eine Rutschbahn verwandelt. »Warum findest du das komisch? Gibt doch genügend Politiker, die während ihres Studiums total krass drauf waren und später ihre Ideale über Bord geworfen haben. Vielleicht war deinem Vater klar, dass es nicht reicht, Gedanken aufzuschreiben, wenn man etwas verändern will. Arbeitgeber stehen auf perfekte Lebensläufe, die wollen sich keinen Revoluzzer in die Chefetage holen.«
    »Aber warum hat er nie mit mir darüber gesprochen? Warum hat er immer so getan, als sei sein Job okay?«
    »Was hätte er denn tun sollen? Sagen, dass er eigentlich ganz anders tickt, aber lieber den vernünftigeren Weg eingeschlagen hat, um Haus, Familie und den ganzen bürgerlichen Scheiß zu haben?«
    »Es gibt doch auch etwas dazwischen. Es gibt doch nicht nur Schwarz und Weiß. Als Professor hätte er doch auch mit Studenten diskutieren können und so. Warum hat er ausgerechnet den Leuten geholfen, die er verabscheut?«
    »Das nennt man erwachsen werden, glaub ich, den Widerstand aufgeben und brav mit der Masse schwimmen.«
    »Ich kapier es trotzdem nicht. Wenigstens meine Mutter hätte mir sagen können, dass es in ihm drin brodelt.«
    »Vielleicht hat das zu seinem Erziehungsmodell gehört, dir nicht reinzureden. Immer noch besser als die ehrgeizigen Eltern, die alles dafür tun, damit ihr Kind möglichst schnell den Anforderungen des Marktes entspricht. Egal, ob es daran kaputtgeht, weil es zu früh kapiert, was in dieser Welt zählt. Mehrsprachige Kindersoldaten, die sich auf den Scheißwettkampf einlassen, weil sie ihren Eltern gefallen wollen.«
    »Du übertreibst immer gleich. Gibt auch genug Kinder, die noch normal aufwachsen.«
    »So wie du, willst du sagen.« Sie ging ein paar Schritte weiter und blieb dann erneut stehen.
    »Ich glaub, ich bin das Worst-Case-Szenario meines Vaters. Oberflächlich, materiell und egoistisch«, gab Samuel zu.
    »Das lässt sich ja ändern.« Sie setzte zum Weitergehen an und verharrte mitten in der Bewegung. Vom Tal herauf hörte man das Geräusch eines ankommenden Autos. »Ich glaub, da will noch jemand zu deinem Vater.«

    Kayan hatte sich wieder beruhigt. Er stieg aus dem Wagen und starrte den Berg hinauf. Das würde er extra in Rechnung stellen. Eine Wanderung. Zu Fuß durch den Wald, um das Ziel zu erreichen. Nun gut, allemal besser, als jemanden in einer Diskothek um die Ecke zu bringen. Dafür brauchte es zwar keine Kondition, aber den richtigen Augenblick abzupassen, die Waffe im richtigen Moment anzusetzen, ohne einen Unschuldigen zu verletzen, das war alles andere als einfach. Er holte die Taschenlampe aus dem Handschuhfach und machte sich auf den Weg. Die Wut in seinem Bauch trieb seine Schritte an. Er bemerkte gar nicht, wie schnell er unterwegs war. In einer halben Stunde müsste
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