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On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)

Titel: On se left you see se Siegessäule: Erlebnisse eines Stadtbilderklärers (German Edition)
Autoren: Tilman Birr
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dass er länger ins Krankenhaus muss. Aber sowohl er selbst als auch der Herr Dietrich haben Sie mir empfohlen. Da dachte ich, der Mann scheint ja auch ein Profi zu sein.«
    »Äh … ja. Doch. Schon.«
    »Die Stipendiaten sprechen aber alle kein Deutsch, das muss Ihnen klar sein.«
    »Das macht ja nichts.«
    »Aber Herr Dietrich sagte, Sie sprechen sehr gutes Englisch und haben in der Schule lange Französisch gelernt.«
    »Ja, Französisch, da habe ich ausbaufähige – sehr weit ausgebaute Kenntnisse, meine ich.«
    »Na doll.«
    »Ja, das finde ich auch total doll.«
    »Sie sprechen nicht zufällig noch Russisch oder Chinesisch?«
    »Nein, leider nicht. Latein und Jiddisch könnte ich Ihnen anbieten.«
    »Äh …?«
    »Kleiner Scherz.«
    »Sie würden also die Gruppe am Bahnhof abholen, das sind meistens so acht bis zwölf Leute, und dann machen Sie drei Tage Berlin. Was man halt so braucht: Reichstag, Deutsches Historisches Museum, Checkpoint Charlie, den ganzen Kram halt. Und abends können Sie ja in so eine Tanz-Hüpf-Sing-Show im Friedrichstadtpalast gehen oder auch nur in eine Kneipe oder so. Da kennen Sie sich ja bestimmt besser aus als ich.«
    »Bei Kneipen kenne ich mich gut aus, da haben Sie den Richtigen gefunden.«
    »Dachte ich mir. Sie könnten das so zwei- bis dreimal im Monat machen. Pro Gruppe bekommen Sie vierhundert Euro und meistens auch noch Trinkgeld von den Stipendiaten. Und die Spesen übernehmen wir sowieso.«
    »Das klingt alles sehr gut. Ich würde das machen.«
    »Das ist allerdings nur den Winter über. Wir fördern die Studenten im Wintersemester, das heißt bis circa Mitte Mai.«
    »Ach so. Ja. Na, wenigstens das.«
    »Und Sie müssen aufpassen, dass da niemand verloren geht oder über die Stränge schlägt. Es gibt da Stipendiaten, die sind zum ersten Mal in einem Land, in dem Prostitution legal ist. Der Alkohol ist hier spottbillig, und von anderen Drogen will ich gar nicht reden.«
    »Kenne ich.«
    »Sie brauchen da auch ein bisschen Durchsetzungsvermögen.«
    »Hab ich.«
    »Wenn Sie mit einer Gruppe Chinesen über die Oranienburger Straße laufen, da kann es schon mal sein, dass einer abhaut und meint, er müsste jetzt unbedingt mit einer der Damen vom Gehsteig mitgehen. Und wenn Sie mit Neuseeländern unterwegs sind, passen Sie auf, dass Sie nicht irgendwo vorbeilaufen, wo ›Oktoberfest‹ draußen dransteht. Dann sind die sofort da drin, und Sie kriegen die da nie wieder raus.«
    »Ich glaube, das kriege ich hin. Ich würde den Job nehmen.«
    »Also, wir würden uns wirklich freuen, wenn Sie das machen könnten. Wir suchen dringend Mitarbeiter, und zwar Leute, die was können, und nicht diese ›Ich gucke gern Guido Knopp‹-Leute.«
    »Ich sag doch, ich mach es.«
    »Ich habe Ihnen gerade auch noch ein E-Mail geschrieben. Also schicken Sie uns nochmal eine Bewerbung, damit das formal seine Richtigkeit hat, aber ich wüsste nicht, was dem noch entgegenstehen sollte.«
    »Ich darf Sie beglückwünschen, Herr Kuttenkeuler, Sie haben den Mitarbeiter.«
    »Gut! Wir hören voneinander, ja?«
    »Ja.«
    »Na dann, auf Wiederhören.«
    »Tschö.«
    Klick.

Tilman dankt:
    Lisa
    Jenny, Thomas und Friedel
    Nicola
    meinen Eltern
    Severin und Elis
    der Lesebühne Ihres Vertrauens, der Samstagsshow
    der Lesedüne, dem Kreuzbergslam
    Jakob Krüger und Torben Brown
    Johannes Berthold für die Jobvermittlung
    Dag Eich für den Job

Tilman möchte sich bei folgenden Kollegen, Veranstaltern, Agenten, Exmitbewohnerinnen und Mitmenschen aufrichtig für sein Verhalten entschuldigen:
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