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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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diese Weise auch symbolisch für irgendetwas bestrafen. Nachdem man ihn gefoltert hatte.“
    „Was? Man hat den armen Mann auch noch gefoltert?“
    „Ja, ich hab an mehreren Stellen seines zerstückelten Körpers punktförmige Verbrennungen gefunden.“ Er blickte kurz in Richtung der Zimmerdecke. „Könnten von Elektroschocks herrühren.“
    „Oh Gott!“
    „Muss ich aber erst noch genauer untersuchen. – Komm, wir gehen nun mal zum angenehmeren Teil unserer Zusammenkunft über. Ich bin nämlich auf meinem Weg hierher zufällig bei Antonio vorbeigekommen.“ Der Gerichtsmediziner griff erneut in seine geräumige Arzttasche. „Zwei Flaschen Barbera d’Alba, etwas Käse und ein Ciabatta. Wie hat einmal ein weiser alter griechischer Philosoph gemeint: Wein ist die Muttermilch für alte Männer.“
    „Aha, der Herr Hauptkommissar, wie immer: Intensiv in die Ermittlungsarbeit vertieft“, sagte plötzlich Dr. Hollerbach mit lauter Stimme von der Bürotür aus. „Ich war gerade im Hause und dachte, ich frag mal nach, ob es irgendwelche neuen Erkenntnisse in der Sache ›Heiligenberg‹ gibt.“
    „Nein, gibt es nicht“, gab der Leiter des K1 kurz angebunden zurück. „Übrigens hab ich jetzt Dienstschluss. Schließlich war ich im Gegensatz zu Ihnen heute Nacht einige Stunden auf den Beinen.“
    „Ach, der Herr Oberstaatsanwalt. Einen wunderschönen guten Abend“, säuselte Rainer Schönthaler, der sich inzwischen zu dem ungebetenen Gast umgedreht hatte. „Setzen Sie sich doch zu uns. Wollen Sie nicht ein Glas mit uns trinken? Es ist allerdings nur noch Tannenbergs Zahnputzbecher frei.“
    „Nein, danke. Ich habe Theaterkarten für heute Abend. Und muss jetzt gleich weg!“, antwortete der ranghöchste Vertreter der Kaiserslauterer Staatsanwaltschaft und machte flugs auf dem Absatz kehrt.
    „Schade, wirklich schade“, drückten die beiden alten Freunde im Chor ihr zutiefst empfundenes Bedauern aus.
    „Was hätten wir denn eigentlich gemacht, wenn er deiner blödsinnigen Aufforderung gefolgt wäre?“, fragte Tannenberg, während er aus seinem Schreibtisch ein hölzernes Schachspiel hervorholte.
    „Ganz einfach: Wir hätten ihn abgefüllt, bis er nicht mehr hätte stehen können und ihn dann am Heiligenbergtunnel vor einen Zug geworfen!“

2
    Samstag, 19. April
     
    Marieke Tannenberg hatte ein Geheimnis.
    Das Geheimnis war männlichen Geschlechts, ein Meter neunundachtzig groß, 86 Kilogramm schwer, 24 Jahre alt, von athletischer Gestalt und hieß Maximilian Heidenreich.
    Seit fast vier Wochen waren sie nun ein Paar.
    Der Beginn dieser Lovestory hätte in jeden schnulzigen Hollywoodfilm gepasst: Max hatte an diesem bedeutungsvollen Abend lediglich seinem jüngeren Bruder, der die gleiche Jahrgangsstufe wie Tannenbergs Nichte besuchte, von den Eltern etwas ausrichten sollen. Deshalb unternahm er auf seinem Weg in die Altstadt einen kurzen Abstecher zur Oberstufenparty seiner alten Schule, in der er vor knapp fünf Jahren das Abitur erworben hatte.
    Nachdem er die Eingangstür der Aula des Rittersberg-Gymnasiums aufgedrückt hatte, beschlug plötzlich seine Brille. Er zog sie ab, um sie sauber zu putzen. Wie ein blinder Maulwurf stand er inmitten des belebten Vorraums und kramte in seiner schwarzen Lederjacke nach einem Taschentuch, fand aber keins.
    Marieke, die gemeinsam mit anderen Schülern Eintrittskarten verkaufte, hatte ihn sofort bemerkt, schließlich kannte sie ihn noch aus einer Zeit, in der sie sich mit ihren Pubertätsproblemen beschäftigte, während er zu einem für sie unerreichbaren Mädchenschwarm avancierte.
    Nach seinem Abitur hatte sie ihn vollständig aus den Augen verloren. Von seinem Bruder wusste sie allerdings, dass Max seit der Beendigung des Zivildienstes in Freiburg Betriebswirtschaft und Philosophie studierte.
    Geistesgegenwärtig zog sie aus ihrer Jacke ein Papiertaschentuch hervor und überreichte es ihm. Er bedankte sich freundlich, wischte schnell über die milchig-trüben Gläser, schob die silberne Brille auf die Nase – und gaffte. Ja, man konnte dieses markante Mienenspiel wirklich nicht anders beschreiben: Er stand vor ihr und stierte sie mit offenem Mund an, so als sei sie ein Wesen von einem anderen Stern. Sein starrer Blick bohrte sich in ihre lebhaften blauen Augen, tastete ihr bildhübsches Gesicht ab.
    „Oh, Mann! Was für Augen – was für ein Lächeln! Genauso sieht meine Traumfrau aus!“
    Marieke blieb gelassen.
    „Spinner!“, war alles, was sie
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