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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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begeben.
    Tannenberg langweilte sich.
    Und er verspürte nicht die geringste Lust, sich mit einem mysteriösen Mordfall zu beschäftigen.
    Na ja, vielleicht handelt es sich ja wirklich nur um einen Selbstmord, versuchte er sich selbst Hoffnung zu machen. Aber dann müsste es doch eine Vermisstenanzeige geben! Bis jetzt ist aber noch keine eingegangen. Und dann war der Mann ja auch noch nackt! Wer begeht denn nackt einen Selbstmord? Das hab ich noch nie gehört! Blödsinn!
    Er schüttelte den Kopf, warf die linke Hand an seine Lippen, öffnete den Mund und begann nervös an seinem Zeigefinger herumzuknabbern. Eine lästige Angewohnheit, die ihn seit seiner frühesten Kindheit durch das Leben begleitete und die ihm an dieser Stelle seiner Hand im Laufe der Jahre eine hartnäckige Hornhautschicht beschert hatte. Und gerade deshalb musste man diese dicke, raue Haut ja auch mit den Schneidezähnen des Unterkiefers häufig abschaben – fand Tannenberg jedenfalls.
    Lange Zeit hatte er diese merkwürdige Zwangshandlung überhaupt nicht bemerkt, denn niemand hatte ihn darauf hingewiesen. Bis er Lea kennen gelernt hatte, mit deren Hilfe er sich diese ungewöhnliche Marotte schließlich irgendwann einmal abgewöhnte, zumindest in der Öffentlichkeit.
    Sein gedankenverlorener Blick schwebte ruhelos durch den Raum. Er seufzte tief auf. Er griff in seine Hosentasche, zog einen Schlüsselbund hervor, öffnete mit einem kleinen silbernen Schlüsselchen eine Schublade seines Schreibtischs und entnahm ihr einen Stapel Fotos, in die sich seine Augen sofort vergruben.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen.
    „Hallo, alter Knochen!“, rief Dr. Schönthaler froh gelaunt in Richtung seines sichtlich verdutzten alten Freundes. „Wieso kriegst du denn so eine rote Birne?“ Er wechselte in eine höhere Tonlage. „Hab ich dich etwa in flagranti ertappt? Sind das vielleicht Pornobilder, die Sie sich da anschauen, Herr Kriminalhauptkommissar?“
    „Was? … Pornobilder? …“ Mehr war der geschockte Leiter des K1 nicht zu sagen in der Lage.
    Schon stand der Pathologe vor seinem Schreibtisch.
    „Zeig mal her!“, forderte er, während er gleichzeitig eine Hand ausstreckte.
    Tannenberg reagierte nicht.
    Dr. Schönthaler ging um den Schreibtisch herum und stellte sich rechts neben den Ermittler. „Ach so: Die Fotos von der Beerdigung“, sagte er verständnisvoll mit sich absenkender, leiserer Stimme. „Die Bilder mit der Frau, die Lea so verdammt ähnlich sieht. Wolf, wie hieß die noch mal?“
    „Die hieß nicht nur so, die Frau heißt immer noch so: Ellen Herdecke.“
    „Genau! Das war die Mitarbeiterin dieser Softwarefirma bei deinem letzten Fall. Stimmt’s?“
    „Ja, stimmt“, knurrte Tannenberg.
    „Sag mal, alter Junge, müssten die Bilder eigentlich nicht in der Asservatenkammer oder im Archiv liegen?“
    „Reg dich ab! Ich hab sie mir ja nur mal kurz ausgeborgt.“
    „Aha, ausgeborgt nennt man das. Und warum, wenn ich fragen darf? – Weil du verknallt in die Frau bist, alter Knabe! Und das in deinem fortgeschrittenen Alter. Die geht dir einfach nicht mehr aus dem Kopf, gell?“
    „Quatsch!“
    „Kein Quatsch, lieber Wolfram! Das ist doch super!“ Der Gerichtsmediziner gab Tannenberg von hinten einen kräftigen Klaps auf die Schulter. „Mensch Wolf, das wäre ja glatt ein Indiz dafür, dass du wieder lebst – emotional meine ich. Es würde ja wirklich auch mal Zeit dafür, alter Junge. Schließlich ist Lea nun schon seit acht Jahren tot! Und sie hätte garantiert nicht gewollt, dass du im selbst auferlegten Zölibat lebst! Hast du mal mit dieser Ellen Kontakt aufgenommen?“
    „Nein. Die ist doch verheiratet und hat zwei Kinder.“ Tannenberg seufzte, machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ist ja auch egal.“
    „Ich sag dir eins: Wenn du nicht den Hintern hochkriegst, geh ich für dich auf Partnersuche! Dann werd ich nämlich mal ’ne Anzeige in der ›Menschlichen Brücke‹ aufgeben.“
    „Du spinnst ja! Lass mich doch ein für alle Mal in Ruhe mit diesem bescheuerten Thema! Wir haben uns schließlich mit wichtigeren Sachen zu beschäftigen, zum Beispiel mit einem total beknackten Mordfall. Denn das war ja wohl kein Selbstmord, oder?“
    Dr. Schönthaler antwortete nicht, sondern zuckte nur leicht mit den Schultern.
    „Los, sag schon, was hast du alter Leichenschinder denn Interessantes für mich rausgefunden?“
    „Gemach, gemach, Herr Kommissar! Zuerst machen wir mal einen Test!“
    „Wieso? Was für
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